Gendern zur Pflicht machen?
18.01.2023 um 20:32Tussinelda schrieb:irgendwie bist Du nicht auf der Höhe der wissenschaftlichen Erkenntnis.....Naja, dein verlinkter Artikel erschien vor 7 Jahren, da ist Zeit vergangen...
...Die Ainsworth-Böhmermann-Pipeline funktioniert auch ohne die Wissenschaft, man zitiert selektiv und verreißt solange Grundaussagen, bis sie passen, nix wirklich neues! Selbst dann nicht, wenn es längst von jener Wissenschaftlerin widerlegt wurde, die mit Leidenschaft immer wieder falsch verstanden wird, obwohl sie es längst klargestellt hat.
Es sei »längst wissenschaftlicher Konsens«, dass es biologisch mehr als zwei Geschlechter gebe, verkündete der Moderator salopp, ganz so, als handele es sich dabei um eine unumstößliche Tatsache. Als Beleg musste dann allerdings ein Artikel aus dem Tagesspiegel herhalten. Eine dürftige Beweisführung, zumal der Artikel des Biologen Heinz-Jürgen Voß lediglich einen 2015 erschienenen Beitrag der Biologin Claire Ainsworth aus dem Fachmagazin Nature wiedergibt – und dies auf sehr strittige Weise. Denn anders als die Titelung des wissenschaftsjournalistischen Beitrags in Nature nahelegen könnte (»Sex Redefined«), will Ainsworth, wie sie unmissverständlich erklärte, ihn »ganz und gar nicht« als Widerlegung der biologischen Zweigeschlechtlichkeit verstanden wissen. »No, not at all. Two sexes, with a continuum of variation in anatomy/physiology«, stellte sie am 21. Juli 2017 auf Twitter klar, nachdem ihr Beitrag verschiedentlich als Plädoyer für das Modell von Vielgeschlechtlichkeit herhalten musste. Ainsworth war von Mitgliedern der Wissenschafts-Community darauf aufmerksam gemacht worden, dass ihr Aufsatz im Netz zahlreiche Missdeutungen erfahren hatte.https://jungle.world/artikel/2022/50/die-ainsworth-boehmermann-pipeline
In dem vielzitierten Aufsatz trägt sie neuere Forschungsergebnisse zusammen, die sich mit anatomischen und physiologischen Variationen von Geschlecht (sex) beschäftigen. Es geht darin um (seltene) Abweichungen innerhalb des binären Modells. Und dieses Modell ist nach allgemeiner Lehrmeinung auch weiterhin gültig, auch wenn einzelne Biologen wie der Autor des Tagesspiegel-Artikels um einen Perspektivwechsel bemüht sind.
Die Ainsworth-Böhmermann-Pipeline ist ein Beispiel dafür, wie Mythen in den digitalen Medien Wirkmacht gewinnen können. Die Verbreitung des Postfaktischen ist dabei nicht unbedingt von manipulativen Absichten getrieben. In vielen Fällen ist sie – auch wenn fake news im Spiel sind – das Produkt einer dynamischen Meinungsformierung, die heutzutage oft an klassischen Gatekeepern vorbeigeht.
Jetzt kann man diesen Beitrag als transphob melden oder sich in Ruhe den restlichen Artikel durchlesen, so wie man möchte.