Hallo
@greenlion !
Vorweg - ich bin selbst ein sehr spiritueller Mensch, bin seit ca. 2000 "in der Szene" und bin vielen Menschen auf unterschiedlichen esoterischen und spirituellen Wegen begegnet.
Was mich bei Deinen Schilderungen Deines Freundes anspringt: Ich erkenne da im Grunde überhaupt keine Spiritualität, nicht in dem, was Du schreibst, sondern reine enthemmte Emotionalität.
Spiritualität ist eigentlich darauf ausgerichtet, dem Geist (Spirit) in der "Dreifaltigkeit" von Körper, Seele (Emotion) und Geist die Dominanz zu verleihen. Das hat Dein Freund, soweit ich das verstehe, überhaupt nicht getan, er läuft emotional regelrecht Amok.
Die New-Age-Bewegung hat immer sehr viel Gewicht auf den Begriff "positiv" gelegt, da geht es um Harmonie, Liebe, positive Energien - alles rosarotes und himmelblaues Limonadengesöff, denn diese Leute verstehen weder, dass sie damit so gut wie nur die Emotionalebene bespielen, noch dass in der Spiritualität keine Dualität/ Polarität herrscht, so dass es dort nicht um positiv und negativ geht, sondern darum, die Pole wieder zu einem Ganzen zu vereinen. (Ganz = heil = heilig; engl. whole/ holy, trotz der leicht verschiedenen Schreibweise)
Und alles Negative wird verteufelt (auch wenn es den Teufel an sich bei denen meist nicht gibt), wird verdrängt und aus dem Bewusstsein verbannt. Das Dunkle sei das Böse.
Das Problem bei der Verdrängung das Negativen ist, dass man es dann auch nicht bearbeiten kann.
Deshalb sind die auch so oft so garstig.
;) Sie sind all dem Negativen, was in ihnen ist, und was sie nicht sehen wollen, total ausgeliefert, es dominiert sie ungebremst.
Bei der Art, wie Du mit ihm umgehst, sehe ich einen großen Fehler: Du erklärst ihn im Grunde die ganze Zeit für irre, fehlgeleitet, einen Spinner usw., indem Du signalisierst oder konkret sagst, dass er Hilfe braucht. Das ist eine Attacke. Ebenso wie Dein Kommentar über seine Bekannte, die mit Bäumen spricht, sie sei wohl schizophren. Lass sowas, wie willst Du damit denn landen? Erwartest Du, dass er plötzlich sagt, "ja, jetzt erkenne ich es, Du hast recht, ich bin total doof, und meine Freunde auch"?
Nee, das hat keine Chance. Das ist für jeden Menschen verletzend, egal, ob normal oder bekloppt.
Er ist Ego-gesteuert, und Du greifst konkret sein Ego an, den Teil von ihm, mit dem er am stärksten identifiziert ist - auch wenn er das mit Sicherheit abstreiten würde, wie alle Pseudo-Spirituellen.
Du solltest, ohne dass ich "Glaube" oder unkritische Akzeptanz damit meine, außerdem einmal in Betracht ziehen, dass Deine Wahrnehmung der Welt nicht das Maß aller Dinge ist. Menschen, die mehr wahrnehmen als Du, müssen damit nicht Unrecht haben. Deine Wahrnehmung kann begrenzter sein als deren.
Er findet alles, was er tut und sagt und denkt, richtig.
Und DAMIT kannst Du arbeiten.
Du willst Eure Freundschaft ja aus irgendeinem Grund erhalten, wie's scheint.
Also, mach es doch einfach mal genauso wie er.
Sei emotional radikal ehrlich. Wenn er was macht, was Dich ärgert, brüll ihn an, so wie er Dich. Mecker rum, wenn Dir was missfällt, so wie er. Spiegle ihn. Führ ihm vor Augen, was er tut. Er hat Dich verletzt, als er die Uni-Fotos jemandem, den er viel kürzer kennt als Dich, zuerst zeigte, und dann noch Dein Interesse in Zweifel zog, obwohl Du das wohl schon viel früher signalisiert hattest. Schimpf ihn doch dafür mal aus. Darf aber keine künstliche Show sein, das kann nur mit echten Emotionen funktionieren, mit echt empfundener Verletzung, echter Wut, authentisch.
Er darf sich durchaus die Freiheit nehmen, seine Emotionen ungehemmt und ohne gesellschaftliche Fesseln auszuleben, aber dann muss er diese Freiheit auch anderen zugestehen. (Und natürlich die Konsequenzen ertragen, wenn Leute sich verletzt von ihm abwenden.)
Das kannst Du ihm genauso sagen.
Es kann sein, dass das Eure Freundschaft endgültig beendet, aber es kann auch sein, dass ihm was zu Bewusstsein kommt. Vielleicht bekommt er von seiner Umwelt immer zuwenig Feedback, so dass er keine richtige Wahrnehmung für sein eigenes Verhalten entwickelt hat, keine Reflektion.
Instabile Phasen auf dem Weg spritueller Menschen sind nicht selten, und es gibt in solchen Phasen zwei Sorten Menschen, die man dann nicht gebrauchen kann: kategorische Zustimmer und Bestätiger, die Wahnideen beim Manifestieren helfen, und kategorische Ablehner, die einen für einen Spinner erklären. Denen gegenüber wird man dann kategorisch taub.
Was helfen kann ist ein interessierter, offener und dabei wohlwollend-kritischer (konstruktiv~) Zuhörer, der einen nicht angreift, wenn er etwas nicht glauben kann, sondern eben ganz neutral sagen kann, "das ist mir jetzt zu hoch/ zu viel/ zu abstrakt, da geh ich nicht mit". Oder "ich muss darüber mal nachdenken".
Ich wünsch Euch viel Glück.
:)