Tussinelda schrieb:Warum ist es so wichtig, N***r sagen zu können, wenn Betroffene das Wort untereinander verwenden? WARUM? Weil Du die Historie einfach ausblendest? Weil Schwarze Menschen die Worte, mit denen sie von weißen Menschen fremdbezeichnet und herabgewürdigt und entmenschlicht wurden schlicht nicht verwenden können sollen, wie sie wollen?
Ich für meinen Teil -und das hab ich hier auch schon mehrfach beschrieben- würde es aus "anarchistischen" Gründen verwenden wollen. Aber auch nur dann, wenn absolut klar ist, dass, es niemandem zu nahe tritt, wie zB im Hiphop, oder wie es im Film, in der Literatur im Kabarett, bzw ganz simpel manchmal auch unter vertrauten Personen verwendet wird, um sich zu necken, um eine besondere Verbundenheit zu signalisieren, um sich über das Spießertum zu erheben. Floskeln wie "hey du Penner, fick dich Weißbrot, yo my nigga" sind einfach Standardphrasen, und gehören quasi zum guten Ton. Auch wenn das erstmal ganz anders klingt.
Hat allerdings nichts mit dem standardisierten Sprachgebrauch a la Duden zu tun, sondern ist ein recht eigenständiger Code, der in bestimmten Szene durchaus Kulturgut ist. Kleiner Auszug aus dem richtigen Leben da draußen, das neben jeder PC-Richtschnur prächtig blüht und gedeiht, und wo sich die Menschen auch nicht ständig an die Gurgel gehen. Zumindest nicht wegen der Worte.
Hier fände ich es sehr angebracht, wenn sich hardcorde PC Vertreter einfach mal etwas zurück nähmen, und die Leute Leute sein lassen, ohne ihnen unnötig auf die Pelle zu rücken, und sie gleich als Rassisten zu verschreien. Serdar S und Lisa E sind da ganz prominente Beispiele. Auch nicht gerade wenig andere, die es wagten das N-Wort in einem völlig neutralen Kontext zu erwähnen, haben es bereits bitter bereut, (siehe hier:
Spoiler https://www.nzz.ch/international/n-wort-amerikas-explosivstes-wort-ld.1614314 ) was ich persönlich als für zu übertrieben empfinde, denn erstens tut hier der Teil der Antirassisten so, als sein die meisten oder sogar alle PoC gleich (das ist eine unzulässige Verallgemeinerung und ein semirassistisches Gedankenmuster), und könnten nicht erkennen, dass das keine rassistische Beleidigung ist, und zweitens stilisiert man eine ganze Minderheit zu überempfindlichen Opfern, was sie ebenso wieder auf ein dümmliches Klischee reduziert, und damit als Individuum herab würdigt. Die Dinge sind hier schon was komplexer, wie man wohl recht deutlich erkennen kann.
Zur Erinnerung: Anarchie bedeutet Herrschaftslosigkeit, also geht es im übertragenen Sinne darum, sich von irgendwelchen quasi "von oben" aufgezwungenen Verhaltensnormen zu befreien, und sich direkt auf Augenhöhe als Mensch zu Mensch zu begegnen. Nur dieses "von Mensch zu Mensch auf Augenhöhe" kann das Gruppendenken und die darin enthaltenen Vorurteile so weit zurück schrauben, dass Rassismus keine Rolle mehr spielt, behaupte ich. Mal ein Ansatz ganz ohne antirassistische Identitätspolitik, die auch nicht grade unproblematisch ist.