Realo schrieb am 02.10.2020:Ach, viel mehr als dass "die Polacken stinken und klauen" war da nicht übrig geblieben. Das erste wirkliche rassistische Feindbild der Nachkriegs-Deutschen waren eher die Sinti und Roma ("Zigeuner"); viel stärker verankert war aber der nichtrassistische Groll auf die Siegermächte und die Beschämung gegenüber den Amis, die den Kindern Süßigkeiten schenkten und der Jugend Rock'n'Roll brachten.
Da muss ich teilweise widersprechen. Es wäre ja schon ein Wunder gewesen, wenn der Hass auf Juden, Slawen und Roma/Sinti, der in den 12 Jahren Nazi-Herrschaft täglich geschürt wurde, mit Knopfdruck 1945 verschwunden gewesen wäre. In Bezug auf Slawen/Osteuropäer gab es auch (in Westdeutschland) nach 1945 keine Versöhnung (anders als etwa beim vormaligen "Erzfeind" Frankreich) und keine Aufarbeitung (es gibt meines Wissens in ganz Deutschland kein Denkmal für die Millionen ermordeten Slawen). Und die Assoziation Osteuropa=minderwertig hat sich bis heute gehalten. Ich hatte in meiner Jugend einige russlanddeutsche Freunde, die obwohl sie keine Russen, sondern eben deutschstämmig waren - und auch so aussahen - und deutsche Namen hatten, die nicht in manche Diskos durften (wegen des Geburtsorts im Pass) und regelmäßig aufgrund ihrer russischen Herkunft angefeindet wurden (in den 90er und 00er Jahren).
Und waren es in der NS-Zeit vor allem osteuropäische Zwangsarbeiter, die in den Betrieben oder Bauernhöfen ausgebeutet wurden, sind es auch heute noch überwiegend Osteuropäer, die als Erntehelfer oder am Fließband Drecksjobs machen.
Wären Osteuropäer nicht weiß, dann würden Antirassisten wohl über Generationen fortwirkende Machtstrukturen erkennen können. Aber die sind eben auf den globalen Süden fokussiert und ignorieren die historische Rolle Deutschlands in Osteuropa.