@Phhu Ich kenne die Geschichte und zwar aus dem Buch. Du auch? Ich befürchte...
Phhu schrieb:Sie sollten einen geizigen, verhärteten Fabrikbesitzer/in davon überzeugen seinem Bruder und sein Personal besser zu behandeln.
Scrooge war mitnichten Fabrikbesitzer. Er war Buchalter. Heute wäre er wohl ein Steuerberater, oder ein Sinn, Hüther, Bild-Kolumnist o. dgl.
Er war übrigens auch kein gottloser Sausack sondern ein glaubender Vertreter der calvinistisch-puritanischen Minderheit , die sich damals anschickte mit ihrer amoralischen Moral die Menschheit wie Obst auszuquetschen.
Viel wichtiger als die (zweifelsfrei gute) Geistergeschichte ist die Story hinter der Story. Dickens war Gesellschafts- und Wirtschaftskritiker. Armut, Klassismis und Sklaverei waren stets wiederkehrende Elemente seiner Arbeiten (ebenso wie seine Abneigung dem Adel gegenüber, den meisterhaft durch Überspitzung persiflierte und durch den Kakao zog)
Er lebte und wirkte zu einer Zeit als die Zustände herrschten, in der sich Montags-Wahnwichtel und ähnlich schräge Typen heute wähnen. Wenn die nur einen Funken Hirn hätten... Wenn wir wirklich in jener Zeit leben würden, wären die schneller im Tower als sie "A..." rufen könnten und außerdem müssten sie sich zwischen Wahnwichteln und was zu Essen besorgen entscheiden. Na egal.
Um die gesellschaftskritische Komponente zu verstehen müsstest du dich vorab mit der viktorianischen Epoche mit Schwerpunkten auf Wirtschaft, Politik, Ethik und Religion auseinandersetzen (einmal quer durch Wiki reicht) und zumindest grob mit Adam Smiths Weath of Nations beschäftigen (bisschen Hume und Locke schadet auch nicht um die damalige Denke halbwegs zu verstehen).
Wir sprechen von einer Zeit in der 7/10tel der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze vegetierten, der Staat diese Armut noch verschärfte in den er Sozialleistungen ersatzlos strich, was Lohndumping zur Folge hatte, wovon letztlich die winzig kleine Blutsaugerschicht profitierte. Dickens war Zeitzeuge der ersten industriellen Revolution, des Manchesterkapitalismus, den Anfängen des modernen Freihandel und der"Erfindung" des Exportschlagers Sozialdarwinismus (übrigens war er auch Zeitgenosse Darwins, damals ging's richtig ab - aus historischer Sicht -insbesondere hinsichtlich Technik und Wissenschaften- eine sehr spannende Epoche, für die Mehrheit der Zeitzeugen ein wohl eher unerfreuliches und ziemlich verwirrendes Zeitalter).
Dickens Geschichte ist zeitlos. CD klagte schon damals windige Typen wie die amerikanische Tea Party, AfD und sonstige Wirtschaftswahnsinnige mit (quasi-)religiösem, opportunistischen Anstrich an. Man kann seine Geschichte auch durchaus als Kritik des uns heute bekannten religiösen Fundamentalismus (Terrorismus, Rassismus, Ablehnung Andersgläubiger... zB) auffassen.
Scrooge steht stellvertretend für eine winzig kleine (obere)Mittelschicht, die die Bibel als Aufruf zum Wirtschaftsvampirismus interpretierte und alles was am Reichwerden hinderte (freie Tage zB) als Verstoß gegen göttlichen Willen ablehnte.
Das Buch sollte Pflichtlektüre an den Schulen werden. Zwar klagt es nur (quasi-) religiöse Dummheit und asoziale Exzesse an, kann aber ohne weiteres verallgemeinert als Dummheit der Spezies Mensch gelesen und verstanden werden (gibt ja noch weitere Eseleien, die die Menschheit befallen).
(Dickens war übrigens(soweit mir bekannt ist) kein satanistischer Atheist. Er wandte sich nie gegen Glauben, sondern nur gegen hirnverschmurgelte, subjektiv-eigennützige Auslegung und deren (teils katastrophalen) Folgen. Man muss nicht befürchten bei der Lektüre über Nacht zum Atheisten zu werden.)
Um die Story hinter der Story zu verstehen, empfehle ich wärmstens, Dickens zu lesen (falls möglich im Orginal, weil die Übersetzung seiner herzerfrischend spitzen Feder und seinem stellenweise wodehouse-mäßiger schräger Humor nicht gerecht wird)
Hier ist das leider offtopic und viel zu umfangreich als dass wir das "mal eben" abhandeln könnten. In den Filmen geht Dickens Sozialkritik zwangsläufig größtenteils unter und wird auf Misanthropie und unermessliche Gier des Protagonisten reduziert.
Phhu schrieb:Ist es ihre Hilflosigkeit gegenüber den Naturmächten.
Ich würde das eher Unverständnis nennen, aber egal.
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@Micha007 Hmm. Danke. Aber leider ist das etwas geflunkert.
Schreiben ist ein ziemlich komplexes Viech. Gute Einfälle und Rohfassungen sind nur der erste Schritt. Danach kommt die fieselige Arbeit und da scheitere ich grandios. Außerdem bin ich Spontan-Schreiber (der dazu neigt sich zu verzetteln). Einen Masterplan (Plot) auszuarbeiten und mich daran abzuarbeiten kann ich nicht.
Mehr als (ein paar) ironisch-sarkastische Beiträge bekomm ich nicht gebacken. Nicht weiter schlimm. Wir haben ja gelernt dass nicht-glauben Glaube sei, also macht jeden von uns unterentwickeltes Schreibtalent zum Meister-Romancier
:).
Nobel für alle.