Sector7 schrieb:Ouaip, Prof. Dr. Andreas Frieser war bei dem Geständnis am 30.12.1986 dabei, auf Seite 1 vorgestellt und danach als DC bezeichnet: https://soeringguiltyascharged.files.wordpress.com/2018/03/soering-interview-with-german-prosecutor-30-december-1986.pdf
Super, danke, dass Geständnis lag mir bisher nur in Ausschnitten vor.
Venice2009 schrieb:wahrscheinlich weil sie nichts gegen EH in der Hand hatten. Eine Zigarettenkippe oder ein Fingerabdruck im eigene Elternhaus reicht eben nicht aus, jemanden wegen Mordes dranzukriegen.
Sie hatten ein Gutachten eines SV Johnson, der die Socken- und Schuhabdrücke einer Frau oder einem kleinen Mann zuordnete. Sörings Füße waren sowohl für den Socken- als auch für den Schuhabdruck zu groß. Deshalb wurde Johnson ja dann gegen Hallet ausgewechselt.......
Venice2009 schrieb:Was sollte die Meinung des Bruders beweisen?
Beweisen natürlich nichts. Aber wenn es schon für den eigenen Bruder keinesfalls abwegig, sondern offensichtlich war, verstehe ich nicht, dass die Polizei nicht nachgehakt hat. Stattdessen würgt Beever EH´s Geständnis ab und zieht es ins Lächerliche.
Venice2009 schrieb:ok danke. Es erklärt aber immer noch nicht, warum er nicht einmal seine eigenen Eltern bezüglich seiner Unschuld einweihte. Aber in seiner Gefängniszelle an eine Liste betreffend seiner Unschuld schrieb.
Und das beweist was? Dass er kein Vertrauen zu seinen Eltern hatte? Vielleicht hatte er Angst, dass seine Eltern seine "Verteidigungsstrategie" durchkreuzen? Vielleicht hatte er wirklich Angst, abgehört zu werden? Keine Ahnung. Vielleicht wird man in einer solchen Situation leicht paranoid?
Venice2009 schrieb:http://www.eugrz.info/PDF/EGMR4/EGMR04-27.pdf
was sagt ihr denn dazu? Hier steht doch schwarz auf weiß, dass er den Vorwurf des Mordes abgestritten hat! S. 17 des Urteils.
Das wußtest du nicht?
Ich zitiere mich nochmals selbst (mein letzter Beitrag von gestern):
asadeh schrieb:nteresant ist in diesem Zusammenhang, dass sich Sörings Geständnisse veränderten. So versuchte er gegenüber dem deutschen Staatsanwalt bereits den Eindruck einer Notwehrsituation zu erwecken.
Was ist also nun die Neuigkeit für dich? Dass der EGMR sich damit beschäftigt hat?
Venice2009 schrieb:eben. Somit ist die Geschichte, er hätte die Lüge bezüglich seines Falschgeständnisses 4 Jahre lang aufrecht erhalten müssen, wohl aufgeflogen.
Die von dir zitierte RN 93 gibt nur die Rechtsauffassung Englands wieder, nicht die des EGMR. Einleitend heißt es:
Die Regierung des Vereinigten Königreichs erkennt – im Gegensatz zur
Bundesrepublik Deutschland, der Kommission und dem Bf. – nicht an, dass
das Risiko der Todesstrafe eine ausreichende Wahrscheinlichkeitsstufe er-
reicht hat, um Art. 3 anwendbar werden zu lassen. Die Begründung hierfür
besteht aus vier Argumenten:
Erstens habe der Bf. den gegen ihn erhobenen Schuldvorwurf wegen Mordes
nicht anerkannt. Dies werde durch das Verhör des deutschen Staatsanwalts be-
legt (s.o. Ziff. 16), in dem der Bf. jede Tötungsabsicht abzustreiten schien.
England war der Auffassung, dass die Auslieferung an die USA rechtens sei, weil eine Verurteilung zum Tode unwahrscheinlich sei, da u.a. Söring ggü. dem dt. StA den Mord bestritten hatte (er bestritt nicht die Tötung an sich, aber wollte es nicht als geplante Tat erscheinen lassen) und daher nicht mit einer Verurteilung wegen Mordes zu rechnen sei.
Hätte sich der EGMR dieser Rechtsauffassung der Engländer angeschlossen, dann hätte ihm sein Geständnis vor dem dt. StA das Genick gebrochen.
Sector7 schrieb:Für mich stellt es sich so dar, dass er nicht nur gegenüber dem deutschen StA, sondern auch gegenüber den EGMR die angebliche Wahrheit hätte sagen können. Das hätte nichts an der Mordanklage in Virginia - die ja auf den ersten beiden Geständnissen beruhte - geändert.
Du darfst nicht vergessen, dass die Söring-Entscheidung des EGMR ein Präzedenzfall war und zumindest in Europa Rechtsgeschichte geschrieben hat. Vor dieser Entscheidung war juristisch ungeklärt, unter welchen Bedingungen eine Auslieferung erfolgen darf. Es gab mithin keine gefestigte Rechtsprechung, an der sich Söring hätte orientieren können. Es hätte ebenso gut sein können, dass der EGMR sich der englischen Rechtsauffassung anschließt, wonach aufgrund Sörings Bestreiten, die Haysoms ermordert zu haben, eine Verurteilung zum Tode sehr unwahrscheinlich sei und eine Auslieferung damit rechtens.
Der EGMR war jedoch anderer Auffassung, da Söring ggü. Beever und Gardner die Morde gestanden hatte, dementsprechend die Anklage auf Mord lautete und Updike deshalb die Todesstrafe fordern würde und der EGMR nicht antizipieren konnte, zu welcher Verurteilung es letztendlich kommen würde (das sind die RN 94 ff. im Urteil.).
Venice2009 schrieb:Wobei weiterhin die Frage bestehen bleibt, weshalb er sein Geständnis beim deutschen Staatsanwalt wieder mehr oder weniger zurückgenommen hatte. EH war schließlich noch nicht verurteilt gewesen.
Das ist einfach zu beantworten. Söring wollte eine Auslieferung nach Deutschland. Deutschland konnte aber zunächst keinen Auslieferungsantrag stellen, weil man kein Ermittlungsverfahren wegen einer konkreten Straftat gegen ihn führte. Also mußte der deutsche StA nach England, um Söring zu vernehmen, um aufgrund des Ergebnisses dieser Vernehmung festzustellen, welcher Tat Söring dringend verdächtig ist, um dann beim Bonner Amtsgericht einen Haftbefehl gegen Söring wegen dieses dringenden Tatverdachts beantragen zu können. Mit diesem Haftbefehl konnte Deutschland dann auch einen Auslieferungsantrag stellen. Ich gehe daher davon aus, dass Söring in seinem Geständnis ggü dem dt. StA seine Auslieferung und Anlage in Deutschland vorbereitete. In Deutschland wollte er nicht wegen Mordes angeklat werden, sondern evtl. wegen Totschlag oder Körperverletzung mit Todesfolge, jedenfalls irgend etwas deutlich unterhalb von Mord.