@Optimist Viele Einwände. Ich bin nun kein Gelehrter und muss bei dir also immer mühsam improvisieren...
Wir haben sicher verschiedene Auffassungen, und ich möchte vom Dogma nicht weg, da ich das Dogmensystem insgesamt als wahr angenommen habe, passe in meinem Vorgehen also die Argumente eher umgekehrt an.
Dein Vorgehen ist also grundsätzlich anders als meines, und ich kann dir meine Denkweise nicht vorschreiben.
Ich für meinen Teil würde aber z. B. das Bild mit dem Buch als Übergang benutzen, um daran mit der Anschauung abzugleichen, ob meine Begriffe stimmig sind: Buch übergeordnet. Blätter gehen davon aus, sind darin enthalten.
Erst mal will ich ja - lt. Dogma - zu einem anderen Ergebnis kommen: 3 Personen = gleichgeordnet. Da du dein anderes Ziel aber schon zugegeben hast, ist mein Einwand kein Argument mehr gegen deinen Gedankengang.
Enthalten im Vater...: wäre für meinen Gottesbegriff zu wenig abgehoben von der Schöpfung, die ja auch in Gott - als Idee und als Realität - enthalten ist. Denn 'in ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir.' 'In ihm hat alles Bestand.' Sry, ich mag die Stellen nicht raussuchen, sind aber ja leicht zu googlen.
'trennbar und unabhängig vom Buch'. Hier kann ich aber vielleicht ansetzen. Die drei göttlichen Personen trennen sich nie und agieren auch nie unabhängig.
Hier kommt eine philosophische Überlegung ins Spiel: Wir müssen sprachlich streng zwischen 'trennen' und 'unterscheiden' differenzieren. Unterscheiden ist gedanklich trennen. Trennen ist real trennen.
Gott aber - und das ist wichtig - ist unterschieden (in den drei Personen), aber nicht getrennt.
...Wir erleben Dinge der materiellen (Körper-) Welt immer getrennt oder trennbar, wenn wir sie unterscheiden. Dinge der geistigen Welt können wir uns bereits unterschieden vorstellen, ohne sie trennen zu müssen.
Z. B. Liebe - ein Abstractum. du kannst dir die Liebe zwischen Ehepaar N. N. vorstellen und daneben die Liebe zwischen Ehepaar F.F. Die Liebe bleibt in deinem Kopf dasselbe. Also derselbe Begriff. Derselbe, nicht nur der gleiche.
Das heißt: Abstracta haben keine Individualität.
Wir könnten uns Gott einfach als Abstractum vorstellen und hätten keine Probleme, eine gleiche Identität allen dreien, die wir - laut meiner Dreifaltigkeitstheorie - annehmen, zuzusprechen.
Nun kommt aber die Einmaligkeit hinzu, dass Gott kein Abstractum und auch keine 'unbestimmte Menge', wie z. B. 'Liebe', 'Frieden' oder andererseits: 'Mehl', 'Milch' ist, also eine Sache, die ohne Artikel steht und keinen bestimmten Ort braucht, sondern etwas Reales und Bestimmtes ist.
Etwas Geistiges und trotzdem etwas Reales, 'einmalig Existierendes'.
Kurz: Gott braucht keine Trennung, um drei Individuen zu sein, die trotzdem unterschieden sind.
Er ist so in sich eins, dass seine Liebe der einen Person zu jeder der beiden anderen jegliche Trennung aufhebt.
Die Einheit z. B. von Ehepaaren ist nur ein schwacher Abklatsch, der auch nicht zufriedenstellend gelingt, aber ein Schritt auf der Zielgeraden.
Entschuldige die Umständlichkeit. Ich verstehe sie selbst nicht gut genug mangels philosophischer Fachbegriffe.
...Die Hinweise, die du aus der Bibel anführst, dass der Vater größer ist als der Sohn und die Daten der Apokalypse weiß, die selbst der Sohn nicht weiß, sind unbestreitbar. Ich muss sie so stehen lassen, kann aber nicht deuten, wieso sie das Dogma nicht widerlegen.
Bildlich gesehen könnte ich dir allerdings vorschlagen: Eine Abfolge zeitlicher Art oder eine Vorrangstellung in der Hierarchie sagt noch nichts über das Wesen. Der Fußballspieler, der anfängt, hat dennoch im Team keine Vorrangstellung. Die Mutter, die der Tochter an Alter überlegen ist, hat trotzdem keine besseren Gene, und beide sind einander ebenbürtig: sichtbar, wenn sie z. B. sich als gleich jugendliche Schwestern präsentieren.
Dass dein Buch-Vergleich in der Bibel fehlt, beweist nicht einen Mangel, den er hätte. Beweisen wollte ich auch nicht, sondern nur den Grund für sein Fehlen dort nahelegen.
Lieber
@Optimist , es ist ganz schwierig, dass wir beide im einzelnen zusammenkommen. Denn das katholische Bibelverständnis ist anders als das bloß evangelische. Ich glaube, sogar irgendein evangelischer Christenmann hat gesagt, wenn jeder die Bibel nach Gusto auslegen würde, gäbe es so viele Auslegungen, wie es Köpfe gibt.
Ich gehe als Katholik davon aus, dass die Kirche mir die Bibel präsentiert. Früher, im Mittelalter, wurde ja bekanntlich den Gläubigen nur aus der Bibel vorgelesen, vor allem die Auszüge, die in der Leseordnung der heiligen Messe vorgeschrieben waren im Jahreslauf. Seit ein paar Jahren gibt es übrigens mehr als dreimal soviele Lesungen, da die Ordnung im Dreijahresturnus wechselt und jeweils eine dritte Lesung täglich vorgeschlagen wird. Auch werden die Katholiken vermehrt zur privaten Bibellektüre ermuntert.
Dennoch war das Vorlesen und Auslegen ein kirchliches Amt und ist es auch noch. Man ist also ganz anders gebunden als andere christliche Konfessionen. Ein Katholik betrachtet seine Hl. Schrift sowieso nicht als Schrift Jesu - denn der hat nichts geschrieben, sondern von Anfang an als Vermächtnis seiner Kirche, inklusive ihrer Deutung.
Nur um dir meine Argumentation vom Dogma her und zum Dogma hin zu erklären...
Gruß und vielen Dank für deine Lese-Geduld!