Flitzschnitzel schrieb:Die Vernunft sollte darüber entscheiden.
Seh ich auch so, nur dass ich nicht verstehe was an der Forderung, dass jemand sich durch ein Leben, dass derjenige nicht leben möchte durchquälen soll, weil da draußen irgendwelche Menschen der Ansicht sind sie hätten die Kompetenz darüber zu entscheiden dass jemand Anderes sein Leben nicht wegwerfen "darf".
Meiner Erfahrung nach finden sich die vernünftigsten Ansätze und Lösungen primär, wenn man sich bei Urteilen auf die eigene Nase beschränkt.
Flitzschnitzel schrieb:Alles in Bezug auf Krankheiten die heute im Normalfall gute Chancen auf Heilung haben.
Und nur weil andere eingeschnappt sind, weil jemand irgendwelche Heilungschancen nicht "ausreichend würdigt" ist nun jeder gezwungen für wildfremde den Hampelmann zu machen und sich durch einen Leidensweg hindurch zu quälen der für diesen Menschen ein zu hoher Preis für irgendwelche hypothetischen Chancen ist?
Aniara schrieb:Weil Krebs eine körperliche Sache ist, da kann man unter Umständen nichts mehr tun. Depressionen finden im Kopf statt, da kann man etwas gegen tun.
Das "der Kopf" zum Körper dazu gehört und depressive Menschen mit ganz erheblichen Störungen der Verhältnisse von Hormonen und Transmittern "leben" müssen, die die Befähigung zum Empfinden von Freude, Stress, Angst usw steuern hast Du also noch nie gehört?
Aniara schrieb:Als sie endlich raus war aus aus diesem Teufelskreis, wollte sie etwas dagegen tun. Nun hat sie Jura studiert und ist bald Anwältin.
Jup und nun überträgt sie ihr persönliches Trauma auf Andere und statt sich sinnvollen Aufgaben zu widmen (dazu gehört u.A. die Aufklärung über Loverboys und das Vertreten von Opfern sexueller Gewalt die diese Vertretung wünschen) verbreitet sie nun ein faktisch vollständig falsches Bild von Prostitution und verlangt, dass Selbige in Deutschland wieder illegal wird, weil sie nicht zwischen dem eigenem Trauma und vollkommen anderen Entscheidungen anderer Menschen unterscheiden kann.
Ihren Auftritt in der Aktenzeichen xy-Sendung fand ich ein sehr gutes Beispiel dafür wie schief das laufen kann, wenn man sein eigenes Gefühlsleben derart zum Zentrum des Universums erhebt, dass man weder merkt, wenn man auf dem Holzweg ist noch in der Lage ist zu erfassen, dass es so mittelclever ist zu verlangen, dass die Gesetzgebung eines ganzes Landes an das Gefühlsleben eines traumatisierten Opfers angepasst wird.
Eigentlich sollte man doch meinen, dass
grade Opfern so unschöner Lebensläufe klar ist, dass individuelle Sichtweisen ein extrem wichtiges Gut sind.
Aber der Thread in den dieser Auftritt diskutiert wird ist auch
hier zu finden.
knopper schrieb:denn hier geht es ja um einen Fall wo eine junge Frau Sterbehilfe erhalten bzw. sterben will ohne dass sie jetzt an einer unheilbaren Krankheit leidet wie bspw. Krebs.
Du solltest Dich noch einmal über "psychische Krankheiten" schlau machen.
Es mag Fälle geben in denen es Behandlungsmöglichkeiten gibt, die natürlich auch erfolgreich sein können.
Wirklich "heilbar" im Sinne von "auskuriert und vom Tisch" sind "psychische" Erkrankungen sogar weitaus seltener als "körperliche".
Wenn man bei dem unbestreitbarem Fakt, dass unser psychisches Empfinden u.A. von Hormonen und Transmittern gesteuert wird überhaupt an der mehr als fragwürdigen Trennung zwischen "körperlichen" und "psychischen" Erkrankungen festhalten möchte, die üblicherweise beim fachlich unkundigem Publikum zu maßloser Unterschätzung psychischer Erkrankungen führt und Betroffenen das Leben durch diese Ignoranz gern noch schwerer macht als es ohnehin schon ist.
knopper schrieb:Ist mir auch klar dass ein Tierarzt das in dem Moment nüchterner und "abgebrühter" sieht, er hat ja solche Fälle nahezu täglich.
Das hat weniger was mit "Gewohnheit" zu tun, sondern damit, dass Laien oft annehmen, die Euthanasie sei der "Alptraumteil" unserer Berufsalltags.
Tatsache ist, dass diese Gedanken sich ziemlich schnell umkehren, wenn man es mit Patienten zu tun hat sie so heftig leiden, dass das Tierschutzgesetz es uns tatsächlich verbietet die Entscheidung
ob eine Euthanasie stattfindet dem Halter zu überlassen.
Den Tierhalter zu fesseln/rauszuschmeißen und das Tier gegen seinen expliziten Willen einzuschläfern ist rechtlich fragwürdig und beruflich wäre das absoluter Selbstmord.
Aber wenn das Tier zweifellos einem Leid ausgesetzt ist, das als Agonie einzustufen ist, weil eine Besserung oder gar Genesung prognostisch nicht mehr zur Debatte steht, dann müssen wir solch einem Halter mitteilen, dass wir, wenn er sich nicht nur für das Mitnehmen des lebenden Tieres sondern auch gegen die Vereinbarung eines Termins zur Euthanasie daheim entscheidet (die natürlich auch durch einen anderen Tierarzt erfolgen kann) verpflichtet sind das dem Amtstierarzt zu melden und wenn der dann mit der Polizei vor der Tür steht um eine Euthanasie anzuordnen wird die Situation für niemanden angenehmer.
Wir haben mit Patienten zu tun, die uns nicht unmissverständlich SAGEN können, dass sie wünschen, dass ihr Leid nun endet.
Die Vorstellung es mit vergleichbar leidenden Menschen zu tun zu haben, denen man dann bestenfalls noch viel Spaß mit der Palliativmedizin wünschen kann erschreckt viele Tierärzte
sehr viel mehr als die Erkenntnis, dass das Nachkommen der tierärztlichen Behandlungspflicht nicht dazu verdammt, sondern dazu
befähigt einem Patienten dieses Leid abnehmen zu können.
Die Vorstellung, dass irgendwann nicht "irgendein Mensch" sondern jemand den man liebt mit unerträglichen Leiden vor einem steht und man ihm nicht so helfen darf, wie es jedem Hamster vorn Rechtswegen
zusteht tritt in jedem mir bekanntem Tierarzt ein heftigeres Grauen los, als die "erste Euthanasie" bei einem Berufsanfänger.
