perttivalkonen schrieb:Ruach jedenfalls ist auch kein "Luft"wort im Sinne irgendeines alten Griechen, da den alten Israeliten wie den umgebenden Kulturen die Materievorstellung der Griechen völlig abging.
...
Und so ist ruach für sie nicht Luft, sondern Wind, Atem.
Das ist eigentlich genau das, was ich gesagt habe.
Zitat-ShakaZulu:
Diese Leute mögen sich eine spezielle Luft bei "Atem", "Hauch" und "Wind" vorgestellt haben, aber es geht letztlich um das Luftphänomen selbst.Nochmal, die antiken Schreiber haben
nicht einen Akteur
hinter dem Wind,
hinter dem Atem,
hinter dem Hauch vermutet, sondern sie haben dem Wind, dem Atem, dem Hauch bestimmte (Lebens-)Fähigkeiten zugeordnet.
Hier ist
ein Text, in dem ein Religionswissenschaftler diesen Umstand darstellt (wobei ich seinen Einsatz des "Transzendenz"-Begriffes wiederrum problematisch finde - ich habe aber auch nicht alles gelesen).
Zitat aus dem Link:
Gleichzeitig ist er (der Wind) das, was uns am Leben erhält, selbst wenn wir schlafen. Selbst wenn wir vielleicht in einem komatösen Zustand sind: Der Atem geht. Und ich kann auch nicht sagen, ich atme, sondern der Atem bewegt mich und damit mein Leben.Entscheidend ist hierbei, dass auf Basis ihres Weltverständnisses eine unmittelbare Erfahrbarkeit (ich nenne es "Sichtbarkeit") vorlag.
Ich finde die Formulierung "ich kann nicht sagen, ich atme, sondern der Atem bewegt mich" schon sehr von einer modernen Sichtweise entfernt.
Ich kann jetzt natürlich nicht für dich sprechen, aber für mich funktioniert ein Mensch auf keinen Fall so, wie es offenbar in der Antike gesehen wurde.
Durch den "Wind", den die antiken Schreiber bestimmt für eine (aus unserer Sicht) "
spezielle Luftsituation" hielten, war ihr "Gott" direkter Teil ihrer Welt.
Auch das habe ich oben geschrieben:
Zitat-ShakaZulu:
Ganz entscheidend ist, dass diese nicht-körperlichen Anteile der Welt für die antiken Menschen direkt erfahrbar waren, weil es um die jeweilige Luft ging.Du scheinst dich daran zu stören, dass ich es als "Luft" einordne, auf das sie abzielten, aber hier spreche ich natürlich
aus meinem Weltbild heraus (mit all den systematischen Forschungsergebnissen, die damals
nicht vorlagen).
D.h. ich sage
nicht, dass diese Leute "unsere Luft" im Sinne hatten, sondern dass sie letztlich nicht wussten, dass es nur "unsere Luft" ist, worum es ihnen ging.
Sie haben schlicht einen Fehler gemacht.
Ich frage jeden Gott-Gläubigen "was soll Gott sein?" und die antiken Leute hätten mir konkrete Situationen gezeigt, zu denen ich wiederum sagen kann "nein, es funktioniert nicht so, wie ihr euch das denkt und damit ist das, jedenfalls für mich,
kein Gott".
Wenn es darum geht, was wirklich in der Bibel steht, dann muss man feststellen, dass diese Leute, (für uns) harmlose Weltanteile ("unsere Luft"), als wichtige religiöse Einheiten angesehen haben.
perttivalkonen schrieb:Seit wann klingt Luft oder Wind kehlig? Einzig der Atem kann laryngal klingen
...
Ruach nun klingt wenn überhaupt, dann nach Atem, nicht nach Wind. Und wird wie gesagt deswegen mit zwei Laryngalen gebildet. Wikipedia ist halt nicht immer das Gelbe vom Ei, wirklich gut für einen ersten Überblick, doch nicht unbedingt in allen Details korrekt oder aktuell.
