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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

11.655 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Wald, Entführung, München ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

16.12.2020 um 17:07
Zitat von ErwinKösterErwinKöster schrieb:Aber ich. Je heißer und trockener desto schneller geht es. Der Sommer 1981 lag mW temperaturmäßig über dem Durchschnitt, also kann keine Ende Juni geschlagene Fichte im September noch grüne Nadeln gehabt haben. Dass die Fichte noch intakt aussieht sieht man auch am Schwarzweißfoto. Fazit: Der Baum muss später aufgestellt worden sein.
Ich glaube Dir ja. :-)

Aber um von etwas überzeugt zu sein, bedarf es halt noch wesentlich mehr. Mehr Zeit, mehr Unterlagen, mehr Informationen. Zum Urteil müsste ich die Richter befragen können, mit ihnen diskutieren. Dann könnten sie mich vielleicht überzeugen. Oder auch nicht.

Deshalb interpretieren wir hier die uns vorliegenden Informationen. Wir stellen Thesen auf. Aber unsere Schlüsse müssen nicht der Wahrheit entsprechen. Das ist einfach so und auch nicht schlimm.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

16.12.2020 um 18:19
Ich stelle eine bemerken Wendung in der Diskussion fest.
Vor einiger Zeit hieß es noch, ohne Tonbandgerät hätte es keine Anklage gegeben. So war es auch in den 1980er Jahren.
Dann hieß es, das Tonbandgerät ist für die Verurteilung nur wenig relevant.
Jetzt lese ich, ohne P. hätte es keine Verurteilung gegeben.

Aus naturwissenschaftlich-technischer Sicht ist Fakt: Das Tonbandgerät TK 248 ist nicht geeignet, die Erpresseranrufe zusammenzustellen. Hier könnt ihr nachlesen, warum nicht (Bewertung der Schaltgeräusche):
https://www.radonmaster.de/werner-mazurek/zum_grundig-tk248/bewertung-der-schaltgerausche.pdf

Zur Bewertung der Schaltgeräusche hat auch die Befragung der Gutachterin während des Zivilverfahrens mitgeholfen. Sie hat nämlich auf direktes Befragen Informationen herausrücken müssen, die sie vorher verschwiegen hatte.
Hier die Infos dazu:
https://www.radonmaster.de/werner-mazurek/zum_zivilverfahren/befragung_gutachter_wortlaut-4.pdf
Ein Beispiel für die Qualität der deutschen Gerichte ist das Protokoll der Zivilverhandlung. Hier wurden lediglich die Antworten der Gutachterin völlig unabhängig von den gestellten Fragen aufgelistet. Die Fragen und meine Stellungnahmen habe ich später ergänzt. Im ursprünglichen Protokoll stehen also nur die klein gedruckten Antworten der Gutachterin. Darüber hinaus wimmelt das Protokoll von Schreibfehlern und Verballhornungen. Niemand hat sich die Mühe gemacht, das Gerichtsprotokoll Korrektur zu lesen. Ich kann bis heute nicht fassen, dass ein derartiges "Werk" jemals ein deutsches Gericht verlassen konnte.

Wer sich mit den Fachausdrücken nicht auskennt, kann hier nachlesen.
Im Strafprozess hat die Gutachterin auch die Kammer in die entsprechenden Grundlagen eingeführt. Die entsprechenden Ausführungen im Strafurteil zeigen, dass die Richter davon kein Wort verstanden haben. Statt ein weiteres Gutachten in Auftrag zu geben, haben sie so getan, als ob sie das verstanden hätten und definitiv falsche Behauptungen in die Welt gesetzt. Dazu gleich mehr.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

16.12.2020 um 18:49
Zitat von roberndrobernd schrieb:Jetzt lese ich, ohne P. hätte es keine Verurteilung gegeben.
Ohne P. gibt es doch gar keinen Bezug von M. zur Tat.