Und auch bei Tieren ist es nicht ausschließlich körperliches Leid, dass uns begegnet.
knopper schrieb:Dieser Vergleich zu krebs ist einfach absurd.
Leider, denn ein Krebspatient darf wenigstens auf ein Mindestmaß an Verständnis hoffen, während der "psychisch leidende" nur versuchen kann mit dieser Ignoranz in die er täglich reinrasselt so umzugehen, dass sie sein Dasein nicht noch übler macht, als es ohnehin ist.
Diese Respektlosigkeit leidenden Menschen gegenüber die sich nur aus der eigenen Inkompetenz und Ignoranz nährt...
die ist absurd.
knopper schrieb:viel mehr sollte krebs auch nur als Krankheit angesehen werden, wo man in näherer Zukunft genauso was tun kann, und zwar viel effizienter als heute.
knopper schrieb:Das gleiche gilt für HIV / AIDS.
Dahin sollte die Reise gehen…und nicht andersrum.
Wow.... warum kommen Ärzte nur nicht auf diese geniale Idee eine Krankheit einfach zu heilen statt dem Betroffenen wo immer möglich das Leid zu lindern.
Ist es wirklich so schwierig den Kopf um die Tatsache zu wickeln, dass man Behandlungsmethoden die eine Heilung zum Ziel haben auch voranbringen kann ohne es zu verpassen auch die Möglichkeiten Patienten zu helfen deren Leid allenfalls noch gelindert werden kann zu verbessern?
knopper schrieb:Ich fand das Einschläfern meines Katers schon schlimm...obwohl er halt Krebs hatte. Bei einem Menschen ist es somit nochmals schlimmer,
Ist es das?
Ein Mensch kann zumindest begreifen was geschieht und sich zu dem was er möchte äußern.
Tieren können wir so etwas nicht erklären.
Viele Tierhalter kommen zum Einschläfern, wenn ihr Tier immer "aufdringlicher" wird, weil es nicht begreifen kann, wie es möglich ist, dass Herrchen und Frauchen nichts gegen diese Leiden tun können.
Trotzdem bleibt jede Behandlung am Tier, egal wie sorgfältig abgewogen, eine notwendige Bevormundung.
Ein Mensch, den man darüber was mit ihm passiert informieren kann und der mir sagt was ich tun soll, was er selbst will, das finde ich persönlich "leichter".
knopper schrieb:und noch mal ne Nummer schlimmer wenn dieser Mensch im Grunde gesund war.
Du sprichst hier über einen Menschen der so sehr gelitten hat, dass einer der fundamentalsten Urinstinkte, nämlich der Selbsterhaltungstrieb verloren ging und zwar nicht nur mal "für ne Woche".
Über einen Menschen, der soweit weg war vom Wohlbefinden, dass der Wunsch zu sterben über Hunger- und Durstgefühl dominiert haben obwohl es sich um eine junge Frau handelte, die sicher verstehen konnte, dass das ein sehr langer und sehr steiniger Weg in den Tod ist.
Vielleicht möchtest Du im Angesicht dieser Fakten Deine Definition von "war um Grunde gesund" nochmal überdenken.
Sie war
nicht gesund und anders als bei mir konnte ihr Leid nicht einfach ausgeknipst werden indem ich alle paar Stunden Oxycodon esse und dann ein völlig normales Leben führen kann.
Funkystreet schrieb:Tussinelda schrieb:
Gesellschaft und die kann nicht bestimmen, ab wann, warum und welche Krankheit es ggf. hergeben
Leider doch. Die Gesetze zur Sterbehilfe werden natürlich von Volksvertretern getroffen. Das ist dir hoffentlich klar. Gleiche Regeln für alle, so ist das eben in einer Gesellschaft.
Tjo aber trotzdem findest Du diese Gesetze scheinbar nicht mehr so achtenswert, wenn sich darauf berufen wird, dass Suizid nicht verboten ist.
Flitzschnitzel schrieb:Gegen das eigene Leben zu sprechen braucht Gründe.
Das ist, wenn man temporär instabile Personen an Kurzschlusshandlungen hindert ziemlich selbstregulierend.
So ein Selbsterhaltungswille ist nichts, das grundlos einfach so verschwindet.
Flitzschnitzel schrieb:Gründe welche von Menschen unter Krankheit nicht immer mit der Wirklichkeit im Einklang gezogen werden.
Flitzschnitzel schrieb:Und manche, besonders Menschen mit zb. Depression udg., ziehen dieses Schluss wegen einer eingeschränkten Sicht. Fakt!
Mit welcher Begründung soll für eine Person, die ein Weiterleben als unzumutbar ansieht und zwar langfristig denn wichtig sein, dass eine Person ohne diese Leiden an jedem Tag nur so vor Lebensfreude und Tatendrang sprüht?
Man muss sein eigenes Leben leben, nicht das Anderer.
Mit
der "Begründung", könnte man genauso gut einem Krebspatienten oktroyieren, dass er doch bitte nicht seine "verzerrte Wahrnehmung" von Tumorschmerzen und unerfreulichen Behandlungsmethoden verrennen soll, immerhin gibt es doch so viele Menschen ohne Krebs die ein so gutes Beispiel dafür sind, dass das Leben etwas ganz, ganz Tolles ist.
Wer wird sich denn diese Einschätzung Unbeteiligter verhageln lassen, nur weil er in seiner eigenen Realität leben muss, die irgendwie ganz und gar nicht so ulkig ist...
Wer den Fakt anführt, dass Depressionen den Zugang zu Lebensfreude und damit den Blick auf "das Leben" verzerren, der sollte auch den Fakt, dass diese Person aber nun mal in der eigenen Wahrnehmung leben muss nicht außer acht lassen.
Dom_Civic schrieb:Das Problem an diesem Fall ist ja auch das wir das Mädchen selber nie persönlich kennen gelernt haben.
Ist es Deiner Meinung nach wirklich notwendig einen Menschen zu kennen um ihm den Respekt zukommen zu lassen besser darüber befinden zu können was erträglich erscheint als jeder Andere das kann?
Flitzschnitzel schrieb:Es ist eher naiv, uninformiert und vielleicht auch dumm, zu glauben, Depression wäre heutzutage noch ein Todesurteil und man sollte diesen Menschen besser Sterbehilfe zukommen lassen.
Eigentlich ist es eher naiv und uninformiert Depressionen als etwas anzusehen, dass doch nicht so schlimm sein kann und zu verlangen, dass jemand völlig Fremdes durch ein Leben quält das derjenige nicht will, nur weil man selbst der Ansicht ist, dass "das Leben" etwas gaaaaanz dolles und kostbares ist und jeder Andere, dass gefälligst auch so zu beurteilen hat.
