Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre
01.01.2021 um 19:11245HCT74 schrieb:Das erweckt in mir einen äußerst negativen Eindruck darüber, was in der Justiz in D vor sich geht.Auch wenn ich Dir in vielen Kritikpunkten Recht gebe: Manchmal glaube ich, dass Deine Erwartungen an die Rechtsprechung sind unerfüllbar groß. Du bewertest das anhand eines (dieses einen) Falles und schließt dann auf den gesamten Apparat.
"Hier wende ich mich mit Grausen, kann ich hier nicht ferner hausen,"
Wie dieser Apparat aber als Ganzes funktionieren soll, wie wir bei zigtausenden Fällen Gerichte arbeiten lassen wollen, wie wir damit umgehen, was als "prozessuale Wahrheit" bezeichnet, die auf "Fragmenten" und "Konstrukten" beruht, das ist wirklich eine eigene Sache. So wie bei Entscheidungen für die Zukunft nicht alle wesentlichen Faktoren bekannt sind, aber entschieden werden muss (Pandemie, Wirtschaft), so gibt es auch bei Entscheidungen, die Sachverhalte der Vergangenheit betreffen, vielleicht sogar wesentliche Umstände, die nicht bekannt sind oder nicht erkannt werden.
Und wenn Du mich fragst, wie viele anzweifelbare Urteile es vom Schlage eines Mazurek gibt, dann kann nur sagen, so viele, wie es ähnlich anzweifelbare Fälle gibt. Hier in diesem Forum sind es im Vergleich zu einigen hundert Tötungsverbrechen jährlich nur sehr wenige, eine Handvoll in etwa. Dabei ist es viel wert, dass die Verfahren in Deutschland sehr korrekt und sauber ablaufen, es ein komplexes Verfahrensrecht gibt, das der BGH sehr viel genauer prüft, als die Beweiswürdigung.
julina32 schrieb:Trotzdem wäre ein Fall in den USA im Ermittlungsverfahren wohl anders abgelaufen. Jemanden wie KP, hätte man höchstwahrscheinlich an den Lügendetektor angeschlossen und somit einen Märchenonkel recht schnell entlarvt.In den USA wären wohl M. wie auch P. in der Todeszelle gelandet oder zu echtem lebenslänglich verurteilt worden. Dort hätte eine Jury dann nochmals von den Beweismitteln das gelten lassen, was sie, nach einer entsprechenden theatralisch von Staatsanwaltschaft und Verteidiger auf Beeinflussung hin optimierten Verhandlung mit Suggestivfragen und einseitiger Interpretation als Wahrheit erkannt zu haben glaubten. Und an die Wahrhaftigkeit des Lügendetektors glaubt eh jeder wie er will. Ich halte davon nichts.
julina32 schrieb:KP, ein Krimineller mit Mietschulden, denunziert vom Vermieter, auf der Suche nach finanziellen Quellen, die höher sind als ein Grabungshonorar von 1000,- DM, mit Belohungsgelüsten und Jobdealgedanken, gibt ein Geständnis ab1. Das ist Deine Interpretation.
was er zurückzieht. Da sollten Richter sich nicht nur auf ihre Lebensweisheit berufen.
2. Was soll der Richter machen? Er kann nur dem P. glauben oder nicht glauben. Hier haben die Richter P. geglaubt. Und das sehr ausführlich begründet.
3. Man muss P. nicht glauben. Aber es ist vertretbar, ihm zu glauben. Auch wenn ich persönlich vielleicht skeptischer gewesen wäre. Aber in der Begründung ist das Gericht aus skeptisch, hinterfragt hier und dort, aber halt nicht so skeptisch wie ich.
4. Im Grunde ist es so wie bei anderen Dingen: Ärzte können zwei unterschiedliche Therapien für richtig halten, Politker zwei unterschiedliche Maßnahmen. Und Richter können eine Aussage unterschiedlich interpretieren.