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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

11.655 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Wald, Entführung, München ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

16.12.2020 um 07:55
@robernd

Ich stimme mit den Ausführungen des Gerichts über die Annahme, dass Ursula kein Zufallsopfer war, überein. Nur möchte ich die Annahme des Gerichtes, dass die Erpresserbriefe nur deshalb nicht Name und Telefonnummer des Opfers enthielten, weil sie sonst bei eventuellem Auffinden sofort auf Ursula schließen lassen würden, erweitern. Das Auslassen der Daten des Opfers lässt den Rückschluss zu, dass eine Zuordnung der betreffenden Zeitung mit deren Datum aus der die Ausschnitte stammen – also zB Mai 1981 – möglich gewesen wäre. Deshalb wurden die Daten aus einer Zeitung ausgeschnitten, die nach der Entführung gedruckt worden ist.
Wer sich aber über solches – für die Allgemeinheit unwesentliches, weil an sowas keiner denken würde - Detail schon im Vorfeld der Entführung Gedanken macht, hat entweder eine einschlägige langjährige Berufserfahrung als Polizist oder einen Polizisten in der Familie, bei dem diese Information aufgeschnappt wurde.
Es bestünde somit ein begründeter Verdacht, dass die Planung und Durchführung der Entführung ein Familienunternehmen war. Ich möchte keinen unbegründeten Verdacht äußern, aber wurde der Vater von M im Rahmen der Ermittlungen mit überprüft?

Zu deiner LEH-Theorie. Wie das Gericht schon erwähnte, wurde nichts dem Zufall überlassen. Also dass sich ein kleines Kind aus dem LEH um 19.30 Uhr allein auf einem Waldweg mit seinem Fahrrad nach Eching - also vom LEH Schondorf wegbewegen würde, kann ausgeschlossen werden. Dazu braucht es auch keinen Beobachtungsposten Monate vorher.
Der Tattag 15. 09. 1981 hatte – wie bisher von allen angenommen – nichts mit dem Anreisetag der LEH Schüler zu tun und auch nicht (indirekt) mit dem Schulanfang der umliegenden Schulen zu tun, sondern der 15. 09. – Dienstag – war der Stichtag für die Sportstunde des Sportvereins, den Ursula von 17.30 bis 18.45 Uhr besuchte. Und sich dieses Datum zu besorgen, wann der Sportverein nach den Sommerferien wieder eine Veranstaltung zu besorgen, kann durchaus schon im Mai 1981 publik gewesen sein, also zum Zeitpunkt des Verfassens der Erpresserbriefe. Deshalb wurde dort der Donnerstag, also der Tag zwei Tage nach der Entführung angegeben. Da waren die Entführer aber doch nicht schlau genug, das haben sie nicht berücksichtigt im Nachhinein. Denn wenn man vom Donnerstag zurückdenkt, kommt man zum Ergebnis, dass die Täter schon im Mai 100% davon überzeugt waren, dass das Kind Ursula in ihre Hände fällt.

JagBlack


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

16.12.2020 um 08:09
@JagBlack
Wie sollen die Entführer denn im Mai 100% davon überzeugt gewesen sein, dass sie Ursula auf dem Heimweg der Turnstunde entführen, wenn Ursula Ende Juni zum ersten Mal überhaupt an der Turnstunde teilnahm?


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

16.12.2020 um 08:16
@Sam789
Sehr gute Frage. Aber hat nicht die Frau von Mazurek im Hause der Herrmanns geputzt? Wenn ich mich recht entsinne.
Dabei kann sie die Info, dass Ursula in eine Turnstunde des Sportvereins geht, aufgeschnappt haben oder es war woanders vielleicht unter anderen Müttern Gesprächsstoff gewesen, wer sonst sein Kind beim Sportverein anmeldet. Wie weit zurück der Anmeldeschluss für diese Turnstunde war, weiß ich nicht, aber könnte der Mai gewesen sein.

JagBlack


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

16.12.2020 um 08:28
@JagBlack
Die Frau von WM hat 1976 bei den Herrmanns geputzt, also fünf Jahre zuvor.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

16.12.2020 um 09:15
Zitat von Sam789Sam789 schrieb:Die Frau von WM hat 1976 bei den Herrmanns geputzt, also fünf Jahre zuvor.
Interessant. Dann müsste sie eine grobe Vorstellung davon bekommen haben, welcher Art der Wohlstand der Familie Herrmann war und ob der für eine Millionen-Forderung geeignet war.