1982 ist die Staatsanwaltschaft davon ausgegangen, dass ein Gericht P. nicht glauben würde und hat eingestellt. 2007 hat die Staatsanwaltschaft (wie sich gezeigt hat: richtigerweise) angenommen, dass ein Gericht P. glaubt und hat angeklagt. Natürlich geht dabei von dem Tonband eine gewisse psychologische Wirkung auf das Gericht aus, die dazu führt, dass Ps Aussage 30 Jahre später glaubwürdiger erscheint, als 30 Jahre früher.
Zitat von roberndrobernd schrieb:Ein Beispiel für die Qualität der deutschen Gerichte ist das Protokoll der Zivilverhandlung.
In Zivilprozessen ist das Protokoll immer ausgesprochen kurz. Das war aber schon immer (seit 1871?) so.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

16.12.2020 um 18:57
Das Gericht behauptet, dass sowohl das bei den Erpresseranrufen abgespielte B3-Signal als auch die vom Bayerischen Rundfunk zur Verfügung gestellte Tonträgervorlage reine Sinustöne bzw. reine Sinussignale wären:

Urteil, S. 193:
Sinustoene a randOriginal anzeigen (0,3 MB)

Diese Behauptung ist falsch. Per Definition enthalten reine Sinustöne bzw. ein reines Sinussignal keine Obertöne. Das Spektrogramm im Gutachten über das Tonbandgerät TK 248 zeigt die von der Polizei im Hause Herrmann mitgeschnittene Tätertonfolge, in der die Obertöne deutlich sichtbar sind:

TaetertonfolgeOriginal anzeigen (0,2 MB)
In dieser Grafik stellt die horizontale Folge der untersten hellen Linien die aufeinander folgenden Grundtöne des B3-Signals dar. Die dunkleren, jeweils darüber befindlichen zwei bis fünf Linien stellen unübersehbar die vorhandenen Obertöne dar.

In gewisser Weise ähnlich sieht auch das von der Verteidigung angeforderte Spektrogramm der Tonträgervorlage des Bayerischen Rundfunks aus (Dokument 06-029653/209-78), mit dem die Gutachterin gearbeitet hat:

Tontraegervorlage

Auch hier gibt es oberhalb jedes Grundtons eine Serie von Obertönen. Falls die Behauptung richtig wäre, dass es sich um reine Sinustöne handelte, würden alle oberen Linien entfallen. Die Spektrogramme sähen dann ungefähr so aus wie die folgende Montage (Spektrogramm eines reinen Sinus¬signals):

Reine Sinustoene

Für diesen eklatanten Unterschied zwischen richterlicher Behauptung und der Wirklichkeit in Form konkreter Messungen sind drei Erklärungen denkbar:
- Der Gutachterin war unbekannt, was der Fachbegriff „Reines Sinussignal“ bedeutet.
- Die Richter haben weder das Gutachten noch die Gutachterin verstanden.
- Das Urteil wurde aufgrund drastischer Kommunikationsprobleme gefällt.

Hinweis: Üblicherweise nehmen die Lautstärken der Obertöne nach oben ab. Also in Richtung höhere Töne oder in den Grafiken in Richtung oberer Rand. Das bedeutet, dass die Linien in den Spektrogrammen von unten nach oben dunkler werden, wie es im ersten Spektrogramm (Tätertonfolge) erkennbar ist. Auffallend ist, dass im zweiten Spektrogramm (Tonträgervorlage) jede zweite Linie dunkler ist oder vollständig entfällt. Das ist ein deutliches Zeichen, dass die vom Bayerischen Rundfunk gelieferte Tonträgervorlage nicht die Vorlage sein kann, die die Entführer für ihre übertragene Verkehrsfunkkennung verwendet haben. Statt diesem Hinweis nachzugehen, hat die Gutachterin trotzdem mit dieser Vorlage gearbeitet.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

16.12.2020 um 18:59
Zitat von OpLibelleOpLibelle schrieb:In Zivilprozessen ist das Protokoll immer ausgesprochen kurz. Das war aber schon immer (seit 1871?) so.
Ich setze voraus, dass auch ein kurzes Protokoll lesbar sein muss.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

16.12.2020 um 19:06
@robernd

Ich las dein Gegengutachten schon vor längerer Zeit, und dabei ergaben sich für mich zwei Fragen.

