Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre
01.01.2021 um 12:21robernd schrieb:Das Gutachten und weitere Ausführungen der Gutachterin zeigen deutlich, dass sowohl die Tonträgervorlage des Bayerischen Rundfunks als auch die Tätertonfolge deutliche Obertöne enthalten. Im Urteil lese ich plötzlich, dass es sich dabei laut Aussage der Gutachterin vor Gericht um "reine Sinustöne" handelt. Nun, reine Sinustöne enthalten überhaupt keine Obertöne. - Nanu?Das ist nochmal etwas anderes, wenn sich im Urteil Dinge wiederfinden, die nach der Erinnerung der Beobachter im Gerichtssaal so nie gesagt worden sind. Dafür gibt es - wie immer im Leben - mehrere Ursachen:
- dem Gericht sind aufgrund des Vorstudiums der Akten ganz andere Dinge wichtig als den Zuhörern, die oft nicht wissen, was rechtlich entscheidend ist
- eine Aussage wurde vom Richter schon im Saal schlicht missverstanden
- bei der Urteilsabfassung kann sich der Richter nur auf seine Mitschriften stützen - und missversteht diese
- der Richter bemerkt, dass die Aussage nicht stimmig ist, z.B. nicht mit dem schriftlichen Gutachten übereinstimmt (das müsste er aber erwähnen, sonst verfälscht er die Aussage vor Gericht)
- der Richter konnte den Ausführungen des Sachverständigen nicht folgen, hat das in der Verhandlung verborgen und reimt sich dann irgendetwas zusammen ("ich glaub' ich weiß schon, was Sie meinen!")
- der Richter will das gehört haben, was er braucht, damit er seine Überzeugung argumentativ unterfüttern kann
Leider wehren sich in Deutschland die Strafgerichte gegen einen Audiomitschnitt der Verhandlung, den es in anderen Ländern ganz selbstverständlich gibt. Ich glaube, sie befürchten dann, bei der Urteilsabfassung wesentlich mehr Arbeit zu haben, weil sie immer wieder einen Abgleich mit der Aufnahme vornehmen müssten.
Redet der Gutachter dann noch tatsächlich unverständlichen Murks, wird es ganz kompliziert...