Andante schrieb:..., und wenn das schlüssig ist, ... ... wenn das erste Indiz nicht schlüssig bzw. überzeugend ist, ...
...
Sondern Indizien stehen selbstständig nebeneinander. Das eine kann schlüssig bzw. überzeugend sein, das andere wiederum nicht.
Das ist genau mein Problem. Was ist mit einem Indiz, das zwar in ein Urteil eingeführt wird, aber nachweisbar falsch ist, also auf falschen Tatsachen oder auf formal unlogischen Schlüssen beruht? Ist das dann nichtschlüssig und darf es in einer Gesamtschau noch berücksichtigt werden? Aus meiner Sicht muss es aus dem Urteil ersatzlos gestrichen werden.
Welchen Wert hat eine Gesamtschau, in der sich mehrere anfangs als schlüssig angenommene Indizien als falsch erwiesen haben? Aus meiner Sicht muss auch so eine Gesamtschau gestrichen werden und durch eine neue ersetzt werden, die nur schlüssige Indizien berücksichtigt.
Noch komplizierter ist es mit einem rechtskräftigen Urteil, in dem objektiv falsche Indizien an der Gesamtschau (oder mehreren Gesamtschauen) beteiligt sind. Und zwar nicht weil es inzwischen neue Erkenntnisse gibt, sondern weil die Richter aus mangelndem Sachverstand oder falschem Umgang mit der Logik ihre Denkfehler nicht erkannt haben?
Genau damit haben wir es hier zu tun. Es ist z.B. Fakt, dass eine Fichte nach drei Monaten nicht mehr grün ist. Das ist auch ohne Sachverständigem Allgemeinwissen.
Im zweiten Schritt kann deshalb wer auch immer aus seinem Beobachtungsposten niemals Ursula auf dem Weg zur Turnstunde beobachtet haben.
Das Spezielle am Fall Ursula Herrmann ist, dass es ein technischer Fall ist. Es gibt kaum Indizien, die nicht in irgendeiner Form einen technischen Hintergrund haben. Sei es das Graben, die Kiste, der Luftaustausch, der Erpresserbrief, das Transistorradio, der Klingeldraht oder das Tonbandgerät. Hier habe ich nur einige Beispiele herausgegriffen.
- Das Graben kann so objektiv nicht erfolgt sein (das hatten wir weiter oben).
- Die Herkunft der Kiste ist umstritten. Von einem Fachmann, der Transportkisten produziert, wird diese als industriell gefertigt angesehen. Wie belastbar ist dagegen die Vermutung eines Sachverständigen, der noch nie in seinem Leben eine Kiste gebaut hat?
- Selbst beim primitiven Luftaustausch verweist das Gericht auf einen Schnorcheleffekt, der hier völlig fehl am Platz ist. Auch dann, wenn er ursprünglich von einem Sachverständigen stammt. Was soll diese ausschmückende Blödsinn, wenn es völlig ausreichend ist, dass der Luftaustausch mangelhaft war. Statt vom Schnorchel zu schwadronieren hätte er schlicht den Luft- und CO2-Austausch der Kiste messen sollen. Wer hier einen Beleg fordert, bekommt auch diesen von mir demnächt nachgeliegfert.
- Der Erpresserbrief sei ab Ende Mai gefertigt worden. Auch Anfang September ist nach Ende Mai, was soll also diese vage Aussage? Je mehr Papier, desto schlüssiger das Urteil? Ab Ende Mai wird genannt, weil die verwendeten Zeitungen aus der Zeit davor stammen. Hat noch niemand der Entscheider eine Altpapiersammlung gesehen? Ich jedenfalls kenne Leute, die sammeln Zeitungen über mehrere Monate.
- Transistorradio, Klingeldraht (und Klebeband). Aus der Tatsache, dass die am Klingeldraht und Transistorradio gefundenen Isolierbandstücke nicht unterscheidbar waren, wird geschlossen, dass sie beide von derselben Person stammen. Aus den konkreten Untersuchungen, lässt sich das niemals herleiten. Auch darüber werde ich mich noch auslassen.
- Meine Meinung über das Tonbandgerät kennt ihr zur Genüge.
Gerade habe ich einige Gutachter kritisiert. Speziell die älteren Gutachten wurden von der Soko in Auftrag gegeben. Ursprünglich waren sie nicht als Beweis vor Gericht gedacht, sondern um den Gang der Ermittlungen zu steuern. Wen wundert es, dass sie damit auch nicht die vor Gericht erforderlichen Aussagen geliefert haben. Das hätte auch dem Gericht klar sein müssen. Aber das Gericht hat es nicht für nötig gehalten, im Zweifelsfall nur ein einziges Gutachten in Auftrag zu geben. Müssen wir daraus schließen, dass die Richter niemals Zweifel hatten?