Gina-Lisa Lohfink - der Prozess
24.06.2016 um 19:11@McMurdo
Du hast erstaunlich geringe Anforderungen für den Begriff Faktum. Ich definiere es als unstrittige Wahrheit.
Wie definierst du den Begriff? Als Aussage die deine Meinung wiederspiegelt?
Du hast erstaunlich geringe Anforderungen für den Begriff Faktum. Ich definiere es als unstrittige Wahrheit.
Wie definierst du den Begriff? Als Aussage die deine Meinung wiederspiegelt?
McMurdo schrieb:Es ist das Betätigen einer polemisch-suggestiven Verdrehungsmaschine (wie sie auch von Pegida und der AfD betrieben wird) und der glatte Missbrauch von journalistischer Macht: Schuld und Unschuld, Täter und Opfer stehen für diese Art von Presse schon lange vor der Ermittlung fest.Das hier ein Missbrauch journalistischer Macht vorliegt, ist eine Meinung, kein Faktum. Journalisten dürfen sich ebenso wie Bürger eine Meinung zu solchen Dingen bilden. Und was heißt hier vor den Ermittlungen? Die Ermittlungen sind vorbei und das Urteil ist gefallen. Die Presse ist anderer Meinung aber hier fand wohl keine Vorverurteilung statt.
McMurdo schrieb: Eine freiberufliche Brigitte-Autorin, zu 60 Tagessätzen verurteilt, müsste vielleicht 2.400 Euro zahlen, eine Bundeskanzlerin 40.000 Euro, das weibliche Vorstandmitglied einer Dax-Aktiengesellschaft 200.000 Euro – alle für dasselbe Vergehen und bei 60 "Tagessätzen".Das mag sachlich richtig sein und ist eine Passage aus seinem überheblichen Erklärungs-Absatz. Gleichzeitig ist es unstrittig und für diese Diskussion völlig irrelevant.
McMurdo schrieb: Frau Rechtsanwältin Clemm ist, wie man immer wieder lesen und hören darf, eine so genannte "Opferanwältin". Was das sein soll, weiß weder die Strafprozessordnung noch sonst jemand, außer denen, die sich ebenfalls "Opferanwalt" nennen. Opferanwälte sind – und darauf kommt es an – in jedem Fall die Guten, Opfer-Anwältinnen ergo die ganz besonders Guten: Praktisch un(über)treffbar.Wie man dir schon nachgewiesen hat gibt es den Begriff tatsächlich und er hat auch eine klar definierte Bedeutung. Sogar in der Strafprozessordnung. Vielleicht weiß einzig Fischer es nicht.
McMurdo schrieb: In Deutschland werde über sexualisierte Gewalt und deren Wurzeln "nicht öffentlich gesprochen". Es handelt sich danach um eines jener "Tabus", das nun "endlich" einmal gebrochen werden muss. Nun wird man sagen dürfen, dass – außer vielleicht über terroristische Gewalt – in den letzten zwanzig Jahren in Deutschland über kein Thema so viel, so permanent und so öffentlich gesprochen wurde wie über das Sexualstrafrecht, die sexuelle Gewalt und den sexuellen Missbrauch.Das soll ein Faktum sein? Ich denke es gibt viele Themen über die öffentlich wesentlich mehr gesprochen wurde. Die EU, Eurokriese, Griechenland, Flüchtlinge, etc. Kannst du dieses "Faktum" irgendwie belegen? Kann Fischer es? Nein darum macht er sich keine Gedanken.
McMurdo schrieb: Denn es verhält nun einmal so, dass dieses "warum auch immer" auf jeden Fall und auf jeden Fall auch weiterhin von ganz entscheidender Bedeutung ist und sein wird – mögen die Opfer-Expertinnen des Strafprozessrechts den Kaiserin-Sissi-Jodler ausstoßen, so oft sie wollen. Denn ausgerechnet auf das "Warum auch immer" kommt es leider gerade an – jedenfalls solange wir noch über ein (Straf)Recht sprechen, das den Menschenrechten, der Wahrheit und der Fairness verpflichtet ist.Was soll da Faktum sein? Dass es auf ein "warum auch immer" ankommt?
