Kopten und ihre Kirche und ihr Hass auf Muslime
29.10.2009 um 11:25
Bei christlichen Antisemitismus war der Neid-Faktor massgeblich.
Warum sollten also "die reichen Kopten" auf "die armen Muslime" neidisch genug sein, um sie zu hassen.
Auf fr-online fand ich einen recht interessanten Artikel:
Sobald ich von der Gefahr einer Pandemie mit dem Namen Schweinegrippe hörte, war mir klar, dass diese Bezeichnung von gewissen Leuten, die auf der Welt im Namen des Islam sprechen und handeln, in ihrem obskurantistischen und polemischen Einflussbereich ausgenutzt werden würde. Es kam für sie wie gerufen. "Was für ein Glück!", werden sie sich gesagt haben. "Damit können wir unsere Überlegenheit zeigen. Wir hassen das Schwein, uns wird die Seuche, die vom Umgang mit dem verschmähten Tier kommt, verschonen. Und es wäre ungerecht, wenn einer von uns mit dem Übel angesteckt würde, das von Ungläubigen, den Freunden des widerwärtigen Tiers, verbreitet wird."
Wahrscheinlich wurde eben wegen der negativen Aufnahme in gewissen Randbereichen des Islam der Name für die bisher nur virtuelle Pandemie geändert. Die Weltgesundheitsorganisation und in ihrer Folge die Medien sprechen nun mit einer viel harmloseren, abstrakten Bezeichnung von der A-Grippe (H1N1). Die Auswechslung des Namens geschah bestimmt auch auf Betreiben der führenden Unternehmer in der industriellen Schweinemast, für die es zur Katastrophe käme, wenn dieses Tier weiter mit der Seuche in Verbindung gebracht würde.
Aber das Unheil ist angerichtet. Wie mir Freunde melden, greift seit drei Wochen eine gegen Schweine gerichtete Hysterie in Ägypten um sich, einem muslimischen Land mit einer starken christlichen Minorität, die Schweinezucht betreibt. Dabei handelt es sich nicht um eine Minderheit am Rande, sie stellt etwa zehn von den über 80 Millionen der Bevölkerung, also mindestens jeder neunte Ägypter ist, zumeist koptischer, Christ.
Zur Person
Abdelwahab Meddeb (geb. 1946 in
Tunis) gehört zu den bedeutendsten zeitgenössischen Denkern Nordafrikas, lebt allerdings in Frankreich und
Spanien. Bekannt wurde er durch sein Buch "Die Krankheit des Islam" – es löste innerhalb der islamischen Welt, aber auch in Europa heftige Debatten aus. Der Autor gründete die internationale Zeitschrift "Dédale" (Dädalus) und unterrichtet heute an verschiedenen Universitäten, u.a. in Yale und Genf.
Zuletzt von ihm erschienen:
"Zwischen Europa und Islam"
(115 Gegenpredigten), Heidelberg 2007, Verlag Wunderhorn. Es ist inzwischen bekannt, dass Ägypten zu den Ländern gehört, die vom Islamismus in seinen vielen Facetten betroffen sind. Dort leben heimlich zum Terrorismus tendierende militante Muslime wie auch eng mit den Muslimbrüdern verbundene Politiker. Diese üben einen beträchtlichen Einfluss auf eine Gesellschaft aus, die vom schlimmsten Übel, dem diffusen Islamismus, befallen ist.
In diesem Kontext wurde eine Kampagne zur Schlachtung von Schweinen veranlasst, die in Wirklichkeit auf die koptische Minderheit abzielte. Die Kopten haben diesen Angriff als extremen Gewaltakt aufgefasst. Er führte, mit dem Segen (oder zumindest der billigenden Gleichgültigkeit) der muslimischen Öffentlichkeit, zu der Vernichtung mehrerer Tausend Tiere. Die Suche nach verbotenem Vieh ist auch in den Frieden der Dörfer, in die christlichen Viertel und Häuser auf dem Land eingebrochen.