Das ist außerdem auch noch egozentrisch.
NeonMouse schrieb:Wer bin ich, da von oben herab ein Urteil zu sprechen?
Guter Einwand! Sehr guter Einwand.
Flitzschnitzel schrieb:Zum glück haben wir Gesetze und Regelungen die bei weitem das übersteigen was du hier fabuliert hast mit "eigener Wille über alles".
Und diese Gesetze sagen, dass Selbsttötung nicht verboten ist.
Flitzschnitzel schrieb:Anders gefragt, bei welchen Krankheiten/Verletzungen wäre Sterbehilfe dMn angebracht?
Warum eine lange Liste machen, wenn eine Kurze es auch tut?
Es ist eine Tatsache, dass der eine Mensch mit einem Schicksal großartig zurecht kommen kann, dass einem Anderen die Lust morgens wach zu werden ein für alle Male verhageln kann.
Wie gesagt, schützt man temporär labile Menschen vor vorschnellen Handlungen, dann ist es eine Tatsache, dass der Lebenswille nichts ist, dass völlig grundlos verschwindet und über einen längeren Zeitraum (in diesem Fall Jahre) nicht mehr zurückkehrt.
Beschäftigt man sich näher mit Menschen mit einem Sterbewunsch, dann kann man ziemlich leicht "aussieben".
Diejenigen, die "das Leben" genauso voreingenommen verteufeln wie es hier von der "Gegenpartei" als so unglaublich wertvoll beschreiben sollte sofern möglich noch mal einen Therapieversuch machen.
Denn bisher hat ausnahmslos jeder "Sterbewillige" von dem ich je gelesen, gehört oder mit dem ich je gesprochen habe deutlich gemacht, dass er gerne weiterleben würde, wenn dies nur unter Bedingungen möglich wäre, die für ihn einfach nicht mehr erreichbar sind.
Sterbewillige, die ihren Wunsch sorgfältig durchdacht und reflektiert haben antworten nicht mit "Ist doch eh alles sinnlos." oder Ähnlichem, sondern können klar benennen was genau in welcher Form anders sein müsste um ihnen den Lebenswillen zurückzugeben.
Und wenn diese Wünsche jenseits von dem liegen, was die Prognose dieser Menschen als Möglichkeit in Aussicht stellt weiß ich nicht was jemand anderem das Recht gibt zu sagen "Pft, ich find Du kannst auch ohne das Leben, was Du für Dich also so wichtig benennst und meine Beurteilung
Deiner Situation hat mehr Gewicht als Deine Eigene.
Flitzschnitzel schrieb:Denn das eigen empfundene Leid und der Wille alleine, ist von Krankheit zu Krankheit, von Mensch zu Mensch, nicht selten sehr unterschiedlich.
Und obgleich Dir da klar ist erwartest Du trotzdem, dass ein Mensch sich von einem Anderen sagen lassen soll ob sein Leben erträglich ist oder nicht?
Das verstehe ich ehrlich gesagt so gar nicht.
Flitzschnitzel schrieb:Eine Depression alleine, egal wie lange schon und egal wie stark das empfundene Leid manchmal sein mag, reicht da zum Glück noch nicht.
Wo drauf beziehst Du das?
In Ländern in denen ärztlich assistierter Suizid rechtlich besser dasteht als in Deutschland oder gar die eine der andere Form vom Sterbehilfe legal ist, ist die Bewilligung eines Antrags auf diese Form der Unterstützung keineswegs pauschal unmöglich, weil es sich ja "nur" um Depressionen handelt.
In der Schweiz zumindest kann auch einem Menschen der unter Depressionen leidet diese Hilfe zu Teil werden und der Antrag der junge Frau um deren Fall es hier geht wurde ebenfalls nicht abgelehnt, weil ihre psychischen Leiden "nicht so schlimm" seien, sondern mit Hinweis auf ihr Alter.
Da die Niederlande aufgrund ihrer Haltung zur Sterbehilfe ohnehin bereits massig Kritik einstecken müssen, ja selbst in dem Artikel so umfangreich auf das Thema eingegangen wird, das hier immer wieder Beiträge von Schreibern auftauchen, die gar nicht verstanden haben, dass sie gar keine Sterbehilfe erhalten hat und es absehbar war, dass dieser Fall von der Presse benutzt werden wird um die Gesetzgebung hinsichtlich der Sterbehilfe in den Niederlanden erneut anzugehen (und das sogar obwohl die Betroffene gar keine Sterbehilfe erhalten hat) ist es sogar möglich, dass der Antrag dieser jungen Frau eher aus politischen Gründen abgelehnt wurde, als aus der Überzeugung heraus, dass Sterbehilfe hier nicht angezeigt ist.
Während wie das jedoch nicht erfahren werden, erfahren wir aber dennoch, dass ihr Antrag nicht mit der Begründung "Depressionen sind kein hinreichender Grund" abgelehnt wurde, sondern mit dem Verweis auf ihr gegenwärtiges Alter und einem Hinweis darauf ab welchem Alter sie zumindest Aussicht darauf hat, dass der Antrag bewilligt wird.
Flitzschnitzel schrieb:Aber dann eher für Menschen welche zb. an einer unheilbaren Krankheit leiden
Das klingt irgendwie als wüsstest Du nicht, dass Depressionen ebenso wie Magersucht unheilbar sein können.
Flitzschnitzel schrieb:starke Schmerzen haben
Schmerzen lassen sich in den meisten Fallen sehr viel besser und einfacher behandeln als Depressionen.
Flitzschnitzel schrieb:nicht mehr laufen können
Wer sich morgens freiwillig vom Bett aus in einen Rollstuhl setzt um in den Tag zu starten, der hat noch etwas, das depressive Menschen häufig nicht mehr haben:
Die Überzeugung, dass es nicht nur möglich und sinnvoll sondern auch potentiell erfreulich ist einen neuen Tag anzugehen.
Flitzschnitzel schrieb:Eben Extremfälle.
Und ein Lebenswille der so nachhaltig verschwunden ist, dass Tod durch verhungern/verdursten als "reizvoll" angesehen wird ist Deiner Ansicht nach also nicht "extrem"?
Flitzschnitzel schrieb:Nicht wegen einer Depression
Also geht es Dir nicht nur um diesen Fall, sondern darum, dass Du ganz grundsätzlich davon überzeugt bist, dass eine Depression niemals ein unheilbarer Extremfall sein kann?
Wenn ja, wäre eine nähere Beschäftigung mit der Materie wirklich anzuraten.
Flitzschnitzel schrieb:auch wenn dieser hier tragischer weise leider verloren ging.
