Die gefühlte Wahrheit?
16.07.2006 um 14:46Link: www.spiegel.de (extern)
Gefühlte Wahrheit, empfundene Wahrheit, absolute Wahrheit, erpresste Wahrheit-
der Begriff Wahrheit ist so wandelbar, wie das Wetter im April. Über Wahrheitenlässt
sich lachen und streiten, Wahrheiten werden vergessen, werden umgemünzt,stilisiert,
gemalt, geträumt. Das wahre an der Wahrheit ist der Glaube an sie. Wersich nicht traut,
der offensichtlichen Wahrheit Glauben zu schenken, gilt alsSchwächling, als Sonderling,
als "schwarzes" Schaf, als Pessimist, als Zyniker, alsSkeptiker - rudheraus als
negativer Mensch.
Was Wahrheit ist, diese Fragestellt sich uns ein Leben lang.
Für mich ist Wahrheit das einzige "Gefühl", welcheskeinen Widerpart braucht. Die Lüge
hilft der Wahrheit nicht auf die Sprünge.
Um der Wahrheit auf den Grund zu
kommen, muss man viel erlebt haben, muss seineSinne geschärft haben im Leben, muss sich
geirrt haben, muss gelebt haben. Es ist alsokein Wunder, dass dieser Thread hier ein
wenig stiefmütterlich behandelt daher kommt,sind doch 80% der User hier im Alter
zwischen 12 Jahren und höchstens 23. Da hat mannoch nicht viel von der Welt gesehen, hat
noch nicht so viel unterschiedlicheErlebnisse bewerten können und wurde noch nicht so
sehr vom Leben gefordert.
Martin Walser hat ein neues Buch geschrieben. Es geht
darin um einen alten Mann,das Altern an sich, den Wert des Lebens...die Wahrheiten, die
sich im Laufe des Lebensändern. Ich habe ein Interview mit Martin Walser gehört, einige
Rezensionen gelesenund werde mir dieses Werk wohl einmal in seiner Gänze zu Gemüte
führen.
DerProtagonist des Romans ist der 71-jährige Anlageberater Karl von
Kahn. Als er gebetenwird, sich um die Finanzierung einer «Othello»-Verfilmung zu
kümmern, kommt derrationale von Kahn in Kontakt mit der Welt der Kunst und der
Intellektuellen. Er lässtsich auf eine Affäre mit einer 38 Jahre jüngeren Schauspielerin
ein, richtet seine Ehezu Grunde und hat am Ende Erfolg mit dem Film. Das Buch berührt
viele typischeWalser-Themen wie Liebe, Macht, Freundschaft, Erotik, Sexualität, Alter,
das Verlangennach Anerkennung - und eben Geld.
Walser gelingen ungemein
anrührende Bilderdes zwischen größtem späten Lebensglück und größtem Unglück
schwankenden Mannes, wieer sich panisch bemüht, bei der gemeinsamen Nacht im Bett vor
der Schönen seinKrampfaderbein zu verbergen, wie ihn der Schock am nächsten Morgen fast
niederstreckt,als er ihre beiden Gesichter, sein beinah totes und ihrstrahlend-schönes,
nebeneinander im Spiegel sieht. Schließlich verläßt sie ihn, undKarl von Kahn geht
langsam unter.
Martin Walser wagt alles auf diesen letztenSeiten. Er liefert
seinen Helden völlig aus. Es ist ein schmaler Grat, auf dem derAutor wandelt, zwischen
größter Rührung, Mitgefühl und großer Peinlichkeit, die erbeim Leser auslöst.
Altmännerphantasien, ohne jede Scham. Karl von Kahn jedenfallssieht am Ende keine
Menschen mehr. Er sieht nur noch Brüste, Brüste, Brüste. Undscheint dem letzten Glück
ganz nah. Die schönsten Frauen sprechen ihn auf offenerStraße an und sagen: "Ich denke
mit der Fotze an dich." Oder: "Ich hab' noch einenFick gut bei dir." Oder: "Ich freue
mich auf einen Mund voll Schwanz" - und weiter,weiter, immer so weiter. - siehe Link.
Am Ende steht der Tod unddas letzte Hemd hat keine Taschen. Das ist
die einzige unumstössliche Wahrheit(behaupte ich mal ;) ).
