Andante schrieb:Rationalheld schrieb:
Sie richten sich mindestens ebenso sehr auf die eigenwillige Interpretation der P-Aussagen und der abgehörten Telefonate.
So ist das nun mal mit Interpretationen. Das Gericht hat im Urteil seitenlang erklärt, wie es zu den seinigen gekommen ist. Bisher lese ich als „Gegenargumente“ hier immer nur, dass „alles“ zu Lasten des armen M gewürdigt worden sei. Eine sachliche Auseinandersetzung damit, warum die Interpretationen des Gerichts haltlos sein sollen, findet nicht statt.
Ich habe gerade eine solche sachliche Auseinandersetzung in Bezug auf die Abhöraktion versucht. Dass das Gericht seine Interpretationen seitenlang begründet, ist doch kein Qualitätsmerkmal. Oder was willst du uns mit dem Adjektiv sagen?
Die Gegenargumente richten sich sehr wohl in der Sache auf bestimmte Details und nicht nur darauf, dass "alles zu Lasten von Mazurek" gelaufen sei. Aber gerade diese Detailkritik lässt du ja auch nicht gelten (s.u.).
Andante schrieb:Rationalheld schrieb:
Die Kritiker stellen nicht in Frage, dass ein Tannenwald vorliegt, wenn nur ein paar Laubbäume da sind.
Doch. Nehmen wir etwa die Fichte mit dem angespitzten Stamm am Beobachtungsposten. Da wird erklärt, diese Fichte könne keinesfalls zu dem Zeitpunkt in den Boden gesteckt worden sein, wie das Gericht angenommen hat, da sie zum Tatzeitpunkt schon vertrocknet gewesen sein müsste.
Schön, und was soll das nun besagen? Das die Tat nicht stattgefunden hat? Dass dort kein Beobachtungsposten war?
Das Mazurek als Täter auszuschließen ist? Dass nicht eine zweite frische Fichte angespitzt und eingesteckt worden sein kann? Dass die erste und einzige Fichte etwas später als vom Gericht angenommen eingesteckt worden ist?
Dass eine Annahme des Gerichts nicht stimmt.
Nur das. (Vorbehalt: Ich selbst habe dieses Argument noch nicht geprüft.) So wie andere Annahmen des Gerichts ebenfalls nicht stimmen. Du drehst den anderen immer einen Strick daraus, dass sie einzelne Indizien zerlegen, und weist darauf hin, dass das die Gesamtschau nicht verändern muss. Du forderst implizit ein Einzelindizdiskussionsverbot. Das ist nicht fair, denn man kann ja nur Indiz für Indiz durchgehen und nie alle gleichzeitig besprechen. Und
wenn (ich betone:
wenn) man viele falsche Annahmen (nicht bloß Unstimmigkeiten o.Ä.) entdeckt, taucht doch logischerweise irgendwann die schon von
@robernd gestellte Frage auf, was dies wiederum für die ominöse Gesamtschau eigentlich bedeutet. Du drehst es um: Da ja schon eine Gesamtschau existiert, aus der die Schuld Mazureks hervorgeht, ist es irrelevant, dass dieses oder jenes Indiz wacklig ist. Die Gesamtschau selbst gerät nie ins Wanken, egal wie viele Indizien es vielleicht tun. Du darfst dich nicht wundern, wenn Menschen hierin ein logisches Problem sehen.
Das mit den Tannen und Laubbäumen war übrigens eine von dem zitierten Nutzer ins Spiel gebrachte Metapher. Du hättest also nicht unbedingt auf Fichten zu sprechen kommen müssen. ;-)
Des Weiteren entgegnest du immer wieder, dieses oder jenes sei kein Beweis für Mazureks Unschuld. Ich vermute, du tust dies vor dem Hintergrund irgendwelcher Wiederaufnahmebedingungen. Ich weiß es nicht. Ich kann nur für mich sprechen: Als nicht-juristischer Erkenntnissuchender geht es mir allein um die Frage, ob es angesichts des vorliegenden Materials rational vertretbar ist, Mazurek für den Täter zu halten. Dass seine Unschuld irgendwie erwiesen werden könnte, halte ich für nahezu ausgeschlossen und - erkenntnismäßig - irrelevant. Mir genügt, dass ich nicht genügend Belastendes sehe. Ich muss auch keineswegs dogmatisch an seiner Unschuld (im Sinne von: nicht erwiesener Schuld) festhalten. Ich lasse mich jederzeit gerne eines Besseren belehren. Aber dazu brauche ich Sachargumente. Keine Pseudo-Argumente wie: das Gericht hat aber alles ausgiebig betrachtet, seitenlang begründet, alles ist formal korrekt abgelaufen und so fort. Mich interessiert, ob das, was auf formal korrektem Wege festgestellt wurde und juristisch möglicherweise irreversibel ist, der Realität entspricht. Und das ist eine empirische Frage, keine juristische. Ich kann mir gut vorstellen, dass viele Urteilskritiker hier im Thread eine ähnliche Motivation haben (statt der von dir oft unterstellten allgemeinen Justizirrtumslüsternheit).