1) Eines deiner Argumente dafür, dass das Grundig-Gerät ausgeschlossen werden kann, lautet, die Schaltgeräusche seien zu laut. Und das bedeutet: zu laut im Verhältnis zur Lautstärke der abgespielten Tonfolge. Nun ist aber doch die Lautstärke der abgespielten Tonfolge variabel. Könnte diese Lautstärke nicht so niedrig eingestellt werden, dass sie im Verhältnis zu den Tastengeräuschen wieder 'passt'?

2) Ein weiteres Argument lautet, das Geräusch der Pause-Taste sei zwar ähnlich, aber nur dann, wenn man die Taste im Ruhe-Modus drückt. Im Wiedergabe-Modus klinge sie anders. Das ist aber doch streng genommen kein Beleg dafür, dass das Grundig-Gerät nicht verwendet worden sein kann. Du sagst lediglich, ein Drücken der Pause-Tase aus dem Ruhe-Modus heraus habe nicht viel Sinn, wenn man eine Tonfolge ab-/überspielen will. Aber es könnte doch trotzdem geschehen sein, etwa vor dem Drücken der Wiedergabe-Taste oder nach Beendigung der Wiedergabe durch die Stop-Taste. Dass diese Folge keinen erkennbaren Sinn hat, schließt die Geräteverwendung doch nicht prinzipiell aus, oder?

(Es ist aus meiner Sicht eigentlich auch nicht nötig, das Gerät definitiv auszuschließen. Es genügt, seine Verwendung als extrem unwahrscheinlich einzustufen, und dies geschieht v.a. durch das Raumakustik-Argument und die sich hieraus ergebenden Wahrscheinlichkeitsüberlegungen. Mir sind die zwei genannten Punkte nur aufgefallen, und ich möchte jetzt, da du wieder aktiv bist, doch einmal nachfragen.)


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

16.12.2020 um 19:19
Zitat von roberndrobernd schrieb:Ich setze voraus, dass auch ein kurzes Protokoll lesbar sein muss.
Schon, schon. Aber wenn da nach drei-stündiger Verhandlung steht: "Der Sach- und Streitstand wurde ausführlich mit den Parteien erörtert. Prozessleitende Maßnahmen erfolgen von Amts wegen", dann ist das eben auch ein Protokoll und keines, das unüblich wäre.


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16.12.2020 um 19:28
Was ins Protokoll einer zivilgerichtlicher Verhandlung gehörz, steht in § 160 ZPO:
Zivilprozessordnung
§ 160 Inhalt des Protokolls

(1) Das Protokoll enthält

1.
den Ort und den Tag der Verhandlung;
2.
die Namen der Richter, des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle und des etwa zugezogenen Dolmetschers;
3.
die Bezeichnung des Rechtsstreits;
4.
die Namen der erschienenen Parteien, Nebenintervenienten, Vertreter, Bevollmächtigten, Beistände, Zeugen und Sachverständigen und im Falle des § 128a den Ort, von dem aus sie an der Verhandlung teilnehmen;
5.
die Angabe, dass öffentlich verhandelt oder die Öffentlichkeit ausgeschlossen worden ist.

(2) Die wesentlichen Vorgänge der Verhandlung sind aufzunehmen.

