Der Mensch Jens Söring
05.07.2018 um 15:48Seps13 schrieb:Ich kann deine Kritikpunkte durchaus nachvollziehen, du hast sie gut erklärt, aber wenn man wie ich von Sörings Schuld aufgrund diverser anderer Indizien und des Gesamtbildes ausgeht, findet man das Vorgehen der Ermittler und Anklage, das teilweise schon ein wenig einem beiderseitigen Pokerspiel gleichkommt, nunmal nicht verwerflich.Da es für die anderen Indizien neben der fehlerhaften Geständnisse Sörings allerdings genauso 2 Seiten gibt, kann man hier gut und gerne endlos darüber diskutieren, wie die Verteilung im Gesamtbild in Richtung Schuld oder Unschuld an JS Urteil kippt.
Für mich überwiegt da einfach die Masse an Zweifel, die mMn. für den Impakt zu einem resonable doubt sorgt.
Beispielsweise
- die Fehler in Sörings Geständnissen waren nicht 2 oder 3, sondern xy
- die Lügen in EHs Aussage, die Söring belasten waren nicht 2 oder 3, sondern xy
- die Lügen in EHs Aussage, um sich selbst zu entlasten waren nicht 2 oder 3, sondern xy
- die Indizien, die für eine EH am Tatort sprechen sind nicht 2 oder 3, sondern xy
- die Fehler die die Ermittler gemacht haben von Anfang bis Ende sind nicht 2 oder 3, sondern xy
- die Gründe, die gegen einen Söring am Tatort sprechen sind nicht 2 oder 3, sondern xy
XY ist dabei häufig durch eine zweistellige Anzahl zu ersetzen.
Hier wurden sicherlich alle Punkte genannt, aber es ist wie bei den Ermittlern.
Beever nennt Söring in der Befragung mit EH einen Iditoten ("fool") und deshalb zählt auch oft so etwas wie der "erste Eindruck"
Sector7 schrieb:Söring gibt doch selbst zu, dass seine mehrstündigen Geständnisse in hohem Maße mit der Tat übereinstimmen, sinngem.:„Tatsächlich legte ich ja zwei »Geständnisse« ab, eines vor dem Ermittler Ricky Gardner und später noch einmal vor allen drei Ermittlern. Beim zweiten Erzählen der Geschichte fügte ich das Detail von der angeblichen Narbe an meinem Finger hinzu und sprach über die Lage von Derek Haysoms Leiche. Das Ziel bestand darin, mit diesen Details meiner Aussage mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen, aber dabei beging ich zwei Fehler: Zum einen zeigten die DNA-Tests, die fünfundzwanzig Jahre später durchgeführt wurden, dass das Blut am Tatort mit meiner DNA nicht übereinstimmte, und zum Zweiten lag Mr. Haysoms Leiche tatsächlich im Wohnzimmer und nicht im Esszimmer.
Meine Geständnisse waren ausführlich und viele Details waren zutreffend. Einige Dinge könnten sogar durch wissenschaftliche Beweise gestützt werden. Auch habe ich den Ermittlern Narben an meiner Hand gezeigt, die vom Kampf am Tatort stammen. Ein Zeuge hat die verbundene Hand 1-2 Wochen nach der Tat beobachtet und das vor Gericht bestätigt.
In den verbleibenden Monaten des Jahres 1986 musste ich mein »Geständnis« noch dreimal wiederholen, und jedes Mal veränderte sich die Geschichte wieder. Zunächst wollte ich die beiden Psychiater davon überzeugen, dass ich verrückt war, und fügte Details hinzu, die ich in den beiden »Geständnissen« am 8. Juni und in der dritten Version überhaupt nicht erwähnt hatte. Außerdem erzählte ich den beiden verschiedene Geschichten, um möglichst verrückt zu klingen, freilich ohne dem jeweils anderen davon zu berichten.
„Dann legte ich mein »Geständnis« sogar noch ein weiteres Mal ab, diesmal vor einem deutschen Staatsanwalt, als Teil des Versuchs, meine Auslieferung nach Deutschland zu bewirken. Auch bei dieser Gelegenheit erzählte ich eine vollkommen neue Fassung.
Was mich betraf, war die ganze Geschichte ohnehin eine Lüge, weil ich ja in Washington, D. C., gewesen war, als Elizabeth ihre Eltern umgebracht hatte. Was machte es also schon, wenn ich an der Lüge herumbastelte, Details hinzufügte oder wegließ, solange ich sie immer wieder erzählte? Die wirklich große Lüge bestand ja in meiner Behauptung, ich hätte die Morde begangen.“
Auszug aus: Jens Söring. „
Zweimal lebenslänglich / Wie ich seit drei Jahrzehnten für meine Freiheit kämpfe
.“ iBooks.