Ein langer Leidensweg hat das vom Betroffene seit Jahren gewünschte Ende gefunden und für manche Menschen ist das "tragisch", nur weil es bedeutet, dass jemand mit einem anderen Blick aufs Leben sich eine Stimme verschafft hat mit der er für sich selbst sprechen kann.
Das die junge Frau gefordert hat, dass man Missbrauchs- und Vergewaltigungsopfer mal grundsätzlich euthanasieren sollte habe ich nirgendwo gelesen und die Empörungsopern kann ich mir kaum ausmalen.
Aber so extrem leidende Menschen dazu zu zwingen sich weiter durch ihr Leben zu quälen, das soll in Ordnung sein?
Versteh ich nicht.
sacredheart schrieb:Dennoch handelte es sich um eine Minderjährige, die selbstverständlich nicht den Erfahrungshorizont haben kann, ob ihr Leben in Zukunft vielleicht doch mal erkennbar lebenswert wird
Solche Urteile finde ich an sich schon fragwürdig.
Aufgrund des Alters allein lässt sich keines Wegs zuverlässig auf den Weitblick eines Individuums schließen.
Und die Behauptung als "Minderjährige" habe die Betroffene "selbstverständlich" nicht den Erfahrungshorizont, den sich Wildfremde aber mal eben direkt für andere selbst zugestehen ist doch ziemlich schwierig.
sacredheart schrieb:Ob es gelungen wäre, einen Suizid längerfristig zu verhindern, sei dahingestellt,
"Können tu man Vieles". Man kann solche Menschen natürlich in Anstalten stecken, imobilisieren und zwangsernähren.
Das klingt nach einem sehr erfülltem, würdevollem "Leben".
Ne, eher nicht.
sacredheart schrieb:ihn jedoch zu assistieren, im Wissen, dass weder die psychische Konstitution noch das Lebensalter dazu angetan sind, ein weiteres Leben zu überblicken oder mittelfristige Perspektiven zu erkennen, kann ich in keiner Weise nachvollziehen.
Es wurde nicht assistiert und meiner Ansicht sind Fremde noch deutlich weniger in der Lage das Leben der Betroffenen zu überblicken als jemand der jung ist.
sacredheart schrieb:Ich gebe nur mal die Halbwertszeit unverbrüchlicher Willensbekundungen anderer 17jähriger zu bedenken, nur sind die meist nicht derart unumkehrbar.
Das lässt sich doch gar nicht pauschalisieren.
Ich kenne 15 jährige die einen erstaunlichen Weitblick haben ebenso wie ich 40 jährige kenne bei denen ich meine Zweifel habe ob sie einen Wahlzettel ausfüllen, ein KFZ führen oder nach eigenem Ermessen Alkohol konsumieren sollten.
Wie kann jemand zur gleichen Zeit "reif genug" sein, dass man annimmt sie sei in der Lage die Traumata denen sie ausgesetzt war verarbeiten, aber gleichzeitig zu "unreif" um darüber zu befinden ob sie weiterleben möchte?
Jedem kann doch an jedem Tag alles Mögliche passieren.
Zuerst fragt keiner, ob man überhaupt geboren werden möchte, bzw in die Lebensumstände reinrasseln, die das Elternhaus nun einmal festlegt und anschließend können wir an jedem Tag unseres Lebens mit Situationen konfrontiert werden für die wir nicht einmal annähernd "bereit" waren.
sacredheart schrieb:Das Mädchen befand sich in einer 'Klinik', sprich in einem Ort, an dem man auch einen Hungertod hätte verhindern können.
Bedingt.
Man kann versuchen den Mangel über Ernährungssonden, Infusionen usw auszugleichen, aber auch wenn man das tut kann ein so ausgezehrter Organismus nicht immer davon abgehalten werden sich "abzuschalten".
sacredheart schrieb:Schon indem man ein Kind in einer zum Suizid bestimmten Klinik aufnimmt, unterstützt man diesen Weg.
Es deutet nichts darauf hin, dass der Klinikaufenthalt den Suizidabsichten der Betroffenen entgegen gekommen ist.
Eher im Gegenteil. Wenn ein Antrag auf Sterbehilfe abgelehnt wird, dann muss die Klinik da sicher wachsam sein.
Die Betroffene als "Kind" zu bezeichnen finde ich ebenfalls schwierig.
Sie war 17, wäre also bald volljährig geworden.
Aber ich denke, dass wir uns doch einig sind, dass man an seinem 18 Geburtstag nicht plötzlich aufwacht und sich "weil man nu volljährig ist" Weisheit und ein Weitblick, blicken lassen, die einige Tage, Wochen oder Monate zuvor noch nicht da waren.
In meinem Umfeld war es üblich Jugendliche je nachdem wie sie sich verhalten haben spätestens mit 15 oder 16 innerhalb des gesetzlichen Rahmens einen Großteil an Entscheidungen selbst treffen zu lassen, einfach weil bei jemandem der mit 17 noch Dinge vorgekaut bekommt die er mit 18 dann plötzlich selbst lösen muss mit mehr als einer hohen Wahrscheinlichkeit eine komplett vorhersehbare Bruchlandung auf die Schnauze erlebt.
Es gibt doch auch 16 jährige, die, auch wenn das selten "ideal" ist Kinder bekommen und erstaunlich Verantwortungsbewusst aufziehen.
Ich kenne gleich mehrere Großfamilien in denen die ältesten Geschwister gewichtige Rollen auszufüllen haben und das häufig schon als Kinder, also vor Vollendung des 14. Lebensjahres.
Es mag stimmen, dass Weitsicht und Vernunft häufig mit dem Alter einhergehen, aber das Alter als alleinigen und derart gewichtigen Maßstab zu nehmen bewährt sich meiner Erfahrung nach keineswegs.
Bishamon schrieb:dann zeig mir doch mal so eine Liste, die entscheidet, ob Beihilfe zur Selbsttötung (assistierter Suizid) erlaubt ist
Muss es denn eine "Liste" sein oder reicht es nicht aus, dass Beihilfe zum Suizid selbst in Deutschland straffrei ist, zumindest dann, wenn die Absicht des Suizidenten außer Frage stand?
Wenn ich jemandem, der seinen Standpunkt klar gemacht hat ein Medikament zugänglich mache mit dem er sich selbst das Leben nimmt, dann handle ich hinsichtlich des Arzneimittelrechtes und je nach Substanz auch dem BTMG gesetzeswidrig und kann entsprechend belangt werden.
Dass ich jemandem der eindeutig die Absicht hatte sein Leben zu beenden auf diese Weise unterstützt habe steht aber nicht unter Strafe und das ist sogar von dem Grund des Suizidenten unabhängig.
sacredheart schrieb:Wenn in einem richtigen Krankenhaus ein Patient einen Hungertod erleidet, wird dies auch in aller Regel nicht als unstrittig natürlicher Tod gewertet.
