Tussinelda schrieb:Von Rassismus betroffene Menschen sind weder verpflichtet, noch sollte man das erwarten, anderen Menschen den Anti-Rassismus- Lehrer zu geben.
Warum sollte man das nicht erwarten, dass sie anderen Menschen den Anti-Rassismus-Lehrer geben? Immerhin ist es doch ihr ureigenes Anliegen, Rassismus - respektive den entsprechenden Sprachkode aus der Welt zu schaffen, also wäre es doch sinnvoll, wenn sie den Leuten, die das nicht verstehen, erklären könnten, warum sie das wollen.
Weil "man das heute nicht mehr so sagt" ist halt für viele keine ausreichende Erklärung.
Wird entsprechend gerne auch mal als Willkür wahrgenommen.
Insbesondere dann, wenn die Belehrten nicht klar nachvollziehen können, warum man (wer ist das überhaupt, dieser "man" der das nicht mehr sagt? .. so pauschal kann man das schon mal nicht als korrekt werten) das nicht mehr sagt, wo man es doch offenbar in seiner Wahrnehmung sein ganzes Leben lang eben doch so gesagt hat.
Hier fangen ja schon die ersten Probleme in der Kommunikation an, und da müsste man meiner Ansicht nach in die Tiefe gehen. So oberflächlich schafft es offenbar öfter mal Konflikte.
Tussinelda schrieb:Wer in dem Alter nicht mitbekommen haben will, dass man N**er nicht sagt, weil es ein rassistisches Wort ist, sondern darauf besteht, zu sagen, was er schon immer gesagt hat, den interessiert es wohl sowieso nicht, dass er andere Menschen durch die Sprachwahl - extra noch mehrfach wiederholt - verletzt.
Das ist etwas, das man nicht wissen kann. Die Motivation kann hier vielfältig sein, und ich denke, es wird weniger was mit Desinteresse als viel mehr mit Unverständnis zu tun haben.
Das sollte man durch Aufklärung auflösen, wenn man daran interessiert ist, ein umfassenderes Verständnis zu wecken. So ist zumindest meine Vorstellung von gelungener Kommunikation, mit gegenseitigem Respekt, der hier einfach unabdingbar ist, so denn irgendwas davon fruchten soll.
Tussinelda schrieb:Alte oder ältere Menschen sind weder blöd, noch sind sie unfähig zu lernen oder sich zu informieren. Wissen ist keine Bringschuld Betroffener.
Zunächst kann man das so nicht verallgemeinern. Es gibt sehr wohl auch psychisch kranke, sehr wohl eingeschränkte in der Lernfähigkeit und Blöde, .. auch und gerade auch unter den Alten, weil sie nun mal in der Tendenz eher kognitiv abbauen können, als andere Gruppen. Das muss hier berücksichtigt werden, um auch die Haltung der Gegenseite verstehen zu können.
Wissen ist darüber hinaus auch keine Einbahnstraße, sprich, es kann in so einer Situation nicht einfach vorausgesetzt werden - niemals von niemandem. Hier heißt es immer nachhacken, wenn man jemandem mit bestimmten, ihm offenbar nicht zugänglichen, kulturellen Gepflogenheiten konfrontieren möchte.
Wobei die Behauptung "sagt man heute nicht mehr" auch gar kein Wissen im eigentlichen Sinne ist. Das ist eine Verallgemeinerung, eher eine Halbwahrheit die so einfach nicht als "wahr" gewertet werden muss, weil es durchaus noch Teile der Gesellschaft gibt, in den man es eben heute auch noch so sagt, und es auch ganz leicht nachvollziehbar begründen kann.
Ich würde es also folgendermaßen anbringen:
"Wissen sie, dass der Begriff "Negerkuss" von vielen Schwarzen als diskriminierend gewertet wird, und sich deshalb die Mehrheitsgesellschaft dazu entschlossen hatte, besser darauf zu verzichten?"
Da hätte der Alte kaum einen Punkt, um das aushebeln zu können. Er könnte bestenfalls noch nachfragen: "Ja, warum fühlen sich die Schwarzen so, wo er das doch sein ganzes Leben lang so verwendet hatte, und es niemanden störte" etc.
Dann legt man los, und erzählt ihm was von Assoziationen, die man als Mensch hat, wenn man den Begriff hört. Von den furchtbaren Verbrechen, die an Schwarzen aufgrund ihrer Hautfarbe verübt wurden, wobei diese so abwertend klingenden Worte immer eine deutliche Rolle in der Unterdrückung gespielt hatten, usw. Man weckt hier also das Mitgefühl des Alten, und zeigt ihm, dass man einfach nur ein Mensch ist, der verletzlich in dem Punkt geblieben ist, was doch eine ganz andere Basis für Verständnis schaffen könnte.
Schließlich geht es ja darum, dass Leute im Inneren verletzt werden, und deshalb muss man ihnen klar machen, wo genau und wie das passiert. Man kann ja nicht in den anderen rein gucken, und sieht nicht, warum jemand innerlich aufgewühlt wird.
Tussinelda schrieb:Wenn man keine Absicht hatte, jemanden zu verletzen, dann entschuldigt man sich und zwar erst recht, wenn man sieht/hört/erlebt, wie sehr es die betroffene Person offenbar berührt, verletzt. Aber nein, da kann man sich einfach darauf zurückziehen, dass das schon immer so war.....meinste der alte Herr denkt auch noch er müsse/dürfe erlauben, dass seine Frau ein Bankkonto eröffnet oder arbeiten geht? Oder dass erzwungener Sex in der Ehe keine Verwaltigung ist? Immerhin wurde das Letztere ja erst 1997 zur Straftat.
Keine Ahnung, was der Alte wirklich denkt. Das ist ja gerade das Problem.
ahri schrieb:Sachdienlich wäre es mMn gewesen, wenn der ältere Herr nicht direkt in eine Abwehrhaltung gegangen wäre, nur weil man ihn aufklären möchte. Keine Ahnung wieso da niemand ansetzt.
Schwieriger Punkt. Vllt kannst du mit den Worten, die ich gerade oben dazu schrieb, was anfangen. Wenn nicht, ist es auch ok. Ich sehe einige Dinge einfach etwas anders, will aber grundsätzlich nicht in Frage stellen, dass man da auch anders reagieren kann.