Der Mensch Jens Söring
11.08.2020 um 09:37Bluelle schrieb:Er hatte Angst sie auf zweierlei Ebenen zu verlieren, nicht "nur" auf dem elektrischen Stuhl, sondern auch die Liebe zu ihm, wenn er nicht sein Geständnis macht.Zu den vielen "Irrtümern" seines Lebens scheint zu gehören, dass sie von ihm ein Geständnis verlangte.
Im Gegenteil: An mehreren Stellen äußerte sich Frau Haysom dahingehend, dass sie sein Geständnis als Verrat an ihrer Person empfunden hat. (Denn ihre Strategie der Strafabwehr scheint eher das dreiste Lügen, Verwirren, Erfinden und Dichthalten zu sein.)
Seine Version klingt zudem äußerst seltsam: Dass sie mit blutigen Armen nach Hause kommt und spontan meint, er müsse die Schuld auf sich nehmen, damit sie nicht "gebraten" wird (eben "Das Versprechen"). Da galt es für ihn, in allerkürzester Zeit dieser Nacht eine Menge zu verarbeiten bzw. zu entscheiden: Die Freundin ist eine Doppelmörderin und er geht jetzt 5 Jahre ins Gefängnis. Ansonsten wurde aber nicht mehr groß über das Ereignis gesprochen. (Dass er einen diplomatischen Status hat, der ihn vor der Hinrichtung schützt, hatte sie im "Drogenrausch" auch gleich schon im Kopf.)
Kurz und gut: Das ist für mich alles sehr unwahrscheinlich. (Ich weiß: Für einige andere Mitdiskutanten nicht.)
Das "Versprechen" spielt in der ersten Phase dieses Falles übrigens gar keine Rolle (auch nicht in Ken Englades Abhandlung).
Erst als er in seinem Prozess plötzlich auf Unschuld plädiert und eine entsprechende Begründung her musste, tauchte diese Geschichte auf.
Und jetzt wieder der Seitenhieb auf die Filmemacher: Die filmische Darstellung suggeriert, dass von vornherein dieses Versprechen im Raum stand, was nicht der Sichtweise der Täterin entspricht. (Ich nehme das Gegenargument vorweg: Sie ist eine notorische Lügnerin und leugnet "das Versprechen", weil es ein Indiz für ihre eigene Tatausführung wäre.)
Aber vielleicht sollten wir die Netflix-Serie abwarten. Dort müsste eigentlich mehr Material verarbeitet werden als in Killing for Love - wenn sie keinen primitiven Aufguss darstellen soll. Und umso mehr Leute zu Wort kommen und Gerichtsszenen gezeigt werden, desto mehr relativiert sich die klare "Unschuld" von Herrn Söring. So geschah es auch bei der Ausweitung von "Killing for Love" auf vier Folgen.