(3) Im Protokoll sind festzustellen

1.
Anerkenntnis, Anspruchsverzicht und Vergleich;
2.
die Anträge;
3.
Geständnis und Erklärung über einen Antrag auf Parteivernehmung sowie sonstige Erklärungen, wenn ihre Feststellung vorgeschrieben ist;
4.
die Aussagen der Zeugen, Sachverständigen und vernommenen Parteien; bei einer wiederholten Vernehmung braucht die Aussage nur insoweit in das Protokoll aufgenommen zu werden, als sie von der früheren abweicht;
5.
das Ergebnis eines Augenscheins;
6.
die Entscheidungen (Urteile, Beschlüsse und Verfügungen) des Gerichts;
7.
die Verkündung der Entscheidungen;
8.
die Zurücknahme der Klage oder eines Rechtsmittels;
9.
der Verzicht auf Rechtsmittel;
10.
das Ergebnis der Güteverhandlung.

(4) Die Beteiligten können beantragen, dass bestimmte Vorgänge oder Äußerungen in das Protokoll aufgenommen werden. Das Gericht kann von der Aufnahme absehen, wenn es auf die Feststellung des Vorgangs oder der Äußerung nicht ankommt. Dieser Beschluss ist unanfechtbar; er ist in das Protokoll aufzunehmen.

(5) Der Aufnahme in das Protokoll steht die Aufnahme in eine Schrift gleich, die dem Protokoll als Anlage beigefügt und in ihm als solche bezeichnet ist.



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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

16.12.2020 um 20:29
In ihrem zweiten Erpresserbrief fordern die Entführer, die Geldübergabe möge mit einem gelben Fiat 600 erfolgen, mit welchem nicht schneller als 90 km/h gefahren werden soll.

Wozu diese Forderung? Drei Vorschläge von mir:

1.)
Es gab keinen speziellen Grund. Der Täter handelten infantil, so wie sie sich eben eine Entführung vorstellen. Einen möglichen Bezug zum "Clever & Smart" - Heft in der Kiste hatten wir ja schon.
Das muss allerdings kein Hinweis auf Interntasschüler sein, es wäre eher ein Frage der geistigen Reife, als des Lebensalters.

Ich neige nicht zu dieser Lösung.


2.)
Den Tätern war bewußt, dass es der Familie Herrmann nicht möglich sein würde, ohne die Hilfe der Behörden ein solches Fahrzeug zeitnah zu besorgen (so war es ja auch; wenn ich @2r2n richtig verstanden habe, stand ein gelber Fiat 600 bereit, aber nur, weil die Polizei einen solchen organisiert hatte).

Dafür könnte es zwei Motive geben:

a.)
Die Täter dachten sich das Test, ob die Familie die Polizei über die Erpressung informiert hatte oder nicht. Hätte die Familie bei dem nächsten angekündigten Anruf gesagt, das Geld stünde bereit, man habe aber keinen passenden Wagen besorgen können, wäre der Test sozusagen bestanden gewesen.

b.)
Die Täter wollten, dass die Familie die Polizei informiert, weil nie eine Geldübergabe geplant war. Stattdessen sollten sich die Familienmitgliedern gegenseitig Vorwürfe über den Abbruch des Kontaktes zu den Tätern machen. Dies wäre denkbar, wenn die "Entführung" keine Entführung, sondern ein Racheakt an der Familie war.

Ich neige auch zu diesen beiden Lösungen eher nicht.

3.)
Ganz praxisorientiert:

Ein gelbes Fahrzeug ist leichter zu erkennen und wiederzuerkennen, insbesondere wenn die Geldübergabe in der Dämmerung oder Dunkelheit hätte sattfinden sollen.

In einem Fiat 600 können sich keine Polizisten im Kofferraum oder im Fußraum vor der Rückbank verstecken. Bei einem "normalen" Wagen könnte es sonst einem Täter passieren, dass bei einer persönlichen Geldübergabe (oder kurz hinter einem Ablageort) gleich ein ganzes SEK aus dem Wagen springt.

Falls zur Geldübergabe eine Art Schnitzeljagd geplant war, so von versteckter Anweisung in einer Telefonzelle zur nächsten versteckten Anweisung an einem Autobahnrastplatz, konnten sich die Täter jeweils einen gewissen Vorsprung herausfahren, wenn sie selbst deutlich schneller als mit 90 km/h unterwegs waren (und ein Fiat 600 geht ja ohnehin kaum über 100 km/h). Damit hätten sie dann an verschiedenen Orten beobachten können, ob der Fahrer allein im Wagen ist und ob ggf. andere Fahrzeuge folgen.

