Tussinelda schrieb: wo Du nicht wissen willst, was ich meine ;)
Ich hab es doch schon geschrieben: Artikel 1 (und 20) haben Vorrang vor allen anderen Artikeln, weil sie "unumstößlich" sind, während die anderen, auch Artikel 2, leider mit Zweidrittelmehrheit geändert oder gar abgeschafft werden können.
Artikel 2 (körperliche Unversehrtheit) beinhaltet also schon immer die (Be-)Achtung des Artikels 1, solange Artikel 2 gilt. Würde er abgeschafft, wäre aber auch Artikel 1 nur noch eine ziemlich leere Hülle, weil körperliche Verletzung mit der Menschenwürde schwer vereinbar ist, obwohl das bis vor 50 Jahren (körperliche Züchtigung der Kinder) offenbar noch zu gehen schien. Das heißt aus meiner Sicht verletzten Verstöße gegen "nachgeordnete" Artikel immer auch Artikel 1. Wenn also sagen wir mal bei einer fiesen Rechtsregierung 2/3 des Parlaments beschließt, das GG quasi zu entsorgen, bleiben die Artikel 1 und 20 wegen ihrer Ewigkeitsgeltung zwar bestehen, haben aber keinen Inhalt mehr.
Daher ist Artikel 1 nicht nur wegen der Erstnennung vorrangig; er verliert in dem Maß an Substanz, in dem andere Artikel wegfallen. Man kann auch sagen: Alle Artikel des GG sind mit Artikel 1 verknüpft, während Verknüpfungen untereinander (ohne Artikel 1) eher rein zufällig wären, z.B. Religionsfreiheit und Meinungsfreiheit. Man könnte sich auch Meinungsfreiheit ohne Religionsfreiheit vorstellen (so wie das die AfD will), dann wäre aber wiederum Artikel 1 mit verletzt, weil zur Menschenwürde auch die freie Ausübung des Glaubens gehört; würde der Islam verboten, das Christentum aber nicht, wären die Muslime gegenüber den Christen in ihrer Menschenwürde beeinträchtigt und verletzt. Deshalb tut man sich ja auch (zu recht) mit dem Burkaverbot so schwer und muss auf ein Vollverschleierungsverbot rekurrieren. Bei einem reinen Burkaverbot wäre aber auch Artikel 1 mit betroffen, weil es die Muslime gegenüber den Christen und Andersgläubigen in ihrer Religionsfreiheit beeinträchtigen bzw. benachteiligen würde.
Ist aber reine Interpretationssache, und das war meine Interpretation. Ich bin auch kein Jurist.