Der Fall hat viele Tatsachen, aus denen man rechtlich relevante Tatsachen ableiten kann - oder auch nicht. Ein Gericht kann sich dabei der Wirklichkeit nur annähern, sei es auf Grundlage eines fast 30 Jahre alten Dokuments über die höchst widersprüchlichen Aussagen eines Alkoholikers auf Entzug, der schon verstorben war, sei es das Ansähen von Gras und das Abschneiden von Fichten.

Es liefert dann eine Interpretation, eine Möglichkeit, was geschehen sein könnte. Und das in Form einer Feststellung, die dann unter eine Rechtsnorm subsumiert wird.

Im besten Fall trifft das Gericht die Wirklichkeit ganz gut, eine Tat wird aufgearbeitet, der Täter zur Rechenschaft gezogen und Betroffene und Öffentlichkeit sind zufrieden. Das muss aber nicht immer glücken. Wenn Angehörige meinen, es sei der falsche Täter bestraft worden, wenn es immer wieder seriöse und bedenkenswerte Einwände gibt (so wie hier), dann sollte das auch der Rechtsprechung im Allgemeinen sehr Wohlwollend Gegenüberstehende (so wie ich) einen Gedanken wert sein.

Hier haben über 50 Verhandlungstage zur Überzeugungsbildung ausgereicht. Aber trotz 300 Seiten sorgfältiger Begründung bleiben sehr viele Fragen offen - bis hin zur Täterschaft und Wahl des Opfers. Die Verdachtsmomente gegen M. gibt es, keine Frage. Aber mir scheint es, als komme man über einen schweren Verdacht einfach nicht hinaus.

Nur ein Beispiel: M. will das Grundig TK 248 erst zwei Wochen vor der Beschlagnahme im Herbst 2007 auf einem Flohmarkt erworben haben. Die Polizei fahndet aufwendig nach dem Verkäufer, findet aber niemanden. Das Gericht schlussfolgert: Das war eine Lüge. Der Kauf sei widerlegt. Aber wenn M. gelogen hat, warum hat er einen nur so kurz zurückliegenden Zeitpunkt ausgewählt? Wäre es nicht viel besser gewesen, einen Kauf im Jahre 1997 zu behaupten? Dann hätte man ihm keinen Strick daraus drehen können. Oder hat er so spontan gelogen, wollte er das an der Tat beteiligte Gerät unbewusst erst so kurz wie möglich in seinem Besitz haben?

Wenn ich diesen Brief lese,

https://www.allmystery.de/bilder/km120390-10

dann sehe ich auch die Möglichkeit, dass M. zwar der Täter ist, aber das TK 248 nicht zur Herstellung des Tonbandes für den Erpresseranruf verwendet hat. Das ist meine Intuition, aber dieser Brief erscheint mir sehr glaubhaft.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

16.12.2020 um 09:49
IMG 20201216 094705Original anzeigen (0,4 MB)

IMG 20201216 094644

Die Fotoserie in der die Fichte zu sehen ist wurde laut Akte am 16.9.81 direkt am Entführungsort und an der Auffindestelle des Fahrrads gemacht.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

16.12.2020 um 09:59
Zitat von JagBlackJagBlack schrieb:Sehr gute Frage. Aber hat nicht die Frau von Mazurek im Hause der Herrmanns geputzt? Wenn ich mich recht entsinne.
Das Ehepaar Mazurek wurde im Jahr 1980 rechtskräftig geschieden, seit 1977 wohnte Frau F.-M, die spätere Mitangeklagte, bei ihm. Deshalb konnte Ex-Fr. M nichts von einer Turnstunde, für die sich Ursula erst ab Juni 1981 interessierte, wissen.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

