richie1st schrieb:Auch finde ich, dass Worte wie "Verstümmelung" reine Polemik sind. Beschnittene sind auch keine Krüppel oder Behinderte.
Dir ist hoffentlich nicht entgangen, dass diese Diskussion 1:1 auch bei Mädchen geführt wird, es ziemlich lange gedauert hat, bis der Begriff Verstümmelung dafür akzeptiert war und dass es nach wie vor auch beschnittene Frauen gibt, die diesen Begriff vehement ablehnen? Die nennen das nicht FGM (=female genital mutilation) sondern FGC (=female genital cutting). Die sagen ganz klar: "I was not mutilated!".
Niemand möchte verstümmelt sein, insbesondere dann nicht, wenn sie/er diesbezüglich überhaupt keine Wahl hatte und es die eigenen Eltern waren, die mit dem Skalpell an den Genitalien waren. Trotzdem nennen wir das ganze ganz klar FGM und nicht FGC.
Wenn du dir die Definition von "Verstümmelung" ansiehst, wirst du nicht umhinkommen festzustellen, dass diese eine subjektive Komponente hat: Wikipedia sagt z. B.:
"Verstümmelung (alternative Schreibweise: Verstümmlung) bezeichnet die als nachteilig bewertete, radikale Veränderung der Gestalt durch äußere Einwirkung."
Knackpunkt hier ist also die nachteilige Bewertung. Und wer kann diese Bewertung nur vornehmen? Derjenige dem der Körper gehört natürlich. Was dem einen seine verschönerndes Lippenpiercing wäre dem anderen eine schwere Verstümmelung.
Ich habe daher überhaupt kein Problem damit, wenn ein Beschnittener von sich aus sagt, er sei nicht verstümmelt. Alles prima, sein gutes Recht, er muss nichts vermissen, was er nicht vermisst. Es gibt aber genügen Zwangsbeschnittene die dies sehr wohl als Verstümmelung empfinden und diese haben jegliches Recht, das was ihnen angetan wurde, als Verstümmelung zu bezeichnen.
Grundsätzlich ist aufgrund der Subjektivität zunächst einmal eine jegliche solche körperliche Veränderung eine Verstümmelung und von diesem Vorwurf kann sie nur derjenige freimachen, der sie erlitten hat. Aber auch nur wirklich der.
Und es ist völlig klar: Wenn Sie einen x-beliebigen Mann von der Straße holen würden und diesen Zwangsbeschneiden lassen würden, würde dieser mit annhähernd 100%iger Wahrscheinlichkeit sagen, dass er verstümmelt wurde. Insofern nehme ich mir heraus, das ganze Verstümmelung zu nennen, es sei denn, derjenige, dem der Körper gehört, nimmt selber davon Abstand und sieht sich nicht oder möchte sich nicht als verstümmelt ansehen. Dem Gegenüber verzichte ich dann auch gerne auf den Begriff. Da spreche ich dann aber auch bei Mädchen von FGC und nicht FGM. Pauschal und ohne Ansehen der Person ist es aber eine Verstümmelung und die nenne ich auch so, so wie ich FGM dann auch FGM nenne.