@CoaxacaDas nächste mal fasse ich mich kürzer...
:)TheologieDie Tatsache, dass in sehr vielen Kulturen die Vorstellung einer höheren Macht entstand, rechtfertigt die Untersuchung der psychologischen Ursachen für einen solchen (Aber)-Glauben. Dass viele Menschen religiös sind, sagt leider rein gar nichts über den Wahrheitsgehalt dieses Glaubens aus, und wir müssen auch nicht jeder der ca. 5000 Gottheiten, die sich die Menschheit im Laufe der Zeit so ausgedacht hat, nachsteigen.
Es rechtfertigt sehr wohl, dass diese Frage von Interesse für die Menschen ist. Und daher kann ihr auch nachgegangen werden. Parallel psychologische Ursachen zu untersuchen schließt das ja nicht aus. Im Übrigen mag es zwar 5000 Gottheiten geben, das Grundphänomen, also die Frage nach dem Sinn oder was auch immer, dürfte aber hinter jeder dieser Vorstellungen stehen.
MetaphysikUm ehrlich zu sein: ich habe mir niemals die Frage nach dem Sinn des Lebens gestellt. Es kann gar keinen Sinn geben, der für jeden Menschen gleichermaßen gilt. Deswegen finde ich es schon anmaßend, ständig von "dem Sinn" zu sprechen. Jeder einzelne sollte seinem Leben einen eigenen Sinn geben können. Ich halte es daher für reine Zeitverschwendung, eine solche Frage wissenschaftlich untersuchen zu wollen.
Nun, zu sagen, dass jeder einzelne seinem Leben einen Sinn geben sollte, ist doch in gewisser Weise auch schon
deine Antwort darauf. Ich im Gegenzug habe mir diese Frage oft gestellt. Tatsächlich halte ich sie für mit die entscheidenste Frage, die ich mir stellen kann. Vielleicht gibt es einen universalen Sinn, vielleicht auch nicht. Die Tatsache aber, dass jeder einzelne von uns zu einem Zeitpunkt t in der Zukunft nicht mehr existieren wird und zu diesem Zeitpunkt auch jede einzelne Handlung in unserem Leben für uns keine Rolle mehr spielt (welche Rolle spielt es dann, was wir im Leben erreicht haben?) drängt diese Frage doch geradezu auf. Wohin will ich? Aber auch diese Antwort ist höchst individuell.
BeweisbarkeitNun, ich halte die formal logische Beweisführung für die höchste Form des Beweises. Nachvollziehbar für alle, ohne Rückgriff auf empirisches Wissen (wobei sich das ja nicht unbedingt ausschließt), überall im Universum. Wobei mein Faible dafür wie gesagt vermutlich auch meinem fachlichen Hintergrund entspricht. In der Informatik arbeitet man eben viel mit Algorithmen und Berechenbarkeit. Allein schon die Vorstellung, dass jeder außerirdische, egal wo im Universum, für bestimmte formale Probleme zur selben Lösung kommen wird, hat etwas faszinierendes.
Feser ist Thomist. Ich weiß nicht, wie er zum kosmologischen Gottesbeweis steht. Er vertritt jedoch die Haltung, dass Gott keine empirische Fragestellung ist. Empfehlen kann ich z.B. "The Last Superstition: A Refutation of the New Atheism" und "Five Proofs of the Existence of God", auch wenn ich ausdrücklich nicht in allem mit ihm übereinstimme (wobei ich seine Kritik des New Atheism teile).
Deswegen finde ich auch, dass es die moralische Pflicht gibt, Menschen von irrationalem Glauben abzubringen.
Genau das sehe ich nicht. Du musst verstehen, dass Menschen unterschiedliche Herangehensweisen im Leben haben und wir ihnen nicht unser Bild aufzwingen sollten.
Wie du schon sagst, der Tod ist ein unausweichlicher Teil unserer Existenz. Es wird uns alle treffen. Heute, morgen, in 50 Jahren. Diesen Zeitpunkt nenne ich t. Wenn es kein Leben nach dem Tod gibt, und davon gehst du ja aus, dann bedeutet das, dass alle unsere Erfahrungen, unser Handeln, unser gesamtes Ich, zu diesem Zeitpunkt t aufhört zu existieren. Es wird für uns so sein, als hätten wir nie existiert. Vor diesem Hintergrund kann man sich durchaus die Frage stellen, welche Bedeutung es denn haben sollte, die Wahrheit zu kennen, wenn diese mein Wohlbefinden nicht erhöht. Macht es denn für mich tatsächlich einen Unterschied, ob ich mein Leben lang einer Lüge hinterher laufe (mal angenommen, der "Glaube" wäre falsch, was ja nicht abschließend geklärt ist)? Ich denke pauschal lässt sich das nicht beantworten und ich will keinem meine Wahrheit aufzwingen müssen, nur weil ich es für richtig halte. Interessant weiterhin: Kennen wir überhaupt die Wahrheit oder werden wir bestenfalls ein Bild der Welt entwickeln können? Ein wirklich sehr empfehlenswerter Ted Talk zum Thema:
https://www.ted.com/talks/donald_hoffman_do_we_see_reality_as_it_iskann ich daher nicht zustimmen. Religiöser Glaube hat immer negative Konsequenzen, auch wenn sie nicht gleich offensichtlich sind. Und oftmals ist mir an dieser Stelle auch aufgefallen, wie unehrlich viele gläubige Menschen doch sind: man diskutiert stundenlang über einen rein theoretischen Gott, über kosmologische oder ontologische Gottesbeweise, und am Ende stellt sich heraus, dass sie Christen sind, die es befürworten, wenn Homosexuelle oder Atheisten in die Hölle kommen. Aber, um das noch einmal zu konkretisieren: ich habe keinerlei Probleme mit privat gelebtem Glauben, auch, wenn dieser höchst irrational ist. Das Problem in Deutschland ist aber leider, dass wir in einer Gottesrepublik leben, in der Religionen große Privilegien besitzen. Wie dem auch sei, ich kann meine Position nur wiederholen: was jemand glaubt, ist in moralischer Hinsicht so gut wie immer relevant, und daher ist es nicht okay, wenn jemand etwas glaubt, ohne Belege dafür zu haben. Mal ein Beispiel: ich könnte doch auch einfach glauben, dass Schwarze dümmer sind als Weiße. Belege brauche ich für diesen Glauben schließlich nicht. Zugegeben, das ist ein extremes Beispiel, aber vielleicht wird jetzt etwas deutlicher, was ich meine.