Ich neige zu dieser "praxisnahen" Lösung, die übrigens auch von einem Einzeltäter noch am ehesten zu realisieren wäre.


Gibt es weitere Vorschläge zu dem gelben Fiat 600?


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

16.12.2020 um 20:31
Zitat von OpLibelleOpLibelle schrieb:1982 ist die Staatsanwaltschaft davon ausgegangen, dass ein Gericht P. nicht glauben würde und hat eingestellt.
Zur Verdeutlichung welchen Eindruck P. bei den Einvernahmen 1982 hinterlassen hat dieser kurze Ausschnitt aus einem Protokoll:

Dateianhang: pf.bmp (859 KB)

1982 geriet Mazurek aus dem Fokus, 1983 herrschte Ratlosigkeit, wobei die Spur ins LEH nicht weiter verfolgt wurde (Trampelpfade, Klingeldraht). 1984 konzentrierte sich die SOKO unter KHK E. auf H.W.,nach der Übernahme des LKA von FFB löste sich diese Spur rasch ins nichts auf.

@fichte

Die noch nicht dürre Fichte sieht man auf Bild Nr. 207 unserer Sammlung ganz links im Bild. Sie sieht nicht anders aus als die gesunden daneben. Dass es dieselbe Fichte ist die der Zeuge im Oktober gefunden hat beweist dieses Dokument (man beachte dass die Tat anno 1982 noch - richtigerweise - als Mord eingestuft wurde, die Herabstufung kam auch erst später):


Dateianhang: fichte.bmp (1001 KB)


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16.12.2020 um 20:53
Zitat von RationalheldRationalheld schrieb:1) Eines deiner Argumente dafür, dass das Grundig-Gerät ausgeschlossen werden kann, lautet, die Schaltgeräusche seien zu laut. Und das bedeutet: zu laut im Verhältnis zur Lautstärke der abgespielten Tonfolge. Nun ist aber doch die Lautstärke der abgespielten Tonfolge variabel. Könnte diese Lautstärke nicht so niedrig eingestellt werden, dass sie im Verhältnis zu den Tastengeräuschen wieder 'passt'?
Das betrifft die Aufnahmesituation und ist deshalb umgekehrt. Für ein Mikrofon 10 cm vor dem TK 248 sind die mechanisch erzeugten Schaltgeräusche wahnsinnig laut (die meisten Aufnahmegeräte sind übersteuert). Also lauter als die aus den Lautsprechern wiedergegebenen B3-Jingles. Im Polizeimitschnitt sind die abgespielten Schaltgeräusche wesentlich leiser als die abgespielten B3-Jingles. Theoretisch müsste also während der akustischen Überspielung die Wiedergabelautstärke des TK 248 (also die abgespielten B3-Jingles) so weit erhöht werden, dass sie lauter ist als die unveränderbaren Schaltgeräusche. Weil die Verstärkerleistung des TK 248 begrenzt ist, lässt sich die nötige Lautstärke nicht erreichen.