McMurdo schrieb: Heute (nach geltender Rechtslage) ist es so: Wenn das Tatopfer sich nicht wehrt, weil es weiß, dass die Tür abgeschlossen ist und es keine Chance hat, zu entkommen: strafbar. Wenn es sich nicht wehrt, weil es konkludent bedroht wurde, und sei es nur durch Gesten oder im Vorfeld: strafbar. Wenn es sich nicht wehrt, weil es sich vor Gewalteinwirkungen fürchtet: strafbar. Wenn es sich nicht wehrt, weil es dazu aus psychischen Gründen oder aus physischen Gründen (Drogen, Alkohol, Geisteskrankheit, psychische Störung) unfähig ist: strafbar.Stimmt alles, aber wenn sich das Opfer rein verbal wehrt ohne körperlich eingeschränkt zu sein, ist es NICHT STRAFBAR.
McMurdo schrieb: Die neue Lösung soll nun darin bestehen, dass das Aussprechen des Wortes "Nein" oder der Formulierung "Ich will nicht" irgendwie isoliert, begründungslos, zusammenhanglos neben dem sonstigen Verhalten des Opfers steht. Das ist Unfug.Das das Unfug ist, ist eine Meinung kein Faktum. Und was heißt da begründungslos? Muss eine Frau begründen, warum sie keinen Sex und nicht vergewaltigt werden will? Vielleicht ist es Wunschdenken.
McMurdo schrieb: Handelt es sich um eine "offene", ersichtlich nicht von Nötigungshandlungen getragene Situation, wird man selbstverständlich (!) auch weiterhin das "Tatopfer" fragen müssen (!), warum es einerseits "nein" gesagt, andererseits aber widerstandslos getan hat, was der oder die Täter(in) verlangte. Alles andere wäre ein grober Verstoß gegen die gesetzliche Aufklärungspflicht. Denn das Aussprechen des Wortes "Nein" ist ja kein magisches Zauberritual, das die Deutung einer Situation ein für allemal festlegt und entscheidet. Wie jede andere Aussage in jedem anderem Zusammenhang kann das "Nein" oder "Hör' auf" ganz ernst, halb ernst oder gar nicht ernst gemeint sein; es kann überdacht, geändert, beeinflusst, aufgegeben, beschränkt, ausgeweitet, missverstanden werden.Das ist ebensowenig Faktum. Man kann ebenso der Meinung sein, dass ein "Nein" oder "Hör auf" bis zu einer Rückversicherung oder Klärung als ernst und absolut zu gelten hat. Hier wird die aktuelle Rechtslage dargestellt. Aber die zu ändern ist absolut möglich und auch rechtsstaatlich zulässig.
McMurdo schrieb: Was denn sonst? Es gilt doch für das "Nein" (ebenso wie für das "Ja") im Zusammenhang mit sexueller Betätigung nichts anderes als im Zusammenhang mit wirtschaftlicher Betätigung, mit allen anderen Einwilligungen oder Zustimmungen. Meint jemand ernsthaft, die Fragen der Freiwilligkeit, des Wollens oder Nichtwollens, der Ambivalenz oder des Nicht-So-Wollens, der Abhängigkeiten und Zwiespältigkeiten, der Fehldeutungen und Umdeutungen, ließen sich durch eine Beweiserhebung darüber erledigen, ob das Wort "Nein" in der Geschichte vorkommt oder nicht? Es scheint fast so – aber das ist eine sehr alberne Vorstellung.Ich sehe keine Albernheit in der Vorstellung und keine Fakten in der Aussage.
McMurdo schrieb: Die Opferanwältin Clemm und sämtliche Lesben- und Frauenvereine und alle aus ungeklärten Gründen weinend Gefilmten werden so lange nicht den Zustand der strafrechtlichen Glückseligkeit erlangt haben und daher auch keine Ruhe geben, wie nicht 1. die Fahrlässigkeits-Strafbarkeit für Sexualdelikte (einen vielversprechenden Ansatz finden wir im "Eckpunktepapier" vom 16. Juni 2016:"…gegen den erkennbaren Willen"), und 2. die Beweislastumkehr erreicht sind. Bis dahin werden die deutschen Richterinnen und Richter, so ist zu befürchten, leider weiter versuchen, an den zivilisatorischen Grundprinzipien unseres Strafrechts festzuhalten: Zweifelssatz; Aufklärungsgebot; Fairness.Übertreibung und Polemik. Fakten - Fehlanzeige.