Das ist, wie bei Todesfällen auch sinnvoll einzelfallabhängig.
Wird jemand stationär aufgenommen, der bereits so untergewichtig ist, dass bereits Organschäden vorliegen bzw es zu einem Organversagen kommt, dann wird sicherlich geklärt, ob hier im Vorfeld z.b. irgendwelche Unterlassungsdelikte vorliegen oder das Aushungern gar nicht dem Willen des Betroffenem entsprochen hat, sondern auf eine anderweitige Straftat eines Dritten zurückzuführen ist.
Verstirbt jemand der bekanntermaßen magersüchtig war und dem entsprechende Therapien zugänglich waren an den Folgen des selbstgewähltem Nahrungsentzuges, dann liegt ein natürlicher Tod vor, wie "üblich", wenn der Todeseintritt die Folge einer Vorerkrankung ist und keine Straftat von Dritten im Raum steht.
Das die Medizin Fortschritte macht ändert ja nichts daran, dass manche Krankheiten tödlich verlaufen können und wenn sich das in den letzten Jahren nicht geändert hat ist Magersucht eine der Krankheiten bei denen Todesfälle so selten nun auch wieder nicht sind.
Flitzschnitzel schrieb:Kybela schrieb:
dann zeig mir doch mal so eine Liste, die entscheidet, ob Beihilfe zur Selbsttötung (assistierter Suizid) erlaubt ist
Die ist dort wo die Vernunft zuhause ist....
Also ist es aus Deiner persönlichen Sicht nun "vernünftig" oder "unvernünftig", dass die Beihilfe zur Selbsttötung straffrei ist?
Funkystreet schrieb:Man sollte schon empathisch sein, und irgendwann einem Menschen auch das Recht zustehen, zu gehen.
Dazu benötigt man nicht einmal Empathie, sondern muss lediglich gelernt haben, dass man selbst nicht der Maßstab des Universums ist.
yong schrieb:Fraukie schrieb:
Deswegen konnte das Mädchen sein Leiden beenden und wird nicht irgendwo hinter Mauern und Gittern ruhig gestellt und zwanghaft am Leben gehalten ohne das jemandem ein gutes Argument einfällt, was die Patientin denn nun genau von diesem Leben hat.
So wie du es ausdrückst, ist es verständlich
Das ist doch schon einmal was.
Ich würde niemals von Dir verlangen Deine persönliche Einstellung zu dem Thema zu ändern.
Die Betroffene zu verstehen ist meiner Ansicht nach ausreichend um ihr den notwendigen Respekt zu zollen.
Ob Du in gleicher Lage anders handeln würdest ist gar nicht von Bedeutung.
yong schrieb:Mal ganz neugierig, nur an Dich gerichtet: Glaubst Du denn nicht, das Noa vielleicht doch noch eine Chance gehabt hätte wenn sie älter geworden wäre?
Ich bin nicht gut mit "Glaube" und selbst wenn ich diesbezüglich einen Glauben hätte würde ich nicht auf die Idee kommen, dass dieser Glaube so bedeutsam ist, dass er für die Betroffene von Bedeutung hätte sein müssen.
Tatsache ist, dass ich es nicht weiß ob sie in 10 Jahren glücklich, aufgrund ihrer Vorgeschichte in einer gewaltätigen Beziehung gefangen ist oder sich bereits anderweitig suizidiert hätte, nach Vollendung ihres 21. Lebensjahres möglicher Weise mit "staatlicher" Hilfe.
Wissen tue, dass sie ihre Wahl getroffen hat und das definitiv nicht vorschnell.
Und das ist die einzige Tatsache die ich wissen muss um der Ansicht zu sein, dass es gar keine Rolle spielt ob ich irgendetwas glaube oder anders beurteile, weil ich absolut keinen Grund habe anzunehmen, dass mein Urteil für diese junge Frau von irgendwelcher Bedeutung ist oder auch nur sein sollte.
yong schrieb:In Deinen Posts wirkst Du alles andere als gefühllos.
Das kommt daher, dass es ein Fehlschluss ist anzunehmen, dass man empathische Fähigkeiten braucht um auf die Bedürfnisse Anderer einzugehen.
Tatsächlich können Empathie und eigene Gefühle sogar dazu verleiten von sich selbst auf Andere zu schließen und das ist häufig ganz und gar nicht zielführend.
yong schrieb:Für Tiere bringst du aber doch hoffentlich jede Menge Empathie auf , ansonsten wäre das sehr schade.
Ich bin zur Empfindung von Empathie nicht befähigt.
Muss ich aber auch nicht sein. Ich muss einen Zustand nicht mit- oder nachfühlen können um zu erfassen was Sache ist adäquat darauf zu reagieren.
Ob ich dabei einem Menschen oder einem Tier gegenüber stehe ist zweitrangig.
yong schrieb:Zum Rest darf ich ja leider nichts schreiben, ohne einen auf den Deckel zu bekommen. ;)
Manchmal lohnt es sich darüber nachzudenken warum das so ist.
yong schrieb:Sicher, doch war es so ein zartes, fragiles, intelligentes Leben, welches weg geworfen wurde.
Sicher ist, dass ein Leben geendet hat und das in einem Alter in dem unsere Gesellschaft das als besonders tragisch einstuft.
Von einem "weggeworfenen Leben" zu sprechen sehe ich als unangebracht wertend an.
In diesem Kontext schwingt da immer ein gewisser Vorwurf mit.
Rein statistisch betrachtet ist es wahrscheinlich, dass die Betroffene sehr gern eine schöne Kindheit und Jugend verlebt und und dann ein erfülltes Leben gelebt hätte.
Aber dann sind Dinge passiert die sie sich nicht ausgesucht hat, die haben ihr das Leben verleidet.
Sie hat versucht durch die Inanspruchnahme entsprechender Hilfsangebote den verlorenen Lebenswillen zurückzugewinnen und das war nicht erfolgreich.
Deswegen wollte sie nicht mehr leben und hat den ihr zur Verfügung stehenden Rahmen genutzt um dem Leben das sie so gequält hat zu entkommen.
Ich denke nicht, das irgendwer der hier zum Ausdruck gebracht hat, dass ihr dieses Recht auch zusteht bestreiten wollte, dass ihr etwas Anderes zu wünschen gewesen sei.
Aber wie gesagt, "wirklich Sterbewillige" unterscheiden sich von "temporär Lebensüberdrüssigen" meiner Erfahrung nach gerade darin, dass sie sehr gern ein schönes Leben leben würde, nicht "ach, einfach alles doof" sagen, sondern nicht nur konkret benennen können was ihnen das Leben verleidet, sondern auch versucht haben etwas dagegen zu tun.
yong schrieb:...weise Worte und ein Wink mit dem Zaunpfahl den ich aufnehme, statt wie sonst zu ignorieren
Das ist doch auch schon einmal etwas.
yong schrieb:Trotzdem möchte ich einwerfen das wir uns oft nicht nur nach uns, sondern nach der Allgemeinheit richten, sonst würde Chaos ausbrechen.