Im Gutachten gibt es keine Grafik, die Schaltgeräusche und B3-Jingles gleichzeitig zeigt. Zum Vergleich mit dem Polizeimitschnitt wurden die Schaltgeräusche des TK 248 in einer separaten, völlig anderen Anordnung aufgenommen. Und zwar mit einer kompakten Fotokamera im Videomodus von schräg oben und 50 cm Abstand. Offenbar bestand die Absicht, so den Zusammenhang zwischen Taste und Geräusch zu dokumentieren. Davon steht im Gutachten nichts. Diese Aufnahmesituation ist erst bei der Befragung der Gutachterin im Zivilverfahren herausgekommen.
Während des Strafverfahrens hatte die Verteidigung beantragt, dass die Gutachterin ihre Versuchsanordnung beschreiben soll. Das hat sie nicht gemacht, sondern stattdessen einen Teil der Gutachtenergebnisse wiederholt.
Zitat von RationalheldRationalheld schrieb:2) Ein weiteres Argument lautet, das Geräusch der Pause-Taste sei zwar ähnlich, aber nur dann, wenn man die Taste im Ruhe-Modus drückt. Im Wiedergabe-Modus klinge sie anders. Das ist aber doch streng genommen kein Beleg dafür, dass das Grundig-Gerät nicht verwendet worden sein kann. Du sagst lediglich, ein Drücken der Pause-Tase aus dem Ruhe-Modus heraus habe nicht viel Sinn, wenn man eine Tonfolge ab-/überspielen will. Aber es könnte doch trotzdem geschehen sein, etwa vor dem Drücken der Wiedergabe-Taste oder nach Beendigung der Wiedergabe durch die Stop-Taste. Dass diese Folge keinen erkennbaren Sinn hat, schließt die Geräteverwendung doch nicht prinzipiell aus, oder?
Das Gutachten behauptet, dass die Überspielung akustisch erfolgt ist, also vom TK 248 Lautsprcher auf ein mobiles Gerät. Weil der B3-Jingle auf dem TK 248 nur einmal vorhanden war (die zwei aufeinanderfolgenden Kopien sind deckungsgleich), muss zwischen den Jingles zwingend die Schaltfolge Stop-Rücklauf-Stop-Wiedergabe erfolgen. Diese lässt sich im Polizeimitschnitt jedoch nicht erkennen. Damit konfontiert, erklärte die Gutachterin, dass die Geräusche auf beliebige Weise unabhängig von den Laufwerkfunktionen erzeugt und hineingeschnitten sein könnten. Und eines davon sei halt die Pause-Taste. Davon stand im Gutachten nichts. Die Begründung dafür lautete, dass WM selbst während der Verhandlung habe erklären lassen, dass die Geräusche beliebig hätten zusammengeschnitten werden können.
In meinen Ausführungen weiter oben beschreibe ich, dass das damals technisch nicht möglich war. Mit einem PC und Audiobearbeitungsprogramm ist das heute leicht zu haben.
Zitat von RationalheldRationalheld schrieb:(Es ist aus meiner Sicht eigentlich auch nicht nötig, das Gerät definitiv auszuschließen. Es genügt, seine Verwendung als extrem unwahrscheinlich einzustufen, und dies geschieht v.a. durch das Raumakustik-Argument und die sich hieraus ergebenden Wahrscheinlichkeitsüberlegungen. Mir sind die zwei genannten Punkte nur aufgefallen, und ich möchte jetzt, da du wieder aktiv bist, doch einmal nachfragen.)
Danke der Nachfrage ;) Aus der Naturwissenschaft bin ich gewöhnt, dass der Behaupter seine Theorie belegen muss. Um sie zu widerlegen reicht es aus, an einem einzigen Beispiel zu demonstrieren, dass sie Fehlerhaft ist. Das funktioniert in dem Fall nicht.
Der Beweis, dass die verwendete B3-Tonvorlage niemals zur Tätertonfolge passt, weist zwar auf massive Fehler der Gutachterin hin, widerlegt aber nicht die Gesamtbehauptung. Auch der Beweis, dass sich die Tätertonfolge auf einfache Weise mit jedem Tonwiedergabegerät einfach erzeugen lässt (bedingt durch Raumakustik) reicht nicht aus. Laut Verteidiger besteht die einzige Chance darin, unabhängig vom festgeschriebenen und mittlerweile unangreifbaren Gutachten zu zeigen, dass das TK 248 nicht dafür verwendbar ist.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

16.12.2020 um 21:15
Zitat von OpLibelleOpLibelle schrieb:Gibt es weitere Vorschläge zu dem gelben Fiat 600?
Die Polizei war der Meinung, dass es irgendwo eine Engstelle geben sollte, durch die nur der Fiat passt.
Der Fiat könnte auch in einem LKW verschwinden.
Dafür braucht er aber nicht gelb zu sein. Außerdem täte es auch ein anderer Kleinwagen.
Bleibt doch die Möglichkeit, dass Herrmanns keinen gelben Fiat auftreiben sollten.