Ich habe geschrieben ""ruach" soll also sogar nach Luftgeräusch klingen" und in meinem Text habe ich "Atem" von Anfang an mit einbezogen (auch der Wiki-Link zu "ruach" enthält dies).
perttivalkonen schrieb:In der griechischen Antike! Später (im Hellenismus) auch der griechisch geprägten Antike.
Diese "Abgrenzung" mag stimmen oder auch nicht.
Tatsache ist, dass sich die griechischen "pneuma"-Ansichten, die im Neuen Testament eine
wesentliche Roille spielen, ganz harmonisch in den Bibeltext einfügen, d.h. der Übergang von "ruach" zu "pneuma" scheint niemanden vor unlösbare Konzeptschwierigkeiten gestellt zu haben, am wenigsten die Schreiber der griechischen Neu-Testament-Texte.
Was steht wirklich in der Bibel? -> nun, "ruach" plus "pneuma" und damit haben diese Leute "unsere Luft" (auf fehlerhafte Art) in ihr religiöses Zentrum gezogen.
perttivalkonen schrieb:Und das hat nichts mit ruach zu tun. Auch nicht mit der Atemseele (Nefesch, Neschama, Ruach). Für unsere Denke, klar, da hängt das zusammen.
Ja, eben, "für unsere Denke".
Wenn wir beide uns also darüber unterhalten, auf was diese Leute abzielten, dann ziehen wir das Fazit "es ist unsere Luft".
perttivalkonen schrieb:Nicht wirklich, denn wie ich oben schrieb, ist das Lebendige, das aktiv Bewegende genau der Knackpunkt der Begrifflichkeit, nicht irgendeine Stofflichkeit.
Langsam, ich sage nicht, dass
die antiken Leute das Wort "Geist" hereingebracht haben.
Wenn dort "ruach" und/oder "pneuma" steht, dann steht dort "Wind", "Hauch", "Atem".
In der
späteren philosophischen Entwicklung hat man sozusagen "von der Luft abgelassen" und für "Geist" so eine Art "luftähnlichen Akteur" eingeführt.
Ich kann nicht genau sagen,
wann das der Fall war und
wie es ablief.
Mit "René Descartes" und seiner "philosophischen Analyse" habe ich zumindest einen Fall aus dem 17.Jhd., für den ich diesen Vorgang konkret angeben kann.
Vielleicht ist es in dieser Zeit geschehen, vielleicht aber auch früher - da lege ich mich nicht fest.
Dieser
Wiki-Text scheint sich auf "Descartes" zu versteifen.
Nun habe ich mal in der Luther-Bibel von 1545 nachgesehen und habe dort "GeistWind" wie auch "heiliger Geist" gefunden, was aber natürlich nichts über das dahinterliegende Verständnis aussagt.
Es kann gut sein, dass vor diesem Bedeutungswechsel mit dem Wort "Geist" (analog zu "ruach") auf etwas abgezielt wurde, wozu wir "spezielle Luft" sagen würden.
Auf jeden Fall ziele ich auf den Vorgang ab, den Wikipedia anspricht, dass nämlich die materielle Grundlage "unserer Luft" aus der Rechnung herausgenommen wurde und damit ein unsichtbarer (im Sinne von "unerfahrbar") Weltanteil eingesetzt wurde.
Unter diesem Aspekt wird, was wirklich in der Bibel steht, kritisch, wenn man "der Geist Gottes schwebte (hin und her) über dem Wasser" mit der neuen Bedeutung des Wortes "Geist" (frei von "unserer Luft") verstehen möchte, denn
das steht dort nicht.
perttivalkonen schrieb:Auch so ein Quatsch. Ich erinnere mal an Psalm104,4:
...
In einem "stofflichen Sinne" wird da gerade das Material beibehalten.
Nein, es ist kein Quatsch (siehe Wiki) und ein Psalm hilft nicht weiter, wenn es ungefähr in der Zeit von "Descartes" anzusiedeln ist, dass eine neue Ontologie ausgerufen wurde.