Gruß
Gefühlte Wahrheit, empfundene Wahrheit, absolute Wahrheit, erpresste Wahrheit-
der Begriff Wahrheit ist so wandelbar, wie das Wetter im April. Über Wahrheitenlässt
sich lachen und streiten, Wahrheiten werden vergessen, werden umgemünzt,stilisiert,
gemalt, geträumt. Das wahre an der Wahrheit ist der Glaube an sie. Wersich nicht traut,
der offensichtlichen Wahrheit Glauben zu schenken, gilt alsSchwächling, als Sonderling,
als "schwarzes" Schaf, als Pessimist, als Zyniker, alsSkeptiker - rudheraus als
negativer Mensch.
Was Wahrheit ist, diese Fragestellt sich uns ein Leben lang.
Für mich ist Wahrheit das einzige "Gefühl", welcheskeinen Widerpart braucht. Die Lüge
hilft der Wahrheit nicht auf die Sprünge.
Um der Wahrheit auf den Grund zu
kommen, muss man viel erlebt haben, muss seineSinne geschärft haben im Leben, muss sich
geirrt haben, muss gelebt haben. Es ist alsokein Wunder, dass dieser Thread hier ein
wenig stiefmütterlich behandelt daher kommt,sind doch 80% der User hier im Alter
zwischen 12 Jahren und höchstens 23. Da hat mannoch nicht viel von der Welt gesehen, hat
noch nicht so viel unterschiedlicheErlebnisse bewerten können und wurde noch nicht so
sehr vom Leben gefordert.
Martin Walser hat ein neues Buch geschrieben. Es geht
darin um einen alten Mann,das Altern an sich, den Wert des Lebens...die Wahrheiten, die
sich im Laufe des Lebensändern. Ich habe ein Interview mit Martin Walser gehört, einige
Rezensionen gelesenund werde mir dieses Werk wohl einmal in seiner Gänze zu Gemüte
führen.
DerProtagonist des Romans ist der 71-jährige Anlageberater Karl von
Kahn. Als er gebetenwird, sich um die Finanzierung einer «Othello»-Verfilmung zu
kümmern, kommt derrationale von Kahn in Kontakt mit der Welt der Kunst und der
Intellektuellen. Er lässtsich auf eine Affäre mit einer 38 Jahre jüngeren Schauspielerin
ein, richtet seine Ehezu Grunde und hat am Ende Erfolg mit dem Film. Das Buch berührt
viele typischeWalser-Themen wie Liebe, Macht, Freundschaft, Erotik, Sexualität, Alter,
das Verlangennach Anerkennung - und eben Geld.
Walser gelingen ungemein
anrührende Bilderdes zwischen größtem späten Lebensglück und größtem Unglück
schwankenden Mannes, wieer sich panisch bemüht, bei der gemeinsamen Nacht im Bett vor
der Schönen seinKrampfaderbein zu verbergen, wie ihn der Schock am nächsten Morgen fast
niederstreckt,als er ihre beiden Gesichter, sein beinah totes und ihrstrahlend-schönes,
nebeneinander im Spiegel sieht. Schließlich verläßt sie ihn, undKarl von Kahn geht
langsam unter.
Martin Walser wagt alles auf diesen letztenSeiten. Er liefert
seinen Helden völlig aus. Es ist ein schmaler Grat, auf dem derAutor wandelt, zwischen
größter Rührung, Mitgefühl und großer Peinlichkeit, die erbeim Leser auslöst.
Altmännerphantasien, ohne jede Scham. Karl von Kahn jedenfallssieht am Ende keine
Menschen mehr. Er sieht nur noch Brüste, Brüste, Brüste. Undscheint dem letzten Glück
ganz nah. Die schönsten Frauen sprechen ihn auf offenerStraße an und sagen: "Ich denke
mit der Fotze an dich." Oder: "Ich hab' noch einenFick gut bei dir." Oder: "Ich freue
mich auf einen Mund voll Schwanz" - und weiter,weiter, immer so weiter. - siehe Link.
Am Ende steht der Tod unddas letzte Hemd hat keine Taschen. Das ist
die einzige unumstössliche Wahrheit(behaupte ich mal ;) ).
Gruß