Falls wirklich keine Lösegeldübergabe vorgesehen war, hätte man sie leicht platzen lassen können, weil nicht das richtige Auto da war.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

16.12.2020 um 21:52
Zitat von roberndrobernd schrieb:Rationalheld schrieb:
1) Eines deiner Argumente dafür, dass das Grundig-Gerät ausgeschlossen werden kann, lautet, die Schaltgeräusche seien zu laut. Und das bedeutet: zu laut im Verhältnis zur Lautstärke der abgespielten Tonfolge. Nun ist aber doch die Lautstärke der abgespielten Tonfolge variabel. Könnte diese Lautstärke nicht so niedrig eingestellt werden, dass sie im Verhältnis zu den Tastengeräuschen wieder 'passt'?

Das betrifft die Aufnahmesituation und ist deshalb umgekehrt.
Richtig. Ich hatte mich vertan. Die Schaltgeräusche im Mitschnitt sind leise, die des Grundig-Geräts laut. Wenn man das Lautstärkeverhältnis zwischen Tastengeräuschen und Tonfolge so hinkriegen wollte, wie es auf dem Mitschnitt klingt, müsste man den Lautstärke-Regler des Grundig-Geräts hochdrehen. Und wenn ich dich richtig verstehe, lässt er sich aber gar nicht so weit hochdrehen, wie es nötig wäre, um das entsprechende Verhältnis herzustellen.
Zitat von roberndrobernd schrieb:Der Beweis, dass die verwendete B3-Tonvorlage niemals zur Tätertonfolge passt, weist zwar auf massive Fehler der Gutachterin hin, widerlegt aber nicht die Gesamtbehauptung. Auch der Beweis, dass sich die Tätertonfolge auf einfache Weise mit jedem Tonwiedergabegerät einfach erzeugen lässt (bedingt durch Raumakustik) reicht nicht aus. Laut Verteidiger besteht die einzige Chance darin, unabhängig vom festgeschriebenen und mittlerweile unangreifbaren Gutachten zu zeigen, dass das TK 248 nicht dafür verwendbar ist.
Es reicht nicht aus, zu zeigen, dass sich die Abdämpfung des sechsten Tons mit jedem beliebigen Gerät erzeugen lässt und das Gutachten damit entwertet ist? Man muss zusätzlich den ultimativen Beweis erbringen, dass das Grundig-Gerät nicht verwendet worden sein kann?


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16.12.2020 um 23:12
@OpLibelle

Ich finde deine Ideen zu dem gelben Fiat sehr interessant. Ich würde vielleicht Möglichkeit 2 a favorisieren. So leicht und so schnell wird im Jahre 1981 in Oberbayern ein Fiat 600, schon gar noch ein gelber, nicht zu beschaffen gewesen sein, da der Wagen nur von 1955 bis 1969 produziert wurde.

Wikipedia: Fiat 600

Deine Möglichkeit Nr. 3 ist natürlich auch sehr bedenkenswert. Was ich bei allen Möglichkeiten metkwürdig finde, ist die vorgeschriebene „Höchstgeschwindigkeit“ von 90 km/h, denn so ein Fiat 600 fuhr ja eh kaum mehr.


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17.12.2020 um 00:07
wenn es um Leben und Tod geht, hätte ich einen Fiat 600 zur Not über Nacht gelb gesprüht...