16.12.2020 um 10:30
Zitat von JagBlackJagBlack schrieb:Ich stimme mit den Ausführungen des Gerichts über die Annahme, dass Ursula kein Zufallsopfer war,
Ich auch. In einem der vorbereiteten Erpresserbriefe ist von „Tochter“ die Rede. Man wusste also schon, dass man ein Mädchen entführen wollte. Jemand schrieb hier, dass Ursula sich kurz vor der Tat die Haare hatte schneiden lassen und von weitem wie ein Junge aussah. Wäre sie ein Zufallsopfer gewesen, hätten die Täter sie nicht ausgewählt, weil sie sie für einen Jungen gehalten hätten. Und die Täter, die sie ausgesucht hatten, erkannten sie trotz Haarschnitt zumindest an ihrem roten Fahrrad, wenn sie nicht sowieso schon länger zumindest „vom Sehen“ kannten. Denn dass die Täter Ortskundige waren und Bezug zu Land und Leuten hatten, ist wohl unbestritten.
Zitat von monstramonstra schrieb:Dann müsste sie eine grobe Vorstellung davon bekommen haben, welcher Art der Wohlstand der Familie Herrmann war und ob der für eine Millionen-Forderung geeignet war.
Das Problem hätte sich ja auch bei einem Zufallsopfer gestellt. Zudem ging Mazurek ja davon aus, dass hier Kirche oder Staat bei der Durchsetzung der Lösegeldforderung geholfen hätten.
Zitat von Sam789Sam789 schrieb:Wie sollen die Entführer denn im Mai 100% davon überzeugt gewesen sein, dass sie Ursula auf dem Heimweg der Turnstunde entführen, wenn Ursula Ende Juni zum ersten Mal überhaupt an der Turnstunde teilnahm?
Es wurde schon darauf hingewiesen, dass die Briefe vorbereitet worden sein können, bevor die Wege des Opfers näher ausgekundschaftet wurden. Sie müssen nicht zwingend erst nachher gefertigt worden sein.
Zitat von ErwinKösterErwinKöster schrieb:Die Fotoserie in der die Fichte zu sehen ist wurde laut Akte am 16.9.81 direkt am Entführungsort und an der Auffindestelle des Fahrrads gemacht.
Das bezweifle ich nicht. Ich würde nur gerne wissen, ob und wo genau dort jene bewusste Fichte mit dem angespitzten Stamm zu sehen ist bzw. ob sie nicht an einer anderen Stelle knapp neben den Fotos stand.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

16.12.2020 um 10:35
Es ist die 2.40 große Fichte links neben der Tafel 0. Es gibt noch irgendwo ein besseres Foto, werde ich raussuchen.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

16.12.2020 um 10:54
@ErwinKöster

Laut Urteil Seite 71 gibt es mehrere Bilder mit und ohne die eingesteckte Fichte sowie auch von der herausgezogenen Fichte mit dem angespitzten Stamm. Vielleicht könntest du sie einmal bei Gelegenheit einstellen, danke. Obwohl damit immer noch nicht gesagt wäre, wann genau die Fichte in den Boden gesteckt wurde. Genau genommen war ein Versteck so nah des Seeweges ja zeitlich eigentlich erst erforderlich, um unmittelbar auf das Opfer zugreifen zu können. Ansonsten wäre vielleicht ein ständiger Beobachtungsposten etwas weiter den Trampelpfad hinein günstiger gewesen, auch um anderen Benutzern des Seeweges nicht aufzufallen.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

16.12.2020 um 11:06
Zitat von AndanteAndante schrieb:Das Problem hätte sich ja auch bei einem Zufallsopfer gestellt.
Wenn man von vorneherein ein solches im Blick hatte. Mehr Sinn hätte es auf jeden Fall gemacht, sich ein bestimmtes Opfer oder eines aus einer - vermeintlich begüterten - Gruppe von Kindern auszusuchen.
Zitat von AndanteAndante schrieb:Zudem ging Mazurek ja davon aus, dass hier Kirche oder Staat bei der Durchsetzung der Lösegeldforderung geholfen hätten.
Meines Wissens hat er sich selbst so nie geäußert. Das ist eine durchaus fundierte Vermutung des Gerichts.

Die Kiste war ja auf einen längeren Aufenthalt hin konstruiert worden. Die Täter können also die Möglichkeit einkalkuliert haben, dass es länger dauert, bis das Lösegeld beschafft wird.

Wie schon gesagt: Weil wir die Vorstellungswelt des Täters nicht kennen, können wir uns ihr nur annähern. Und warum es Ursula getroffen hat, bleibt letztlich ungeklärt. Da ist bei einem Springer-Enkel oder Oetker-Erben anders.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

16.12.2020 um 11:39
Irgendwie geht das aber auch nicht so ganz zusammen:
Gegen ein Zufallsopfer spricht auch, dass der Angeklagte für die Erpresserbriefe und die Erpresseranrufe möglichst schnell die Adresse und die Telefonnummer der Eltern des Opfers benötigte, um seine Lösegeldforderung erfolgreich durchsetzen zu können. Die Kammer ist davon überzeugt, dass es der Angeklagte daher nicht dem Zufall überließ, ob und wann in den Medien die Adresse des Entführungsopfers genannt werden würde. Der Angeklagte konnte auch nicht darauf vertrauen, dass in den Suchmeldungen die vollständige und richtige Adresse genannt werden würde und die Eltern im Telefonbuch stehen. Tatsächlich wurde nämlich, wie der Zeuge ____ glaubhaft vortrug, am Vormittag des 16.09.1981 im Rundfunk zunächst irrtümlich nach Ursula Herrmann aus „Dießen“, anstatt aus „Eching“, gefahndet. Auch stand nach den Angaben des Zeugen KHK ____ die Adresse der Familie Herrmann damals nicht im Telefonbuch.
Dass der Angeklagte in seinem vorgefertigten ersten Erpresserbrief die Telefonnummer der Eheleute Herrmann erst am 16.09.1981 einsetzte, ist kein zwingendes Indiz dafür, dass er nicht wusste, wessen Tochter er entführt hatte.
(S. 298)


Da steht, daß im Rundfunk Dießen statt Eching gesagt wurde.