Selbstverständlich wird der Materialbezug in den antiken Texten beibehalten bzw. steht nicht zur Debatte, weshalb es ja grob fahrlässig ist, das Wort "Geist"
ohne saubere Einordnung der Bedeutung einzusetzen.
perttivalkonen schrieb:Ins Unverstehbare, nicht aber ins Unsichtbare.
In Ordnung, "unsichtbar" im Sinne von "nicht erfahrbar" (siehe oben).
perttivalkonen schrieb:Doch läßt sich Gott darüber nicht fassen oder begreifen.
Das "Nicht fassen" soll wohl im Sinne von "Nicht-Verstehen" zu allen Zeiten zutreffen.
Im Sinne von "Erfahrbarkeit" kann "Nicht fassen"
nicht zu allen Zeiten zutreffen, denn hier liegt (aus meiner Sicht) ein Wandel in den Ansichten vor.
perttivalkonen schrieb:Ach ja? Wenn ich den ersten Schöpfungsbericht ansehe, dann wird das "Universum" da erst geschaffen. Also Himmel und Erde, und auf der Erde dann Wasser und Land, am Himmel die Gestirne.
Leider sehe ich das nicht so und du hast "Universum" auch in Anführungszeichen gesetzt, vermutlich um auszudrücken, dass dies nur deine Interpretation ist.
Grundsätzlich (ich kann nicht sagen, ob du darauf abzielst oder nicht) halte ich es für sehr ungünstig, die damaligen Texte in Bezug zu "unserem Verständnis von RaumZeit" zu setzen.
Wir haben eine Vorstellungsschwierigkeit mit einem "Ausserhalb" umzugehen, weil uns im Grunde klar ist, dass dieser Zusammenhang nicht erlaubt (und damit falsch) ist.
Mir ist nicht klar, ob es in der Antike bekannt war, dass "Raum und Zeit" etwas ist, dass erst einmal vorhanden sein sollte, bevor irgendwelche "Inhalte" erschaffen werden können.
Ich vermute mal, das dem nicht so ist.
Die Einordnung "Gott ist Teil des Kosmos" und "Gott ist nicht Teil des Kosmos" folgt wohl eher einer anderen Überlegung, wie es
dieser Link angibt:
zitat-Wiki:
Christliche Denker entdeckten bald die sich aus der Unergründlichkeit Gottes ergebenden Folgen. Origenes wies deutlich auf den Widerspruch zwischen der immer negativeren Theologie und der positiven Sprache der heiligen Schrift hinWenn sich die Gläubigen also
nach und nach überlegt haben, was "Gott" alles
nicht sein kann, dann wird er irgendwann nicht mehr Teil des Kosmos sein können.
Diese Überlegung haben die Schreiber der Antike aber
nicht durchgeführt, weshalb die Texte den Eindruck eines "greifbaren Vorhandenseins" vermitteln.
perttivalkonen schrieb:Gott gilt nicht als Teil seiner Schöpfung. Auch damals nicht.
Klar, nicht als "Teil seiner Schöpfung", aber hier geht es um "Teil des Universums".
Um den Begriff "Wind" aufrecht halten zu können, muss sich dieser Wind irgendwo entfalten können, er muss wirken können.
Im Text steht es ja auch "schwebte hin und her".
Ein "nicht vorkommender Wind" ist kein Wind.
perttivalkonen schrieb:Ich denke mal, hier wird es jetzt Zeit, die Reißleine zu ziehen. Du denkst Dir irgendwas aus, schiebst dem AT eine Materievorstellung unter und eine Zugehörigkeit Gottes zu diesem Universum, vertauschst Unbegreifbarkeit mit Unsichtbarkeit, faselst von "Luftwörtern" und "antiker Fantasie".
Du urteilst zu schnell, wenn du behauptest, ich würde mir etwas ausdenken.
Die Problematik liegt klar und eindeutig vor.
Wir haben es mit einem Weltbild zu tun, das sich für moderne Ohren in keiner Weise schlüssig anhört, weil man von Funktionalität weit entfernt ist.
Ich erinnere nochmal an die Formulierung "nicht ich atme, sondern der Atem bewegt mich".