Stimmt schon, aber eine Menge Chaos bricht auch nur deswegen aus, weil es vielen Menschen schwer fällt zu akzeptieren das sie ihre eigenen Erfahrungen, Ansichten, Überzeugungen und Handlungen nicht auf Andere übertragen können.
Fehlender Respekt vor den Ansichten Anderer und das Unvermögen sich an die eigene Nase zu fassen haben schon zu einer Menge Chaos geführt.
yong schrieb:Ich reiße mir seit Jahren im Tierschutz den Hintern auf
Dann hast Du es doch sicherlich auch schon miterleben müssen, dass irgendein Tierschutzverein einem Tier das ganz objektiv am Ende war die Euthanasie verwehrt hat, weil diese traurige Geschichte ein viel zu tolles Aushängeschild war.
Mal mehr, meist weniger bewusst.
Ich hatte auch schon mit Hunden zu tun, die körperlich gesund waren, aber die Misshandlungen und Co zu lange ertragen mussten und sich einfach nicht zurück ins Leben haben locken lassen.
Fast hätte das auch mal einen Pflegling von mir "erwischt".
Lange vor dem Studium, ich war noch in der Ausbildung zur Tierarzthelferin, bei einem Tierarzt der nie bereit war Abstriche beim Wohl des Tieres zu machen.
Nachdem dieser Hund bei mir angekommen war wurde schnell deutlich, dass es sich nicht um einen "einfachen Angsthund" handelt, sondern um einen von denen bei denen man die Möglichkeit, dass er schon zu weit weg ist nicht ignorieren kann.
Nach viel Austausch mit dem zuständigem Verein und nachdem ich meinem Chef sofern möglich Zugang zu diesem Hund gab waren wir uns alle einig, dass es keine Tierliebe ist sich das zu lange anzuschauen.
Keiner von uns hatte es mit Fristen, aber irgendwie waren wir uns einig, dass wir ihm am besten helfen, wenn wir den Körper dorthin "hinterher" schicken wo immer der "Geist" bereits festhängt.
Wie lange ist es für den Hund zumutbar zu wissen, dass mein Mann zwar in den Keller gezogen ist, weil ein Mann im Haus jede Aussicht auf Erfolg weiter geschmälert hätte, aber dennoch war die "Bedrohung" ja da.
Wie lange ernährt man einen Hund zwangsweise über eine Sonde, weil er nichts anderes tun kann, als sich so fest in eine Zimmerecke zu pressen wie es nur geht.
Wie oft behandelt man eine Augenentzündung, weil er es nicht wagt die Augen zum Schlafen zu schließen.
Wie lange mute ich es ihm zu, dass ich im gleichen Raum sitze und darauf warte, dass er aufhört vor Panik zu schreien oder zu zittern das die Zähne klappern?
Ich weiß es nicht, denn nach Kalender zu gehen erschien nicht sinnvoll oder fair.
Aber als ich den Blick von ihm abgewandt die Hand zu ihm hielt und er sich entschied sich gegen meine Hand zu lehnen, da war ich an einem Punkt an dem ich mir das nicht mehr lange mit angesehen hätte und Verein und Tierarzt das genauso gesehen haben.
Wie klein die Schritte in den folgenden Monaten und Jahren waren und das es Rückschläge gab war weniger von Bedeutung, den Fortschritt ist auch dann Fortschritt, wenn er langsam ist.
Aber ich weiß auch, dass mein Einfluss darauf ob er zurück kommt begrenzt war und kannte Leute, bei denen es kein Happy End gab.
Menschen die nichts falsch gemacht hatten, im Gegenteil, die meisten hatten weit mehr Erfahrung als ich.
Aber manchmal nutzt ein gesunder Körper eben gar nichts, manchmal kehrt der zerstörte Lebensmut nicht zurück, egal wieviel Geduld, Verständnis, Zeit und Medikamente man zur Party mitbringt.
Hätte ich das "mehr" versucht, von dem hier viele den Eltern von Noa vorwerfen, dass sie es nicht getan haben, dann hätte er sich niemals auf meine Hand zu bewegt sondern jede Möglichkeit genutzt den Abstand zu vergrößern.
Es gibt eine Grenze bis zu der Hilfe von außen vordringen kann.
Schafft es der "Lebensmüde" nicht mehr sich mit jemandem an dieser Grenze zu treffen und sie von seiner Seite aus zu überschreiten, dann mag es gelingen den Körper über diese Grenze zu zerren und hineinzubrüllen, dass man ihm das Sterben nicht gewährt.
Aber das ist kein Erfolg, das ist keine Liebe und das ist kein Respekt.
Das ist Wahnsinn und so sehr ich jedem zugestehe für sich wahnsinnig zu sein, Andere wehrlos zu machen und diesem Wahnsinn auszusetzen.... das ist nicht nett. Ganz und Gar nicht Nett.
oBARBIEoCUEo schrieb:Ein Leben hat sie ja jetzt nicht mehr, auch nicht die Möglichkeit neue Erfahrungen zu sammeln
Das ist richtig, aber für sie ist es wohl auch wichtig, dass nun keiner mehr daherkommen und ihr Schmerzen zufügen kann.
oBARBIEoCUEo schrieb:Am Schluß bleibt, dass sie den Tätern geschenkt hat, was sie wollten. Ein beendetes Leben. Das sind sie einfach nicht wert. Ich finde, dass das 'Böse' nicht gewinnen darf.
Täter gewinnen auch, wenn man ihnen ein leidvolles Leben widmet.
Das Opfer gewinnt nur, wenn es ihm gelingt die Täter aus seinem Gedächtnis zu verbannen und das kann nicht jedes Opfer.
Manchen hilft es zu wissen, dass die Täter bestraft wurden anderen auch das nicht.
Ich bin zwar ohne Ausnahme gegen die Todesstrafe, verurteile Folter ohne wenn und Aber und bin so gegen Gewalt, dass ich schon fast langweilig bin.
Aber mich würde mal ne Studie interessieren die untersucht ob es Missbrauchs- und Vergewaltigungsopfern hilft, wenn sie nach erfolgter Verurteilung dem Täter einmal so richtig frei aus der Brust raus eine runterhauen dürfen.
Keine Waffen, nichts das bleibende Schäden hinterlässt oder zu schmerzhaft ist.
