Das Paradoxon, dass ausgerechnet die AfD bei Arbeitern hohen Zuspruch erfährt, kann man möglicherweise mithilfe eines aktuellen Spiegel-Artikels zum Bürgergeld ein wenig auflösen. Der Spiegel schreibt:
An dieser Stelle fängt es mit den Lebenslügen an. SPD und Grüne versprechen sich vom Bürgergeld ein Ende der einfachen, sogenannten ungelernten Arbeit. Anders als bei Hartz 4 hat deswegen nicht mehr die Vermittlung in Arbeit den klaren Vorrang, sondern die Weiterbildung. Einziger Haken: Die einfachen Arbeiten gibt es noch. Millionen Menschen, Deutsche wie Nichtdeutsche, erledigen sie und zahlen Steuern und Abgaben von ihren Gehältern. Von der einfachen ungelernten Arbeit gibt es sogar so viel, dass geschätzt etliche Hunderttausend solcher Stellen vakant sind, was das Wirtschaftswachstum bremst und Christian Lindner die Haushaltslöcher reißt.
Quelle:
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/buergergeld-ist-auslaendergeld-kolumne-a-244870b6-cf97-4d4c-b3a3-5893a2f56e57?dicbo=v2-3nufHaMNun schreibt der Autor weiterhin:
Ich habe seit Langem den Verdacht, es liegt vor allem darin, dass linke Sozialdemokraten (und Grüne) einfache Arbeit und die, die sie tun, insgeheim verachten. Diese Menschen passen nicht in ihr gesamtgesellschaftliches Aufstiegs-Mantra, wonach ein Leben nur »geglückt« zu nennen ist, wenn der, der es führt, etwas aus sich macht und seine Eltern überflügelt, vor allem bei der Bildung. Einfache, körperliche Arbeit ist in dieser linken Welt nur ein ungnädiges Schicksal, das in einer gerechten Gesellschaft jeder hinter sich lassen sollte.
Quelle: ebda.
Wenn es also stimmt, dass der SPD, die eigentlich traditionell, und vom eigenen Anspruch her,
die Arbeiterpartei und Partei der kleinen Leute sein müsste, ihre eigentlich wichtigste Wählergruppe nicht in den Kram passt, ihnen peinlich ist, es sie (wegen des Bildungs- und Aufstiegsversprechens) eigentlich gar nicht (mehr) geben dürfte - ja dann wundert es einen ja eigentlich gar nicht mehr, wenn die AfD heute in der Wählergunst der Arbeiter obenan steht.
Das ureigene logische Wählerklientel links (bzw. rechts) liegen zu lassen, sich deren Sorgen und Nöte nicht anhören zu wollen, ist doch für eine demokratische Partei mehr als fahrlässig, und angesichts der Auswirkungen nicht nachvollziehbar.
Dort, wo die AfD Erfolge feiert, kratzt die SPD an der 5%-Hürde.
Wäre es nicht einfacher, die SPD wieder attraktiv für kleine Leute zu machen, als sich ständig an der AfD abzuarbeiten?