Kann man die Nichtexistenz Gottes beweisen?
20.08.2021 um 22:33Optimist schrieb:so wie ich bis jetzt Atheisten verstehe, geht es ihnen gar nicht um eine Sicherheit bei diesem Thema. Sie interessiert es im Grunde gar nicht, ob es Gott gibt oder nicht.Aus meiner Sicht kommen bei dir die Atheisten da bisschen zu gut weg. ;) Das was du beschreibst sind eher die Agnostiker. Vereinfacht gesagt ist es so:
Allerdings halten sie es für sehr unwahrscheinlich, dass es einen gibt. Sicher können natürlich auch sie nicht sein, aber wie gesagt, darum geht es ihnen gar nicht.
Sie sehen es ganz einfach so: Gott lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht beweisen und gut ist.
Agnostiker: kann man nicht sagen, ob es einen Gott gibt oder nicht und wird man nie abschliessend beweisen können
Atheist: gibt es nicht
Aus wissenschaftlicher Sicht ist es soweit ich weiss auch keine Intention, eine Nichtexistenz Gottes zu beweisen. Es ist ja eher so, dass früher alles, was man nicht erklären konnte (Blitz, Donner, Tag, Nacht, Sonnenfinsternis, Regen, Schnee...) auf eine oder mehrere Gottheiten zurückgeführt wurde. Mit der Entwicklung der Menschheit und der Wissenschaft gewann man immer mehr Wissen, wie gewisse Phänomene entstehen. Aber nie mit der Intention zu sagen „es gibt keinen Gott“. Die Erkenntnis war da eher: „ob es ihn gibt oder nicht, er lässt es jedenfalls nicht donnern“. ;)
Was mir bei vielen Atheisten, mit denen ich zu tun hatte, aufgefallen ist, war eine sehr bornierte und ignorante Einstellung gegenüber Gläubigen. Da wurden dann noch paar Stammtischargumente wie pädophile Priester und Kreuzzüge – was beides selbstverständlich abscheulich ist, da widerspreche ich nicht – zusammengesucht und auf Feindfahrt gegangen.
Ich finde man muss da separieren.
1. Die Religion als Theorie
2. Die Kirche als Institution
3. Der persönliche Glaube.
Die Religionen als Theorie kann man fast alle plump auf zwei gemeinsame Nenner runterbrechen. 1. das irdische Leben ist nicht das Ende von allem und 2. geht bisschen anständig miteinander um. Sicher, die Theorien bzgl. Leben nach dem Tod, Nirvana etc. unterscheiden sich teilweise deutlich und die Moralvorstellungen könnten in einigen Religionen bisschen Auffrischung vertragen und Moral/Ethik geht auch ohne Religion —> Kant. Aber grundsätzlich nichts Schlechtes.
Die Kirche als Institution (und die Pendants zur Kirche in anderen Religionen) sind oft schwieriger. Oft kommt bei den Institutionen „Wasser predigen, Wein saufen“ (sorry für das schlechte Wortspiel in diesem Kontext) vor. Pädophilie, Inquisition, Religionskriege, das volle Programm. Es ist aber nicht so, dass die Kirche das exklusiv hat. Sie ist lediglich eine Variante für Menschen an Macht zu kommen. Und wo Menschen machtgeil sind, dort gilt „divide et impera“, „wir gegen die“ zur Machterhaltung. Religionen, Nationen, meine Fresse Menschen können sich sogar wegen Fantum zum falschen Fussballverein kloppen.
Und obwohl ich die Kirche als Institution als problematischstes Feld sehe, hat auch sie ihre Meriten. Nur schon das Konservieren des Wissens in den Klöstern im Mittelalter ist da ein gutes Beispiel.
Der persönliche Glaube kann dem Individuum sehr helfen. Wenn man nicht missionieren geht, ist das jedem selbst überlassen. Und wenn jemand in schlechten Zeiten durch den Glauben an Gott Kraft tankt, wenn er/sie Trost findet nach dem Tod eines lieben Menschen, beim Gedanken sich im Paradies wiederzusehen – wer bin ich da dazwischenzuquatschen? Ich beneide sogar oft Leute, die so viel Kraft aus ihrem Glauben tanken können.
Viele Atheisten, die ich kenne (gibt sicher genug andere, die reflektierter an das Ganze gehen) vermenglagen das alles und hauen dann eben pauschale Aussagen raus. Kreuzzüge schlimm, also Trost im Glauben an Himmel auch doof.
Persönliche Anekdote. Kumpel von mir (selbst atheistisch) hat von einem Kommilitonen geschwärmt (Studienfach ist nicht so wichtig. Will hier nicht den Eindruck entstehen lassen, dass gewisse Studienfächer für doofe Aussagen affiner sind). „Der hat gesagt, dass die Welt ohne Religionen besser wäre und es kaum Kriege gäbe und ich glaube er hat recht.“ Meine Antwort: „Ich würd so jemanden exmatrikulieren lassen und nie wieder eine Uni betreten. Das ist ein Extremist, der viel zu wenig kritisches Denken mitbringt, um das im Studium gelernte richtig in die Welt zu bringen.“ Als mich mein Kumpel fragend ansah, hab ich ihm erklärt, dass ich es nicht so meine, aber wie gefährlich solch absolutes Denken sein kann. Und bei solchen Aussgen wird Atheismus auch zu einer Art Fanatismus.