raschier schrieb:was sind denn anthropologische bedingtheiten?
Artspezifische Verhaltensmuster resultieren aus angeborenen Trieben, wobei die Vorstellung eines Triebes im freudschen Sinne zu kurz greift, da es eben auch um komplexe Wechselwirkungen geht.
Grundsätzlich beruhen soziale Bedürfnisse ebenso wie physische auf biochemischen Antrieben, d. h sie werden durch Disbalancen von Neurotransmittern angetrieben und zwingen das Individuum, einen ausbalancierten Zustand anzustreben.
Kulturelle Einflüsse können zwar die Verwirklichungsformen prägen, aber nicht die in ihnen zum Ausdruck kommenden Antriebe verändern, weil sie sich als artspezifischer Ausdruck simpler Überlebensnotwendigkeiten evolutionär gebildet haben.
D. h. der Mensch hängt davon ab, soziale Anerkennung zu erreichen, um von ihm selbst beherrschbare Zugänge zu mehr oder weniger kooperativen Verweirklichungsformen für sämtliche seiner Bedürfnisse zu haben und zu vor allem auch zu behalten.
In manchen Fällen zwingt das Einzelne, sich Verhaltensmuster anzueignen, die einem Teil dieser Bedürfnisse entsprechen, anderen aber nicht. Insoweit sind Lebenskonzepte weit weniger arbiträr als man gemeinhin annimmt. Diverse dem Anschein nach stabile Formen der Persönlichkeitsentwicklung, die als Ergebnis eines Anpassungsprozess zu verstehen sind, gehen mit voraussagbaren Instabilitäten einher, weil sie anthropologisch gesehen künstliche, und damit - salopp gesagt - artfremde Konstruktionen sind.