@Rüdiger Rüdiger schrieb:Schon die Belästigungen durch Lärm, die als Tatmotivation gelten soll, wird in den Urteilsgründen auch nur isoliert dargestellt.
Das Gericht kommt schon bei dem Verkaufsbemühen des erst 1999 bezogenen Reihenhauses 2001 dazu diese wären im wesentlichen der Erheblichkeit der Lärmsituation geschuldet. Obwohl der Angeklagte dem seinerzeit beauftragten Makler W. mitteilt habe, das er ein Baugrundstück in einer neu auszuweisenden Eigenheimsiedlung in der Nachbargemeinde Schaafheim, dem Wohnort der Eltern erwerben wolle.
Das schliesst sich beides doch überhaupt nicht aus. Für den Erwerb eines neuen Grundstückes muss es ja einen Grund geben, wenn man "eben erst" in eine Eigenheim gezogen ist
Eher wird man einem Makler nicht auf die Nase binden, dass es Gründe gibt, diese Immobilie schnell wieder loswerden zu wollen.
Im Prinzip ist die Erklärung "Lärm" eine absolut naheliegende Ergänzung.
Rüdiger schrieb:Selbst in seiner ersten Beschuldigtenvernehmung äußerte der Angeklagte gegenüber dem Kriminaloberkommissar D. beim Entschluss zum Verkauf habe die Ruhestörung nur geringe Bedeutung gespielt, vielmehr habe man eine günstige Gelegenheit zum Erwerb eines Eigenheimes nutzen wollen.
Wenn das so war (war das so, gibt es eine nachzulesende Info darüber?), dann ist das doch das Naheliegendste überhaupt, dass der Angeklagte so argumentiert.
Rüdiger schrieb:Gestützt wird dies freihändige Bewertung durch das Zeugnis der Nachbarin M. die meinte schon damals im Gespräch mit der Ehefrau des Angeklagten vernommen zu haben, dass der beabsichtigte Verkauf auch vom Krach aus dem Nachbarhaus motiviert sei.
Du suggerierst hier, dass das Gericht ohne jegliche Anhaltspunkte gearbeitet hat. Das ist mitnichten der Fall. Stattdessen nimmst Du die Aussagen des damals Angeklagten als Wahrheit???
Dann ist ja klar, wohin die Argumentation geht.
Polizei und Gericht sind frei von diesem wohlwollenden Bias und haben Erfahrung darin, beschönigende Elemente in den Aussagen auch zu erkennen. Damit meine ich nicht, dass das Gericht dem Angeklagten bewußt an den Karren fahren wollte.
Es ist einfach so, dass eine gesunde Portion Skepsis gegenüber den Geschichten von Angeklagten angebracht ist.
Ich würde annehmen, dass in Indizienprozessen eine überwältigende Mehrheit der Angeklagten von sich behaupten, unschuldig zu sein. Und von den dann verurteilten sicher nicht viel weniger.
Hier alles zu 1:1 zu glauben ist naiv.
Rüdiger schrieb:Der Wertung des Gerichtes, eine Schwere der Belastung wäre schon deshalb anzunehmen, weil der Angeklagte entgegen seiner Kommunikationsgewohnheiten auf der Arbeitsstelle ausnahmsweise über private Sachverhalte zu berichten soweit es die nachbarlichen Ruhestörungen betraf, ist kaum zu folgen.
Und ob. Wenn ein Sachverhalt an einem Menschen, der sonst sehr für sich ist, so sehr nagt, dass er Probleme anderen mitteilt und so eine vermeintliche Schwäche oder einen belastenden Punkt preisgibt, dann ist das vielsagend. Wenn er es mehreren Kollegen gegenüber tut erst recht.
Rüdiger schrieb:Genau diesen Aussagen möchte ich nämlich die faktische Untätigkeit bei der effektiven und interessensgerechten Bewältigungsstrategie entgegenhalten. Das sich hier, wie das Gericht meint "legale" Lösungsmöglichkeiten nach der unergiebigen Recherche bei "finanztip.de" noch am 30.03.2009 im Internet erschöpft gewesen sein soll ist doch nicht zu belegen.
Was ist eine "faktische Untätigkeit bei der effektiven und interessensgerechten Bewältigungsstrategie"?
Rüdiger schrieb:Wäre es tatsächlich so gewesen, dass der Verkauf wegen der schon hier als erheblich geltenden Lärmsituation beabsichtigt gewesen wäre um so einer verhängnisvollen Situation zu entgehen, hätte man genauso gut den Bauträger und gleichzeitig Vermieter der störenden Nachbarn auf die Mangelhaftigkeit des Hauses in Anspruch nehmen können, gar die Rückabwicklung des Kaufvertrages verlangen können
Nein, so leicht geht das nicht. Zumal sich die Lärmsituation offenbar auch mit dem Jahren verändert hat. Du stellst die Möglichkeiten hier schon wiederholt so dermaßen einfach dar. Dabei sind die Hürden für solche Maßnahmen schlimm. Und teuer. Jeder thematisierte Makel nagt zudem wieder am Verkaufspreis des Hauses und wenn man juristisch verliert, hat man erstens ein Heidengeld in den Sand gesetzt und zweitens eine Immobilie, von der jeder Makler weiß, dass sie zu dem Wunschpreis und unter diesen Bedingungen unverkäuflich ist.
Was Du auch völlig übersiehst ist die individuell empfundene Situation. Es spielt bei Morden (das meine ich jetzt unabhängig von diesem Fall) eben eine entscheidende Rolle, wie der Täter eine Belastungssituation empfindet. Hier darf man keine universelle Sachkenntnis und Objektivität erwarten. Es gibt Fälle, in denen es eine unglaublich naheliegende Lösung für einen Konflikt oder eine Belastungssituation gegeben hätte. Und dennoch wählte der Täter einen Mord. Weil ihm diese Lösung nicht bekannt war oder er sich keine dauerhafte Lösung davon versprach oder weil das Ungerechtigkeitsempfinden das nicht zulässt, eigene Opfer zu bringen während der Schuldige nicht zur Rechenschaft gezogen wird.
Deine Argumentation hinkt, weil sie versucht, auf einer völligen theoretischen und damit lebensfremden Basis ein Gerichtsurteil anzuzweifeln.