Gleichzeitig begründet das Gericht, daß:
1. WM Ursula Herrmann bewusst ausgesucht hatte, weil sie seit Ende Juni 1981 regelmäßig jeden Dienstag während der Schulzeit den Turnunterricht für Mädchen beim TSV Schondorf besuchte.
2. WM nach der Tat „rund um die Uhr“ den Polizeifunk gehört haben soll (S. 13)

Wenn WM denn tatsächlich rund um die Uhr den Polizeifunk mitgehört hat, dann war er doch nicht auf die Mitteilung im Rundfunk angewiesen und wusste aus dem Polizeifunk daß Ursula aus Eching und nicht aus Dießen kam, außerdem bei all der Raffinesse, die man ihm unterstellt: wenn ein Mädchen von Eching nach Schondorf radelt, und nach gewisser Zeit den Weg wieder zurück radelt, dann müsste doch beim Ausspähen des „nicht zufällig gewählten Opfers“ ab spätestens seit Ende Juni 1981 klar sein, daß sie nicht aus dem 15 km südlichen Dießen stammt.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

16.12.2020 um 11:50
Das Gericht behauptet im Urteil, die Beobachtungsposten nebst Fichte seien spätestens Ende Juni eingerichtet worden. Wir haben nachgewiesen, dass diese Annahme falsch sein muss, da abgeschnittene Fichten im Hochsommer keine drei Monate grün bleiben. Es gibt Bilder ohne eingesteckte Fichte, die stammen aus dem Juli 1982, nachdem die Fichte entfernt wurde.

Ursula fuhr übrigens der Aktenlage zufolge fünfmal zum Turnunterricht und bis auf einmal nie allein. Leider am Abend des 15.9. als die Täter offenbar schon Panik hatten, dass der 15. ergebnislos verstrichen war

Der Platz der Fichte war außerdem schon richtig gewählt, vor allem wenn man einen überraschenden Zugriff plante.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

16.12.2020 um 12:07
Zitat von AndanteAndante schrieb:Ansonsten wäre vielleicht ein ständiger Beobachtungsposten etwas weiter den Trampelpfad hinein günstiger gewesen
Wenn doch für die Täterschaft klar war, dass sie für die Entführung Ursula ausgesucht haben, bräuchte es demnach keinen Beobachtungsposten zu Ausspionieren von Ursula, wie von der Kammer angenommen wurde. Diese Stelle mit der provisorischen Fichte diente mMn einzig und allein für den Zugriff und auf dem Trampelpfad erfolgte der Abtransport des Mädchens. Das heißt auch, dass diese Stelle nur an dem Entführungstag genutzt wurde bzw. für einen Probelauf.

@margaretha
Das Gericht hat sich etwas unverständlich mitgeteilt, aber was es sagen wollte war, dass Mazurek Adresse und Telefonnummer der Herrmanns vorher kannte.

JagBlack


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

16.12.2020 um 12:21
Zitat von JagBlackJagBlack schrieb:Wenn doch für die Täterschaft klar war, dass sie für die Entführung Ursula ausgesucht haben, bräuchte es demnach keinen Beobachtungsposten zu Ausspionieren von Ursula
Das ist mE nicht zwingend. Ursula hat als Opfer festgestanden, nun musste man überlegen, wie man ihrer habhaft werden konnte, sie also sozusagen allein „antraf“. Wäre Ursula am 15.9. nicht allein geradelt, hätte man es in der nächsten Woche wieder versuchen können. Das Risiko der Entdeckung der Kiste stieg natürlich, weil die Waldarbeiter Mitte September aus ihrem seit Mitte August dauernden kollektiven Betriebsurlaub (so Urteil) zurückgekehrt wären.


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16.12.2020 um 13:00
Man muss generell sehen, dass nicht jede Einzelheit des Falles sich vollkommen aufklären lässt. Das ist bei Indizienurteilen immer so und hindert, da die GESAMTSCHAU aller Indizien entscheidend ist, per se eine Verurteilung nicht.