Einfach nur das "gute Gefühl", dass am Ende des Liedes der Täter hilflos diesen einen Schlag aushalten mussten.
Fände ich durchaus spannend ob das dem einen oder anderem Opfer helfen würde.
Mila_ schrieb:Ist recht schwierig weil keiner von uns irgendwie unterstützen oder irgend eine Art von Hilfe geben darf.
Wie gesagt, wenn ohne Zweifel feststeht, dass sich jemand wirklich das Leben nehmen möchte, dann darfst Du ihm dabei helfen und kannst dafür auch nicht bestraft werden.
MissLingen schrieb:Wow, ich bin beeindruckt. Gute Sache, für den Tierschutz etwas zu tun, aber mit Menschen scheinst du es wohl nicht so zu haben.
Großeltern bis zum Tod zu versorgen und jetzt für eine schwächer werdende Mutter da zu sein ist wohl für die Empathie doch sinnvoller.
Das bezweifle ich, wie die meisten Pauschalaussagen.
Von meinen Großeltern konnte man eine Menge über Narzissmus und die schlechten Seiten einer Soziopathie lernen.
Empathie aber mal ganz sicher nicht.
MissLingen schrieb:Zurück zum Thema, warum nehmen eigentlich so viele hier an, dass psychische Erkrankungen sich nicht körperlich auswirken?
Gute Frage.
Endokrinologie ist verdammt komplex und auch kein Feld der Wissenschaft auf dem wir schon lange sehr weit wären.
Ich weiß noch, dass zu meiner Schulzeit bei diesem "Drogen sind schlecht-Unterricht" immer ganz gewaltige Unterschiede zwischen "physischer und psychischer Abhängigkeit" gemacht wurde und das darauf hinauslief, dass "psychische Abhängigkeit" unglaublich verharmlost wurde.
Da ist es für mich keine sooo große Überraschung, dass psychische Erkrankungen nu das gleiche Problem haben und es weithin unbekannt ist, dass eine echte, komplette Trennung von "Körper" und "Psyche" zwar für Religion und Philosophie sinnvoll erscheint, streng naturwissenschaftlich betrachtet in der Form aber gar nicht existiert.
Aniara schrieb:Ein Selbstmord ist endgültig, da kann man nichts mehr rückgängig machen. Man muss so was eben langfristig beobachten und analysieren.
Für eine 17 jährige ist eine Beobachtung und Analyse des eigenen Zustandes über mehrere Jahre hinweg ganz schön langfristig.
Aniara schrieb:Na ja, sowas kann ich bei Krebs oder bei chronischen Schmerzen nachvollziehen. Aber bei psychischen Dingen sollte man da viel resoluter vorgehen.
Wie kommste denn auf das schmale Brett?
Ich hab chronische Schmerzen seit ich 10 oder 11 bin, war dann paar Jahren in nem nervigem Teufelskreis.
Mit 24 hab ich zum ersten Mal Morphium gekriegt.
Half toll gegen die Schmerzen, warf meinen Kreislauf aber so nieder, dass ich etwa so aktiv wie Brokkoli war.
Dann wurde ich auf Oxycodon umgestellt.
Mich mit der richtigen Schmerztherapie so einzustellen, dass ich in ein völlig normales Leben eintreten konnte hat keine Woche gedauert und wenn ich das Oxycodon zuverlässig einnehme, damit der Spiegel im Blut nicht absinkt, dann bin ich gesund.
Meine Schwester kämpft seit Jahren mit Depressionen und Erkrankungen die von dem einen Arzt als "bipolare Störung" und vom nächsten als "Borderline" angesehen werden.
Sie war mehrfach in Kliniken, oft über Monate hinweg Arbeitsunfähig.
Bei jedem neuen Therapieansatz, egal ob medikamentös, verhaltenstherapeutisch oder was sonst dauert es Wochen ehe sich abzeichnet, ob die Behandlung überhaupt anschlägt, davon ob sie richtig eingestellt ist mal gar nicht erst anzufangen.
Tiermedizinische Paper über Schmerztherapie sind üblicher Weise sehr kompakt.
Fällt einem ein Buch über Endokrinologie aufn Fuß und sei es nur ein Kompendium, dann braucht das nicht einmal einen festen Einband um dem Fuß ganz schön weh zu tun.
Deine Vorstellung vo Erkrankungen bei der Hormone, Transmitter und Co dem Erkrankten so übel mitspielen, dass die Phasen in denen er heulend in der Ecke liegt die GUTEN sind, weil da wenigstens noch etwas ist, während sich die richtig unschönen, depressiven Phasen so darstellen, dass das Gehirn in einen Loop gerät in dem es absolut unfähig ist irgendetwas noch einen Sinn zuzuordnen, weil das dafür grade benötigte Dopamin, Serotonin und wie sie alle heißen einfach mal nicht wie vorgesehen zur Verfügung gestellt wird ist höflich gesagt, fehlerhaft.
Du sprichst hier von Menschen, deren Gehirn die Fähigkeit verlieren kann einen Sinn darin zu erkennen die Bettdecke zur Seite zu schlagen und sich von der Horizontalen in die Vertikale zu begeben.
Beim Aufstehen und dem Durchführen alltäglicher Handlungen sind wir da noch gar nicht.
Lustiger Funfact:
Die Erkenntnis, dass solche Stoffwechsel"fehler" dazu führen können, dass ein Organismus unfähig wird normal auf seine Umwelt zu reagieren obwohl Sensorik, Motorik und Co nicht gestört sind trug dazu bei, dass diese elektrischen Viehtriebstäbe verboten wurden und heute wird uns schon im ersten Semester beigebracht, dass eine Kuh die nicht ernsthaft krank ist, sondern "nur" leichtes Fieber hat oder "deprimiert" ist, weil ihr das Kalb weggenommen wurde nicht aufstehen
kann auch dann nicht, wenn alle Beine dran und alle Nerven und Muskeln vorhanden und Intakt sind.
Der notwendige Antrieb der "ja nur im Kopf" ist ist dann aus.
Ich muss nu nicht erklären, dass Endokrinologie und Gefühlsleben nicht unkomplizierter werden, wenn man die Milchkuh liegen lässt und sich einem depressivem Menschen zuwendet.
Mila_ schrieb:Wer es selber nicht erlebt hat was die Psyche machen kann redet sich leicht.
Ich schließe ungern von mir auf andere, aber grade weil ich weder emotional normal funktioniere noch die hellste Birne am Kronleuchter bin sollte ich als Beispiel geeignet sein, dass auch jemand der noch nie selbst erleben musste was eine psychische Erkrankung ist trotzdem die notwendigen Informationen zusammentragen kann, die mich in die Lage versetzen zu begreifen, dass "sich einfach mal zusammenreißen und auf nen Berg steigen" keine Option ist sich gegen eine psychische Erkrankung zu wehren.
filiz schrieb:Auch bei Depressionen findet man fast immer ein Ausweg
Hast Du dafür eine Quelle?