Mitten in Kairo hat es die Gemeinschaft der Zabbalin getroffen, christliche Müllsammler, die den kraterförmigen Steinbruch des Djebel Mukattam besiedeln, ein Felsmassiv, das sich wie eine Barriere oberhalb der Totenstadt hinzieht und Kairos mittelalterlicher Altstadt mit der Zitadelle gegenüberliegt. Am Rande dieses Trichters wohnen sechzigtausend Christen auf engstem Raum, sie leeren jeden Tag einen Teil der Mülltonnen von Kairo. Schon vor über dreißig Jahren haben sie sich hier niedergelassen. Bekannt wurden sie durch Schwester Emmanuelle (die "Mutter der Müllmenschen"; d. Ü.), die mit Sozialarbeit und Unterricht bei ihnen wirkte.
An gleicher Stelle haben sich auch ausländische Nichtregierungsorganisationen mit der Unterstützung von in Amerika und Europa lebenden Ägyptern dafür eingesetzt, den Bewohnern des Viertels beizubringen, wie man Plastik von Metall und Papier von Biomüll trennt. Nach diesen vielen Hilfen ist die Gemeinschaft der Zabbalin dabei, ein wenig Wohlstand zu erwerben. Zum Beispiel wird Plastikmüll in einfachen Fabriken geschmolzen.
Die Fabriken stellen eine Rohmasse her und die gesamte Produktion wird von China aufgekauft. Außerdem werden in Indien erprobte Techniken übernommen, um aus einem Teil der Abfälle ein Biogas zu gewinnen, das in den Haushalten bei der Zubereitung des Essens verwendet werden kann. Alle Reste menschlicher Nahrung werden den Schweinen verfüttert. Neben ihrer wirtschaftlichen Bedeutung ist die Schweinezucht also in einen Zyklus vollständiger Verwertung des Mülls eingebettet, was die Luftverschmutzung bedeutend verringert, in diesem ungeheuren Ballungsraum von Kairo mit der schlechtesten Luft des gesamten Globus.
Eben diese Schweinezucht wurde angegriffen. Freilich, die Zabbalin, besonders die Jungen, haben sich gewehrt: die Ordnungskräfte wurden mit einem Hagel von Steinen empfangen. Doch ist zu bedenken, dass sich die Zabbalin just in dem Moment bedroht fühlen, da es ihnen etwas besser geht und sie aus dem Elend herausgelangen. Sie werden zur Zielscheibe der Behörden, wo doch ihr Fall für den gesamten Rest des Landes das Vorbild einer wirtschaftlichen und ökologischen Entwicklung aus eigener Kraft sein sollte.
Diese Auffassung wird jedenfalls von einigen Nichtregierungsorganisationen vertreten, die an Forschungseinrichtungen und internationale Entwicklungsprogramme angeschlossen sind und sich um Umweltschutz und Nutzung erneuerbarer Energien mit Hilfe der vor Ort vorhandenen Möglichkeiten und Fähigkeiten kümmern.
Hier ist auf drei Tatsachen hinzuweisen, zunächst auf die offensichtlichste: Bei der Vogelgrippe, die in Ägypten mehrere Tote forderte, war keine Hysterie gegen Geflügel zu beobachten. Es wurden keine Schlachtungen verfügt, obwohl sie vielleicht an gewissen Orten angebracht gewesen wären. Hinter der Maßnahme zur Tötung der Schweine steht also nicht die Sorge um die öffentliche Gesundheit, zumal kein einziger Fall der A-Grippe festgestellt wurde.
Der unterschiedliche Umgang mit Geflügel und Schweinen, diese ungleich stärkere Aggression gegen das Schwein, ist das Symptom einer Phobie, einer Wahnvorstellung. In der Reaktivierung des Wahnbilds vom Schwein zeigt sich die Beziehung, die eine muslimische Gesellschaft zu ihrer christlichen Minderheit unterhält.Der Ekel vor dem Schwein ist überdies weder mit Erwägungen der Hygiene noch des guten Geschmacks zu begründen. Die Qualität und Schmackhaftigkeit des Schweinefleischs wird von Völkern unterschiedlicher Glaubensauffassungen weltweit geschätzt, von den Chinesen über die Japaner, Europäer, Afrikaner bis zu den Amerikanern, von Taoisten und Shintoisten, Christen und Animisten. Das von Juden und Muslimen geteilte Verbot gehört eher in die Kategorie einer mit einem Tabu abgewehrten Sitte. Diese wird nach einem göttlichen Spruch als "bedeutende Unreinheit" eingestuft, um etwa die Islamgelehrten zu zitieren. Das Verbot im Koran (Koran, II, 173; V, 4; XVI, 116) ist ein mosaisches Erbe (Lev. 11, 17; Dtn, 14, 8), das übrigens von Jesus Christus aufgehoben wurde (Mt. 15, 2, 17-20; Mk. 7, 15-23).
