sacredheart schrieb:Ich rechne am Ende mit einer Art mexikanisches Unentschieden, einer langen Regierungsbildung und mit großer Wahrscheinlichkeit mit der Premiere einer Dreierkonstellation.
Ich hab das ja im April schon kommen sehen:
Ich lehne mich mal mit einer extrem spezifischen Prognose extrem weit aus dem Fenster:
Es wird nochmal Merkel, aber ohne Bundestagsmandat (fun fact: Bundeskanzler kann man werden, ohne Mitglied des Bundestags zu sein) , in einer schwarz-grünen (grün-schwarzen?) Regierung und mit dem Versprechen spätestens nach 2 Jahren per konstruktivem Misstrauensvotum o.Ä. die Macht abzugeben. Und zwar, weil Laschet Kanzlerkandidat werden wird, aber ein schlechtes Ergebnis einfahren und an der Koalitionsbildung scheitern wird.
Quelle:
Coronavirus (Sars-CoV-2) (Seite 2072) (Beitrag von bgeoweh)Statt "Merkel" kann man da auch einen anderen "Überraschungskandidaten" einsetzen, denn eigentlich sind alle 3 Kandidaten ja verbraucht. Baerbock hat sich als wenig qualifiziert erwiesen und zu viele schwelende Skandale am Hals, Laschet hat die Mitverantwortung bei diversen Coronadeals, und die Flutproblematik wird mit der Zeit auch nicht besser für ihn, brauchen wir nicht drüber reden, und Olaf Scholz ist mit seiner Pro-GroKo-Einstellung, dem Cum-Ex-Zeug usw. innerparteilich auch schon ewig angezählt, zudem noch in der Problemposition dann Kanzler, aber nicht Parteichef zu sein, das ist auch immer schlecht.
Ich denke, die Auflösung des Ganzen wird so laufen, dass Steinmeier irgendwann (vor der Weihnachtspause) den Parteien heftig ins Gewissen redet, weil man sich sicher sein kann, dass bis dahin die Coronawerte wieder heftig ansteigen und wir eine ganze Reihe von Entscheidungen zu treffen haben, die man einfach nicht guten Gewissens an eine nur geschäftsführende Bundesregierung delegieren kann während sich das Parlament monatelang in der Schwebe befindet. So eine Situation wie beim letzten Mal, wo es sich bis Richtung April gezogen hat können wir uns nicht leisten, auch, weil im Februar auch noch die Bundespräsidentenwahl ansteht.
Ich halte es auch durchaus für denkbar, dass Steinmeier die Befugnisse seines Amtes maximal anwendet und (zum Ersten Mal in der Geschichte) nicht den Kandidaten für die Kanzlerwahl vorschlägt, der die stärkste Partei vertritt, sondern den (oder die) die er für die Aussichtsreichste hält. Die weiteren Abläufe sind bekannt.
Interessant werden hierbei ein paar Dinge:
- Ich halte die Umfragewerte momentan für ziemlich unrealistisch, nicht nur für die Grünen, sondern auch in anderer Hinsicht. Die AFD-Werte erscheinen mir trotz Allem niedriger als sie vermutlich sein werden, die der FDP unrealistisch hoch, und ich habe absolut keine Ahnung, ob es bei normalerweise zwischen 1000 und 2500 Befragten pro Umfrage momentan überhaupt leistbar ist, die über 40 "Sonstigen" Parteien noch einigermaßen realitätsgenau in den Umfragen abzubilden, würde aber spontan gegen "Nein" tendieren. Hier sind besonders die freien Wähler interessant, die sind zumindest in der Nähe der 5%-Hürde, und die Grundmandateklausel darf man auch nicht vergessen, das wäre zwar ein gewaltiger Sprung, aber drei Mandate aus Bayern würden ja reichen. Ein Einzug mit 5-6% würde schon ausreichen, um die Koalitionsbildung noch deutlich schwieriger zu machen.
- Wir haben das selbstgemachte Problem, dass alle großen Parteien es mit dem Präzedenzfall Thüringen für unmöglich erklärt haben, sich "mit den Stimmen der AFD" wählen zu lassen. Jetzt ist das eine "soziale" Konvention, nicht etwa irgendwie gesetzlich verankert. Ich kann mir schon gut vorstellen, dass Laschet mit der Option liebäugelt, sich (und eine schwarz-gelbe Regierung) mit den AFD-Stimmen einsetzen zu lassen, umgekehrt ist es auch denkbar dass die AFD bei irgendwelchen Kanzlerwahlen dieses Tabu bewusst provoziert, eventuell schon durch eine einfache öffentliche Ansage ("Wenn Schwarz-Gelb sich zur Wahl stellt, werden wir Laschet stützen, wir wollen dafür keine Gegenleistung") - schon ist die Verfassungskrise da, wenn sich z.B. Steinmeier weigert auf Basis eines solchen Vorschlags Laschet zu nominieren. Hier besteht großes Potenzial für destruktives Handeln auf allen Seiten.
- Schließlich sollte man auch nicht vernachlässigen, dass durch die Corona-Situation und (möglicherweise) sehr strenge Auflagen bei der persönlichen Wahl auch dieses Jahr viele Personen wieder entweder Briefwahl durchführen werden, oder aber gar nicht wählen gehen. Auch das hat wieder schwer zu prognostizierende Effekte - denn Briefwahlstimmen reagieren nicht mehr auf irgendwelche kurzfristigen Entwicklungen vor der Wahl (sie sind ja schon abgegeben) und niedrige Wahlbeteiligung wirkt sich normalerweise weg von den "Gewohnheitswählern" und hin zu den "Aktivisten" aus.
- Morgen wird ja noch entschieden, welches Wahlrecht eigentlich gilt - wenn die 2020er Variante gewählt wird, kommt ja noch die Problematik der nicht ausgeglichenen Überhangmandate dazu, bei einer zwei-Parteien-Koalition könnten das bis zu 6, bei einer 3-Parteien-Koalition bis zu 9 sein, das favorisiert tendenziell eine Kombination Union+X, im besten Fall für die Union + Grundmandate-Freie-Wähler...
Alles in Allem wird das sehr spannend werden, wobei das Geschachere nach der Wahl dieses Mal vermutlich interessanter wird als das Ergebnis.