Andante schrieb:Ich finde es übrigens äußerst unglücklich., immer von „historischer Wahrheit“ zu sprechen, weil das suggeriert, dass es Aufgabe des Gerichts sein müsse, diese bis in alle Verästelungen zu ermitteln. Das ist aber nicht der Fall und kann bei einem Indizienurteil auch gar nicht möglich sein.
Richtig, wobei ich den Gegensatz aus "historischer Wahrheit" und "prozessualer Wahrheit" ins Spiel gebracht habe, weil ich das recht anschaulich finde:
Aufgabe des Gerichts ist es, zu prüfen ob der Angeklagte die ihm zur Last gelegte Straftat begangen hat. Hierzu bedient es sich eines Verfahrens unter Beachtung bestimmter Regeln. Es wird versucht das reale Geschehnis aufzuklären, soweit es rechtlich von Bedeutung ist. Welche Schulnoten das Opfer hatte, ist beispielsweise historisch eruierbar, aber strafrechtlich völlig ohne Belang. Welche Kleidung es trug vielleicht schon viel relevanter und woran es verstorben ist auch prozessual sehr wichtig.
Die prozessuale Sachverhaltsermittlung wird dabei immer
fragmentarisch bleiben. Am deutlichsten ist das, wenn es um das geht, was im Kopf des Täters vorging. Wenn der schweigt, kann man nur per Schlussfolgerung auf Vorsatz, Leichtfertigkeit, Habgier usw. schließen. Und selbst wenn er spricht, muss es nicht das sein, was in seinem Kopf abgelaufen ist. Entscheidend ist, wovon das Gericht überzeugt ist, zumeist aufgrund äußerer Geschehnisse. Zugleich wird damit klar, dass prozessuale Wahrheit immer auch
ein Konstrukt ist, ja sein muss, sonst könnte man niemanden verurteilen, weil man niemanden in den Kopf kucken kann oder nicht dabei gewesen ist.
Dagegen ist die Arbeit der Ermittlungsbehörden im Vorfeld weitaus "historischer". Da geht es ja noch nicht darum, eine Überzeugung zu gewinnen, sondern einen Vorgang der Vergangenheit "in alle Richtungen" aufzuklären und dann zu rekonstruieren, um eine Anklage oder eine Einstellung zu ermöglichen. Deswegen ist es gut möglich, dass hunderte von Aktenorder einer Ermittlung im Prozess keine Rolle spielen. So gab es im Fall Kiesewetter (Heilbronn) über 200 Aktenordner zu einer UWP (unbekannte weibliche Person), deren DNA man am Tatort gefunden hatte. Die UWP erwies sich aber als Laborfehler.
245HCT74 schrieb:Ohne eine Nachprüfung mit dem dort vorhandenen Waldboden ist das reiner Glaube. Das ist ein sehr schwerer Fehler des Gerichts. An einer wirklichen Überprüfung mit dem dort vorhanden Waldboden geht kein Weg vorbei.
Wie schon erwähnt: Ich habe im Urteil kaum Feststellungen der Ermittler zur Grube gefunden. Gibt es was in den Ermittlungsakten?