Alles was ich bisher gelesen habe, egal ob auf deutsch, englisch oder französisch kommt eher zu dem Schluss, dass es langwierig und schwierig ist herauszufinden welche Therapie für den Betroffenen die richtige ist und das man selbst bei einer Therapie die anschlägt in der Regel zwar die Symptome lindern, aber in den meisten Fällen keine dauerhafte Heilung erreichen kann.
Materianer schrieb:Natürlich ist jedes Leben zu kostbar und sollte niemals aufgegeben werden, besonders nicht bei einer minderjährigen.
Ich frag mich warum das so "natürlich" ist, zumindest bei jemandem der zu dem Schluss gekommen ist, dass er nicht mehr Leben möchte.
Materianer schrieb:Wie konnten die Eltern nur so etwas zulassen frage ich mich da, aber in anderen Menschen steckt man ja nicht drin.
Ich lehne mich mal aus dem Fenster und nehme an, dass es bei den Eltern einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat mitzuerleben wie ihr Kind zwangsweise eingewiesen und dort zwangs ernährt wurde.
Die Eltern haben mit ansehen müssen, dass die Situationen in denen sie sicher sein konnten, dass ihre Tochter sich nichts antut die waren in denen ihr Kind eingesperrt war und fremdbestimmt wurde.
Und selbst das führte dazu, dass ihre Tochter sich die einzige Kontrolle sicherte, die sie ergreifen konnte, nämlich die Nahrungsaufnahme einzustellen in der Hoffnung man würde sie nicht dauerhaft irgendwo festhalten und zwangsernähren.
Ich kann nur annehmen, dass liebende Eltern nach solch einem eindrucksvollem Erlebnis Zweifel daran bekommen welche "Behandlung" nicht nur das Leben sondern auch die Selbstbestimmung und Würde ihrer Tochter auch nur im Entferntesten ermöglicht.
Aniara schrieb:Es gibt so viele Alternativen, damit fertig zu werden.
Und warum fallen all diese Alternativen immer nur Laien ein, während Fachärzte immer wieder damit konfrontiert werden einem Patienten zu stecken, dass sie ihn nicht heilen können sondern nur verschiedene Therapiemaßnahmen ausprobieren um zu schauen ob da war bei ist, dass das Leid auf ein erträgliches Maß reduziert?
Aniara schrieb:Warum macht man keine Wanderung über den Jakobsweg? Oder erklimmt einen hohen Berg? Unterhält sich mit Mönchen? Findet den Weg zu einer Religion?
Weil das nicht
geht. Aniara schrieb:Ich meine das wirklich ernst.
Das befürchte ich irgendwie auch.
Aniara schrieb:Hier würde ich zwischen körperlichen und seelischen aber mal ganz stark unterscheiden.
Und auf welcher Grundlage?
Flitzschnitzel schrieb:In einer Depression ist es das schlimmste, alleine mit seinen Gedanken zu sein.
Dachte ich auch mal, mittlerweile erscheint mir "alleine mit seinen Gedanken" zu sein als äußerst verlockend, wenn die Alternative darin besteht sich mit Menschen zu umgeben, die einem erzählen, dass man sich mal nicht so anstellen solle, man habe ja schließlich keinen Krebs.
Abnormo schrieb:Ob das Mädchen in ihren Fall die richtige Entscheidung für sich getroffen hat, wage ich aber nicht zu beurteilen.
Das ist doch mal eine gesunde Aussage.
filiz schrieb:Sie hatte so viele Jahre noch vor sich, woher sollte man wissen, ob sie irgendwann anders gedacht hätte und das Leben geliebt hätte
Das kann man nicht wissen.
Alles was man weiß ist das sie für sich entschieden hatte, dass sie lieber das Risiko eingehen möchte tolle Sachen zu verpassen als sich weiterhin einem Leben auszusetzen von dem sie wusste, dass es eben auch anders um die Ecke kommen kann.
Niemand muss diese Entscheidung für sich selbst übernehmen.
Es reicht völlig zu respektieren, dass dieser Mensch für sich selbst so entschieden hat.
Xana schrieb:Ab wann hat man denn als psychisch kranker Mensch das Recht zu sagen, ich will nicht mehr kämpfen
Na laut vielen Stimmen hier ja scheinbar gar nicht...
Puscheline schrieb (Beitrag gelöscht):Sehr seltsam. Kann einmal passieren... aber immer wieder? Da war doch der Wurm drin.
Leider ist das kein seltener Wurm.
Deswegen geht es in vielen Selbstverteidigungskursen gar nicht so sehr darum ob man einen Angreifer wirklich abwehren könnte, wichtig ist es, dass man sich eine Körpersprache zulegt, die man nur dann haben kann, wenn man davon ausgeht sich im Fall der Fälle verteidigen zu können.
Das hat mein Vater mir eingetrichtert, seit ich 5 bin.
Menschen, die anderen Menschen Böses wollen verhalten sich wie Raubtiere und die erkennen sehr gut was ein "gutes" Opfer ist und bei wem man riskiert selbst der mit der blutigen Nase zu sein.
Das Menschen, die früh Opfer von Missbrauch sind in ihrem Selbstbewusstsein so gestört werden, dass sie für potentielle Täter wie eine Werbetafel leuchten ist leider genauso "normal" wie die Regelmäßigkeit mit der solche Opfer im Erwachsenenalter in gewalttätige Beziehungen geraten und dort häufig nur rausfinden um mit einer tragischen Präzision dem nächsten Penner in die Arme zu laufen.
Puscheline schrieb (Beitrag gelöscht):Wie sowas in die Medien kommt, ist mir schleierhaft.
An sich eine gute Frage.
Auch wenn das nicht wirklich ein Suizid ist würde so ein Fall
eigentlich an der Selbstzensur der Medien scheitern.
Allerdings sind die Niederlande aufgrund ihrer tatsächlich ziemlich gewagten Gesetzgebung zum Thema Sterbehilfe ein beliebtes Ziel, grade für Kreise, die dafür sorgen wollen, dass das Thema auf den deutschen "Gesetzestischen" nicht auftaucht.
Da ist ein Fall bei dem man den Bogen so schlagen kann, dass man in diese sehr gut verkäufliche Nische fällt offensichtlich sein Geld wert, selbst wenn der Bogen den man schlagen muss um bei der niederländischen Sterbehilfegesetzgebung anzukommen mindestens genauso groß ist, wie die Nähe zu Themen, die aufgrund der genannten Selbstzensur eigentlich nicht in der Presse auftauchen.