Um eine Vorstellung vom Bild des Schweins zu gewinnen, wie es im islamisch-religiösen Bewusstsein besteht, kann man einen noch heute gelesenen Text des großen klassischen arabischen Gelehrten Al-Djahiz (9. Jahrhundert) heranziehen. In seinem Buch der Tiere erkennt der Autor die Schmackhaftigkeit des Fleisches an und weist darauf hin, dass es bei Banketten der römischen und persischen Kaiser gereicht wurde. Aber als Allesfresser, der manchmal auch Exkremente verschlingt, sich zudem brünstig und ausgiebig paart, wird das Schwein zum Symbol für Schmutz, Laster und Wollust. Außerdem gilt es als unreinlich, weil es sich im Schlamm wälzt.
Die Schlachtungen gehorchten einer Abneigung gegen das Schwein, manche würden sie gerne auf alle ausdehnen, die Schweine essen und halten, wie die Christen. Das führt uns wieder zu den Kopten. Ihre Geschichte in ihrem eigenen, seit der Mitte des 7. Jahrhunderts vom Islam dominierten Land, kannte Zeiten der Ruhe, wenn nicht des Ruhms, neben Zeiten der Unterdrückung und Verfolgung. Die Minderheit ist Gast der Mehrheit, und, wie jeder Gast, mitunter auch Geisel. Aber von dieser langen Geschichte möchte ich nur das Beste behalten. Die Chronik des Islam zählt viele koptische Persönlichkeiten, die dem Staat dienten und zum Reichtum oder zur Verschönerung des Gemeinwesens beitrugen.
Ich werde nie vergessen, dass es der koptische Baumeister Ibn al-Katib al-Firghani war, der im 9. Jahrhundert die glänzende Ibn Tulun-Moschee errichtete, die mir Frieden und Epiphanien gewährt, wenn ich mich im Halbdunkel unter ihren hohen Bögen aufhalte. Zwei andere koptische Baumeister hatten für Saladin die Zitadelle und Stadtmauer erbaut, die von der Stiftung des Aga Khan kürzlich restauriert und freigelegt wurde. Dies nur zur Erinnerung, damit das islamische Bewusstsein anerkennen möge, was sein großartiges kulturelles Erbe dem Genie dieser Christen und ersten Bewohner des Nilufers verdankt.
Wenn wir zu den Problemen der Gegenwart zurückkehren, ist auch daran zu erinnern, wie die Kopten in der jüngeren Geschichte vom herabsetzenden Status des Dhimmi befreit wurden, eines Schutzbefohlenen, der nur als niedriger gestellt und minderwertig akzeptiert wird. Ein erstes Umdenken begann, als 1855 der Khedive Said die Djizya abschaffte, eine vom Koran abgeleitete Kopfsteuer und der Ausdruck für diese Erniedrigung. Eine weiteres Stück des Wegs wurde beschritten, als mit Regierungsantritt von Tawfiq Pascha (1879-1892) die Kopten zum Militärdienst zugelassen wurden. Danach folgte im Rahmen des staatlichen Modernisierungsprozesses die Anerkennung der Gleichheit aller Bürger, unabhängig von ethnischer und religiöser Zugehörigkeit. Dieser Grundsatz wurde im Dekret vom 21. Juli 1913 festgehalten und schließlich 1922 in die Verfassung Ägyptens aufgenommen.
Eben dieser Grundsatz der Gleichheit aller Bürger, das Unterpfand des modernen Zusammenlebens, wird bedroht durch den weiterhin in den Köpfen herumgeisternden Status des Dhimmi, sobald ein Streben nach der Scharia auftaucht. Sie ist (auch in symbolischer Form) ein Rückgriff auf die religiöse Gesetzgebung, und wird politisch als Herausstellungsmerkmal für eine eigene Identität geltend gemacht. Dieser Geist geht in Ägypten um, seit Sadat die Islamisten unseligerweise wieder in die Politik gebracht hat. Und dieses Überbleibsel in den Köpfen äußert sich in der Hysterie gegen Schweine, die mit der Nachricht von der A-Grippe aufgekommen ist.
Aus dem Französischen von Beate Thill