navi12.0 schrieb:Nicht mal das will mir ehrlich gesagt so richtig einleuchten. Weiß zwar jetzt nicht, welche Definition du hier zugrunde legst, bin mir aber rel sicher, dass es darin ebenso um etwaige Herabwürdigungen bzw Benachteiligungen gehen muss, um von "Strukturellem Rassismus" sprechen zu können. Wo diese Benachteiligung in solchen Fragen gegeben sind, erschließt sich mir nicht.
Nein. Struktureller Rassismus kann auch dann vorliegen, wenn niemand es böse gemeint hat. Beispielsweise dadurch, dass eine wohlmeinende Tat oder ein neutraler Prozess im Ergebnis trotzdem zu einer Diskriminierungserfahrung führt.
Das ist bei der Frage nach der Herkunft insofern gegeben, als dass Poc Menschen dadurch regelmäßig daran erinnert werden, dass man sie nicht als gebürtige Deutsche ansieht, sondern als von 'woanders her'. Das hat einen Effekt auf Menschen, viele PoC nehmen es als diskriminierend wahr, das gefragt zu werden.
Es ist ein Prozess, in dem letztendlich die Ansicht "diese Person ist nicht so 100% deutsch" gefestigt wird. Sonst müsste man ja nicht fragen und ggf. sogar verschnupft auf die Antwort 'aus Deutschland' reagieren.
navi12.0 schrieb:Gut, dem kann ich schon zustimmen. Zumindest würde hier so viel Sensibilität angebracht sein, dass man solche Fragen erst ab einem gewissen Grad an Vertrautheit stellt. Oder, dass man zunächst erfragt, ob es einem was ausmacht, wenn man sowas fragt, und erst mit Erlaubnis diese Fragen stellt. Ist eine durchaus gängige Praxis, solche etwas persönlicheren Fragen mit noch einer Frage davor zu stellen.
Mit der Floskel "Darf ich fragen.." ist das ganzen im Großen und Ganzen schon entschärft, meine ich. Kann jeder nach Belieben mit ja oder nein beantworten, und das wars. Kein Drama.
Irgendwie muss die Gesellschaft auf die Befindlichkeiten beider Seiten reagieren. Es gibt die Neugierigen, die genau wissen wollen, mit wem sie es zu tun haben, gerade wenn die (noch) etwas "exotisch" anmuten. Ist erstmal im Grunde ihr gutes Recht. So funktionieren Zwischenmenschliche Beziehungen, und darauf fußt unser ganzes Miteinander.
Und es gibt die, die das für zu aufdringlich, übergriffig, oder gar für "ausschließend" halten -im weitesten Sinne von othering-, wie im Falle der PoC zB.
Da braucht es einen vernünftigen Konsens, der für beide Seiten gesichtswahrend ist.
Kein Mensch lässt sich gerne gerade heutzutage als Rassist brandmarken. Schon gleich gar nicht, wenn es keine ausreichend objektiven Kriterien für solch eine Anschuldigung gibt.
Das wird so nicht funktionieren.
Man kann, wenn man miteinander Vertraut ist, vieles besprechen. Das ist klar. Das geht es eher darum, dass Weiße Menschen diese Grenzen besser verstehen. Genauso wie es richtig ist, wenn Männer heute besser verstehen, dass Altherrenwitze schon irgendwie sexistisch sind, auch wenn sie nett gemeint waren.
Ich würde da gar nicht so sehr vom Konsens sprechen, als eher von Verständnis und Empathie. Wenn viele Menschen begreifen, warum es nicht schön ist, dauernd gefragt zu werden, wo man her kommt, werden die das auch nicht mehr machen. Und die, die das machen, werden dann nicht als besonders neugierig sondern als penetrant wahrgenommen. Neugierig sein ist ja in Ordnung, aber Grenzen muss man kennen. Ist ja bei anderen Themen auch so.
Ich würde ja auch nicht sagen "es gibt leute, die sind etwas forscher, es ist deren gutes Recht, anzügliche Bemerkungen zu machen". Da würde man auch sagen, es gibt einen Ort und eine Zeit für anzügliche Bemerkungen und die kommt erst dann, wenn man dazu Signale bekommen hat.
Recht gebe ich dir darin, dass man zwischen 'rassist' und 'rassistisch' stark unterscheiden muss. Macht aber kaum einer.Man bräuchte da eigentlich bessere Begriffe.
Rassist impliziert, dass man ein schlehter MEnsch ist. Dass ein verhalten rassistisch ist soll eigentlich bedeuten, dass man das bitte ändern könnte. Aber das führt trotzdem zu einer starken defensivbewegung.