Sector7 schrieb:Ein Geständnis von Söring kannst du hier https://soeringguiltyascharged.files.wordpress.com/2018/03/soering-interview-with-german-prosecutor-30-december-1986.pdf nachlesen, es war aber nicht das erste.
Ich habe mir das Geständnis von 87 durchgelesen und mir ist diese Aussage aufgefallen:
Spoiler Was für einen Sinn macht diese Aussage, wenn er unschuldig ist und mit seinem (dann ja komplett falschen) Geständnis einzig und allein so glaubwürdig wie möglich seine Freundin von jedem Verdacht freimachen möchte? Warum sagt er nicht, Elizabeth war ganz sicher nicht dabei? Warum will er ausgerechnet diesbezüglich Erinnerungslücken haben?
Wenn er unschuldig ist, lügt er bei diesem Geständnis. Bei einer Lüge hat man alle Aussagefreiheiten. Man kann sich die beste Story ausdenken und alles passend machen. Er war dann in Wahrheit übrigens auch weder alkoholisiert noch hatte er Erinnerungslücken. Er lügt nach eigenem spätererem Bekunden angeblich, um E. zu schützen. Und sagt dann: „Vielleicht war sie auch da“? Da gäbe es aber bessere Lügengeschichten zum Schutz seiner Freundin. Da hätte man den Alkohol und die Erinnerungslücken einfach streichen und eine klare Aussage zur Abwesenheit von E. machen können.
Diese weiß-nicht-Aussage macht weder richtig Sinn, wenn er der alleinige Täter war und die Wahrheit sagen möchte (auch dann würde er als aufrichtiger Geständiger ja vermeiden, seine zumindest im Hinblick auf die Tatausführung unschuldige Freundin mit hineinzuziehen), noch, wenn er unschuldig war und sein einziges Ziel ist, mit dem Geständnis E. aus allem herauszuhalten.
Diese Aussage macht am ehesten Sinn, wenn E. in Wirklichkeit dabei war, beide den Mord gemeinsam begangen haben, und er das zwar nicht so direkt kommunizieren will (evtl., weil er es ihr tatsächlich versprochen hat), aber sie auch nicht völlig heraushalten möchte. Also hintenherum andeuten, dass sie durchaus anwesend und alles auch ganz anders gewesen sein könnte.
Hier wurde zu den Auffälligkeiten im Geständnis auch schon etwas gesagt:
Siebengard schrieb am 31.08.2017:Der wesentliche Knackpunkt scheinen die geständigen Einlassungen gewesen zu sein, die offenbar Täterwissen zum eigentlichen Tatablauf enthielten. Partiell waren die Angaben aber auch falsch, v.a. im Hinblick auf die Kleidung der Opfer. Eine Jeans mit einem Hausmantel mit Blumenmotiven zu verwechseln, kann das auf reinen Erinnerungslücken beruhen? Oder auf Kalkül?
Ich habe hier zunächst mal den Eindruck, dass sein Geständnis kein „ich mache reinen Tisch-Geständnis darstellt, sondern durchkonstruiert war. Aber nicht, weil er in erster Linie E. schützen wollte, auch nicht, weil er gar nicht am Tatort war, sondern weil er trotz Geständnis von sich selbst so viel Schuld wie möglich weisen wollte (Anstiftung, Alkoholeinfluss, Abstreiten eines Plans, Erinnerungslücken, Haysom habe ihn geschubst). Evtl. sind Fehler und Schwächen sogar im Hinblick auf einen möglichen Widerruf eingebaut oder um Zweifel aufkommen zu lassen. Er
wollte vielleicht gar nicht glaubwürdig rüberkommen.
Venice2009 schrieb:Er hat die Schuld überhaupt nie auf sich laden wollen. Er sah nur keine andere Möglichkeit, aber das hatte weniger mit EH zu tun, mMn.
Zu dieser Einschätzung tendiere ich auch. Aber trotzdem könnte ich mir vorstellen, dass er E. ein Versprechen gegeben hat, die meiste Schuld auf sich zu nehmen. Wobei er aber nicht unschuldig ist, sondern (Mit- oder Haupt-) Täter.