So sind zum Beispiel in den Fällen Böhringer und Babenhausen, wo die Angeklagten im Prozess komplett geschwiegen haben, bis heute jeweils die Tatwaffen verschwunden. Viele würden sagen, dass das ein Unding ist, dasd man also ohne Tatwaffe mit DNA dran und sonstigem pipapo niemanden verurteilen dürfe. Das ist allerdings ein Irrtum. In den genannten Fällen wurden die Täter trotzdem verurteilt, weil die verbleibenden belastenden Indizien ausreichten, um ihre Schuld festzustellen.

So ist es auch hier. Man kann sich Einzelheiten aus dem Urteil herausgreifen und anmerken, dass hier und da etwas unvollständig ist. Man muss aber dabei gleichzeitig immer fragen, ob dadurch bzw. deshalb Mazurek als (Mit-)Täter zwingend ausscheidet. Tut er es nicht, ist die Unvollständigkeit kein Beleg für seine Unschuld.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

16.12.2020 um 13:03
Ich möchte nocheinmal zusammenfassen:
Tatort = Entführungsort, dort stand die Fichte.

- Das Gericht hat Fotos der Fichte in Augenschein genommen.
- Die Tatortfotos entstanden kurz nach der Tat. Der genaue Zeitpunkt ist eigentlich von untergeordneter Bedeutung.
- Zu der Zeit war die Bedeutung der Fichte unbekannt. Die ergab sich erst im Oktober, als sie braun war.
- Man kann es als Zufall ansehen, dass die Fichte auf diesen ersten Tatortfotos ist.
- Je später die Fotos von der Fichte entstanden, um so peinlicher für das Gericht.

- Der Erpresserbrief wurde schon früh erstellt. Angeblich ab Ende Mai, von mir aus auch erst im Juli.
- Zu dem Zeitpunkt wussten die Täter, dass der Telefonanruf an einem Donnerstag erfolgen wird.
- Ursula ist erstmalig Anfang Juni zum Turnen gefahren.
- Daraus hat das Gericht geschlosse, die Beobachtungsposten wären Anfang Juni eingerichtet worden (mit Fichte).
- Wenn das realistisch wäre, hätte die Fichte zum Tatzeitpunkt keine Nadeln mehr gehabt (3 1/2 Monate nach dem Schlagen).
- Deshalb kann der Beobachtungsposten frühestens Ende Juli eingerichtet worden sein (wahrscheinlich noch später).
- Deshalb können die Täter die Ursula von dort nie beobachtet haben.

Woher hätten die Täter schon früh wissen können, dass sie ausgerechnet Ursula und ausgerechnet an einem Dienstag entführen werden?


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

16.12.2020 um 13:07
Zitat von AndanteAndante schrieb:So ist es auch hier. Man kann sich Einzelheiten aus dem Urteil herausgreifen und anmerken, dass hier und da etwas unvollständig ist. Man muss aber dabei gleichzeitig immer fragen, ob dadurch bzw. deshalb Mazurek als (Mit-)Täter zwingend ausscheidet. Tut er es nicht, ist die Unvollständigkeit kein Beleg für seine Unschuld.
Wir diskutieren hier über das Urteil und nicht über Mazurek. So hattes du es gewünscht.
Wie viele Einzelheiten aus einem Urteil dürfen frei erfunden sein, damit man es noch ernst nehmen kann?


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

16.12.2020 um 13:10
Zitat von monstramonstra schrieb:Andante schrieb
Zudem ging Mazurek ja davon aus, dass hier Kirche oder Staat bei der Durchsetzung der Lösegeldforderung geholfen hätten.

Monstra schrieb
Meines Wissens hat er sich selbst so nie geäußert. Das ist eine durchaus fundierte Vermutung des Gerichts.
Doch hat er:
... im Übrigen hatte der Angeklagte Mazurek nach der Entführung selbst im Bekanntenkreis verbreitet, dass hinsichtlich der Lösegeldzahlung notfalls Staat oder Kirche einspringen würden, wie der Zeuge XXXXX bestätigte.
Quelle: Urteil S.299


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

16.12.2020 um 13:26
Zitat von roberndrobernd schrieb:Wir diskutieren hier über das Urteil und nicht über Mazurek.
Das eine geht nicht ohne das andere, das ist doch logisch. Wer (nur) darüber diskutieren möchte, wer denn der Täter war, braucht natürlich das Urteil nicht, weil er von vornherein unterstellt, dass es sich bis heute um einen gänzlich ungeklärten Kriminalfall handelt (bzw. nicht gänzlich ungeklärt, wenn man der Schülertheorie anhängt).

Wer aber darüber diskutieren möchte, ob Mazurek zu Recht verurteilt wurde, muss sich mit dem Urteilsinhalt befassen.


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