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

17.12.2020 um 00:12
Zitat von RationalheldRationalheld schrieb:Wo er die Kiste gebaut habe, habe aber nicht ermittelt werden können." (In indirekter Rede wiedergegebene Aussage des Richters) https://www.sueddeutsche.de/bayern/ursula-herrmann-prozess-ein-letzter-zweifel-bleibt-1.6228
Maßgebend ist nicht, was Journalisten schreiben, was ein Richter gesagt hat bzw. wovon die Journalisten glauben, dass es der Richter so gesagt hat. Maßgebend ist, was die Richter im schriftlichen Urteil niederlegen, denn DAS autorisieren sie am Ende mit ihrer Unterschrift, nicht das, was irgendein Journalist geschrieben hat. Und auch nur das schriftliche Urteil ist maßgebend für dessen Überprüfung in Berufung in Berufung und Revision, nicht irgendwelche Zeitungsartikel.

Deswegen muss man das, was Journalisten schreiben, und das, was Richter schreiben, schon sehr scharf trennen.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

17.12.2020 um 00:30
Zitat von JosephConradJosephConrad schrieb:wenn es um Leben und Tod geht, hätte ich einen Fiat 600 zur Not über Nacht gelb gesprüht...
Es kann ja sein, dass die Polizei so etwas gemacht hat, wenn @OpLibelle sich richtig erinnert:
Zitat von OpLibelleOpLibelle schrieb:Den Tätern war bewußt, dass es der Familie Herrmann nicht möglich sein würde, ohne die Hilfe der Behörden ein solches Fahrzeug zeitnah zu besorgen (so war es ja auch; wenn ich @2r2n richtig verstanden habe, stand ein gelber Fiat 600 bereit, aber nur, weil die Polizei einen solchen organisiert hatte).
Für die Familie Herrmann wäre es auf jeden Fall wohl nicht so einfach gewesen, so schnell einen Fiat 600 zu besorgen, egal ob in originalgelb oder in gelb angesprüht.

Und ganz vielleicht hat das jemand wie Mazurek, der 1967 als Kfz-Mechaniker ausgelernt hatte und sich mit alten und neuen Modellen und was es damals so am Markt schnell oder nicht schnell zu besorgen gab, auch gewusst.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

17.12.2020 um 00:39
Zitat von AndanteAndante schrieb:Für die Familie Herrmann wäre es auf jeden Fall wohl nicht so einfach gewesen, so schnell einen Fiat 600 zu besorgen
Auch ohne zu wissen, wieviele davon damals unterwegs waren, sehe ich im Vor-Internet-Zeitalter keine Möglichkeit für die Familie, sich auf die Schnelle ein solches Fahrzeug zu besorgen. Die Polizei hingegen kann ja einfach ein paar Halter über die Zulassungsstelle ermitteln, und falls die ihren Wagen nicht freiwillig hergeben (aber wer würde sich da weigern, wenn es um das Leben eines Kindes geht), im Zweifel auch zur Gefahrenabwehr beschlagnahmen (behaupte ich jetzt mal so ungeprüft).
Zitat von AndanteAndante schrieb:Und ganz vielleicht hat das jemand wie Mazurek, der 1967 als Kfz-Mechaniker ausgelernt hatte und sich mit alten und neuen Modellen und was es damals so am Markt schnell oder nicht schnell zu besorgen gab, auch gewusst.
So in diese Richtung habe ich gedacht, ja...


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17.12.2020 um 00:41
Zitat von roberndrobernd schrieb:Die Polizei war der Meinung, dass es irgendwo eine Engstelle geben sollte, durch die nur der Fiat passt.
Der Fiat könnte auch in einem LKW verschwinden.
... ist aber auch eine schöne Idee.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

17.12.2020 um 00:50
Zitat von OpLibelleOpLibelle schrieb:... ist aber auch eine schöne Idee.
Warum nicht? Den ersten James-Bond-Film mit dem hochverehrten Sean Connery gab es bereits 1962, und den allersten Bond-Film um 1954. Wobei ich den damals mit dem Fall Herrmann befassten Polizisten nicht Unrecht tun will. Deren Phantasie reichte damals sicher über Engstellen und Verschwinden in einem LKW hinaus.....


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