nocheinPoet schrieb:Was genau meinst Du denn mit Gegenstück?
Es gibt Vorstellungen denen bestimmte Sinneserfahrungen entsprechen. Rot, Ball, Sauer, Schuh. Das ist nicht immer der Fall.
nocheinPoet schrieb:Dafür mache ich aber "unterbewusst" einige Annahmen
Nein, erstmal ist das nicht notwendig. Wir beschäftigen uns vorerst nur mit der Phänomenologie der Wahrnehmungen und stellen dort zwei unterschiedliche Typen fest. Dafür müssen wir noch keine Außenwelt postulieren, auch wenn das plausibel ist und die Begriffe einfacher werden (siehe Außenwahrnehmung / Innenwahrnehmung).
nocheinPoet schrieb:Aber belegt das die Existenz von etwas außerhalb von mir?
Nö, muss es an der Stelle auch nicht. Ich glaube auch nicht, das man das „beweisen“ kann. Es ist nur eine plausible Annahme.
nocheinPoet schrieb:Du machst es an den Menschen, der Menge und der Sprache fest, könnte man auch dann eine Ebene tiefer an dem eigenen Selbst tackern.
„Selbst“ ist ein sprachliches Konzept. Solange du Sprache nicht ausreichend reflektierst, läufst du immer Gefahr über Mängel in der Sprache zu stolpern. Und das passiert dir, du hast in einem kurzen Absatz ein religiöses Konzept, mit einem philosophischen und einer Reihe physikalischer Konzepte in Verbindung gebracht - ohne diese Sprünge zwischen völlig unterschiedlichen Sprachebenen zu erklären (ich glaube auch nicht, dass das geht).
nocheinPoet schrieb:Ja, aber auch dann weiß ich nur, wie sie mir schmeckt, nicht wie sie wem anderen schmeckt
Richtig. Du kannst aber darüber reden und mittels Sprache vergleichen. Natürlich sind die Worte „sauer, süß, aromatisch“ nicht der Geschmack der Ananas. Und egal wie genau und ausführlich wir den Geschmack beschreiben, es bleibt eben eine Beschreibung. Darüber muss man sich im Klaren bleiben.
nocheinPoet schrieb:Ich gehe da echt ganz unten dran, an die Dinge, die Begriffe: "Existenz, Etwas, Nichts, Bewusstsein" sind für mich echt wichtig, weil darauf denke ich doch mal, baut man dann alles andere auf.
Du glaubst das so massiv besetzte Konzepte wie „Existenz, Etwas, Nichts, Bewusstsein“ grundlegend wären? Du kannst dir nicht mal sicher sein, dass jemand der die gleiche Sprache spricht wie Du unter diesen Worten das Gleiche versteht.
nocheinPoet schrieb:Ein geträumter Mensch ist für Dich äquivalent zu einem realen Menschen?
Solange es keine Möglichkeit gibt, das zu unterscheiden: Ja. Wenn du mir sagen kannst wie ich feststellen kann ob ich „real bin“, der Traum eines Schmetterlings, ein Gehirn in einem Tank, eine Simulation von Aliens - dann bin ich auch bereit dazwischen zu unterscheiden. Sonst ist es eben dasselbe.
nocheinPoet schrieb:Hier wird es nun spannend, für mich ist eine wahre Aussage nicht etwas, dass wer real aussagen muss.
Von mir aus kann das auch fiktiv gesagt werden, in Büchern oder Filmen. Es gibt aber keine Aussagen, die nicht gesagt werden. Wie soll das gehen? Platonischer Ideenhimmel oder besser potentieller Aussagehimmel?
nocheinPoet schrieb:Beispiel, an kochendem Wasser verbrennt man sich. Das ist eine wahre Aussage.
Sicher ist das wahr. Es wird aber nicht wahr weil es sich auf eine ultimative Wahrheit im Hintergrund bezieht, sondern durch die sprachlichen Bezüge selbst. Durch das was „kochend“, „Wasser“ und „verbrennen“ bedeuten. Und diese Bedeutung sind ebenfalls wieder Worte, deren Bedeutung sich wiederum nur durch Worte erschließt.
nocheinPoet schrieb:Wäre es so wie ich Dich verstehe, würde diese Aussage erst wahr werden, wenn ein Mensch es erkennt und auch aussagt, zumindest es ihm selber bewusst wird.
Nein, sie „wird“ dann nicht wahr. Es gibt sie vorher nicht, da ist keine Aussage die sich aus der Dunkelheit ins Licht der Öffentlichkeit wagt und dadurch „wahr wird“.
nocheinPoet schrieb:Und ich grüble darüber echt schon lange, gerade was diese mathematischen Wahrheiten angeht, auch die Frage, wo und wie die Naturgesetze im Universum gespeichert sind
In unserem Verstand. Physik ist ein Modell der Wirklichkeit auf der Grundlage unseres Verstandes. Was wir dort am Ende vorfinden ist keine ultimative Wahrheit, sondern uns selbst.
nocheinPoet schrieb:Ich trenne die Notation von dem was sie aussagt.
Sicher.
nocheinPoet schrieb:Die Notation ist nicht die Aussage selber.
Doch, sicher ist sie das. Die Aussage ist aber nicht „was sie aussagt“.
nocheinPoet schrieb:Natürlich existiert Mathematik ohne Mathematiker, die Zahl √2 existiert, sie wird nicht durch einen Mathematiker existent, der diese "entdeckt".
Gibt es dann auch eine Wirtschaftswissenschaft ohne Ökonomen, Kunst ohne Künstler, Romane ohne Schriftsteller?
nocheinPoet schrieb:Und da sind wir dann bei dem Begriff "existieren"
Da würde ich es mir nicht schwer machen und einfach sagen, das es so in der Welt ist.
nocheinPoet schrieb:Sprache kann Verständnis schaffen, nicht was dahinter steht, das man sich am kochenden Wasser verbrühen kann, wird nicht durch Sprache geschaffen.
Doch, genau das sage ich dir ja. Ohne sprachliche Konzepte, was bleibt da? Gefühle, instinktive Reaktionen?
nocheinPoet schrieb:Ich habe Dich auch nach konkreten relativen Wahrheiten gefragt, Beispiele, also hau mal was raus.
Ich sagte doch, das ich jede Wahrheit für eine relative halte, genauer brauchst du immer eine ganze Reihe sprachlicher und nichtsprachlicher Bezüge damit irgendwas wahr sein kann. Du kannst dir also jeden beliebigen Satz, den du für wahr hältst als Beispiel nehmen.
Aber um das zu verdeutlichen: „Ich habe Angst vor meinem Neffen.“ - der Satz wird manchmal wahr und manchmal falsch sein, je nachdem wer ihn wann sagt.