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Carietta schrieb:Natürlich hat man Zeit, aber halt nicht rund um die Uhr.
Ich habe diese - purer Luxus. Ich muss nicht mehr arbeiten und kann den lieben langen Tag tun was mir beliebt. Meine Partner ebenfalls. Wir sind nicht im Rentenalter. Wir habe nur den dazu nötigen finanziellen Freiraum. Und ich kenne noch jede Menge Leute, bei denen das ebenfalls so ist - aus den verschiedensten Gründen. Manche sind in (Früh)Rente / Pension / Ruhestand, andere sind aus diversen Gründen finanziell unabhängig. So selten ist das gar nicht.
Ich persönlich würde mir wünschen, dass es noch viel mehr Menschen gäbe, auf die das zuträfe, weil ich annehme, dass dann viele unselige, von gegenseitigen Ressentiments geprägte Debatten, gar nicht mehr stattfinden würden. Meiner Erfahrung nach entstehen besagte Ressentiments nämlich erst daraus, dass alle Beteiligten, jeder auf seine Art und Weise, sich innerhalb des Systems als übervorteilt erleben. Das führt dann dazu, dass ein "Schuldiger" gesucht wird. Die Arbeitslosen kosten zu viel und sind zu unwillig. Die Arbeitgeber sind zu raffgierig / geizig bei den Löhnen. Der Staat verlangt zu viele Steuern. Der Arbeitsmarkt verlangt oft das Knüppeln bis zur Schmerzgrenze und / oder darüber hinaus, will man mithalten. Die Mitarbeiter der Behörden sind ein Problem oder haben eines (mit unwilliger Klientel). Und und und ..
Alle haben irgendwelche Punkte, die ihnen sauer aufstoßen. Und daraus resultieren dann die gegenseitigen "Beißreflexe". Um mal auf die Ursprungsfrage zurück zu kommen: Mit Zwang löst man gar nichts. Denn, all das, was hier stattfindet, all das gegenseitige Bezichtigen, resultiert aus latent gefühlten Zwängen. Der Unternehmer ist gezwungen, will er nicht pleite gehen, hart zu kalkulieren und z. T. horrende Steuern / Abgaben zu entrichten. Der Arbeitnehmer ist gezwungen, seine Arbeitskraft zu verkaufen, häufig wohl gefühlt unter Wert und bis an die Grenzen der eigenen Kräfte; und zusätzlich ggf. horrende Abgaben zu entrichten. Warum also, sollte es Arbeitslosen nicht zuzumuten sein, sich ebenfalls Zwängen zu unterwerfen? Ich glaube, das ist der eigentliche Punkt, an dem sich die Geister scheiden.
Vielleicht müsste man differenzieren, zwischen Zwängen, denen man sich freiwillig beugt, um den eigenen Lebensstandard halten zu können. Und solchen, die ohnmächtig und übermächtig erlebt werden, und bei denen es längst nicht mehr um Standard, sondern die nackte Existenz geht? Häufig wissen Arbeitslose und Grundsicherungsbezieher gar nicht um das, was ihnen zustehen würde. Vielfach wird aus Scham oder Kraftlosigkeit verzichtet, bzw. dem Einfordern ausgewichen. Ein "normaler" Mensch, der fest im Leben steht, schaut dann von außen darauf und denkt, was will er / sie denn, der Sozialstaat bietet es doch, er / sie muss sich nur bewegen. Aber selbst das ist eben häufig nicht mehr möglich. Ob aus Unwissenheit, Angst, Resignation .. man weiß es nicht. Aber Faulheit dürfte es in es in den seltensten Fällen sein; will ich meinen. Nur mal so ein Gedanke.
LG Marina