Ich denke, man muss hier aufpassen. Freiheit ist immer auch die Freiheit des Andersdenkenden. Wenn jemand mich mit seinem Glauben einschränkt und wenn dieser auf irrationalen Annahmen gründet, dann habe ich sicherlich das moralische Recht, mich zu wehren (sprich aufzuklären). Aber ist das immer der Fall? Dies kann ja bestenfalls bei institutionalisieren Religionen der Fall sein und ich gebe dir auch Recht, dies stellt in Deutschland ein Problem dar.
In meinen Augen gibt es (mindestens) 3 gute Gründe etwas zu glauben. 2 davon kann ich als Außenstehender nicht nachvollziehen, 1 schon:
- Es hilft den Menschen, auch wenn es ggf. eine Illusion ist. Warum sollte ich einem Todkranken auf dem Sterbebett erklären, dass es nach dem Tod nicht weiter geht, wenn er damit seinen Frieden gefunden hat?
- Es basiert auf persönlicher Erfahrung der Menschen und ist nicht "teilbar" aber auch nicht notwendigerweise falsch (-> Zero Knowledge Proof").
- Es gibt objektive Gründe in Form von formalen Beweisen oder empirische Belege. Darüber lässt sich wohl am ehesten diskutieren. Die Meinung gehen auseinander.
Doch, das ist so, denn die Nichtexistenz von etwas ist immer die Default-Position, solange es keine Beweise für die Existenz gibt. Ich könnte natürlich jedes Mal immer sagen: "Nein, wir können nicht wissen, ob es Vampir-Einhörner auf dem Jupiter gibt", aber das halte ich für intellektuell unredlich. Wer etwas behauptet, muss es auch beweisen. So einfach ist das. Hierzu vielleicht noch eine anregende Frage: was ist der Unterschied zwischen einem Gott, der nicht existiert, und einem Gott, für dessen Existenz es keine Beweise gibt?
Wieso sollte Nichtexistenz die Default-Position sein? Für mich ist diese eher die Nichtbeantwortung der Frage. Ich kann tatsächlich nicht wissen, ob es Vampir-Einhörner auf dem Jupiter gibt, aber es ist mir auch egal. Ich muss diese Frage nicht beantworten. Die Aussage mit der geraden und ungeraden Zahl macht das deutlich. Die Ablehnung der einen Antwort macht nicht das Gegenteil wahr, so pauschal ist das daher nicht korrekt.
Mal meine ganz persönliche Ansicht dazu:Es kommt dazu, dass wir in den allermeisten Fällen ohnehin nicht die Nichtexistenz annehmen, sondern schlichtweg das Konzept nicht kennen. Wenn ich dir z.B. sage "Da liegt das Buch 'Alle meine Entchen' neben meinem Bett", dann wirst du feststellen:
- Du hattest dir die Frage der Existenz vorher nicht gestellt. Sprich, du hast weder die Existenz noch die Nichtexistenz angenommen. Erst in dem Moment, wo ich dir die Aussage präsentiere, findet eine Bewertung und eine Zuordnung statt. Bedeutet, der Default ist die Nichtbeantwortung (für eine praktisch unendliche Anzahl von Aussagen), sobald wir die ersten Informationen darüber haben, bewerten wir die Aussage.
Ich bin daher nur konsequent und halte die Frage auch weiterhin offen, solange für mich keinen Grund besteht, sie zu beantworten (und genau dann tendiere ich natürlich zum für mich wahrscheinlicheren) und es keine eindeutigen Belege für die eine oder andere Seite gibt. Denn faktisch bietet mir allein die Beschreibung des Sachverhalts bzw. des Konzepts keine weiteren inhaltlichen Informationen über Existenz oder Nichtexistenz (es ist ja nur eine Beschreibung / Aussage), sondern hilft mir nur, bisher Bekanntes auf diese neu bekanntgewordene Sache anzuwenden. Wäre meine Aussage gewesen, dass neben meinem Bett die Original Jesus-Tagebücher liegen, wärst du vermutlich eher weniger geneigt, mir zu glauben.
:)Wer etwas behauptet
und andere überzeugen will, muss es beweisen - das kommt eher hin. Ich kann sehr wohl sagen "ich liebe meine Frau", ohne, dass ich jemand einen Beweis schuldig bin.
Und der Unterschied zwischen einem Gott, der nicht existiert, und einem Gott, für dessen Existenz es keine Beweise gibt, ist einfach. Für mich, gibt es vermutlich keinen, sofern mein Leben davon nicht betroffen ist (ich würde auch die Illusion wählen). Für dich schon, wenn du die Wahrheit kennen willst
:)