fischersfritzi schrieb:Er hat mutmaßlich 2 Menschen brutal abgeschlachtet. Was interessieten ihn da ein paar Lügen....?
Komisch, dass nun ich hier milder über Herrn Söring urteilen muss. Er war, als er die Tat beging, wirklich noch sehr jung. Haysom ebenfalls: Er 19, sie 21. In Deutschland wären sie wohl beide nach Jugendstrafe verurteilt worden. Jeder, der jung war, sollte wissen, wie übersteigert damals Emotionen einer Liebesbeziehung sind. Ich finde es nachvollziehbar, dass sich zwei junge Menschen mit morbiden Neigungen völlig in so eine Sache hineinsteigern. Siehe die Briefe.
Entschuldigt das irgendetwas? Nein, tut es nicht. Sie haben die Morde gemeinsam geplant, er hat sie in grausamer Weise begangen, sie haben beide völlig zurecht dafür ihre Strafe verbüßt. Aber: sie zu eiskalten Psychopathen zu erklären, macht die Sache viel zu einfach. Das entspricht wohl eher unserer Neigung, solche extremen Taten rational erklären zu wollen. Wie kann ein junger, leidlich begabter Student eine solch unfassbare Bluttat begehen? Wie kann eine Tochter ihren Freund zu solch einem Mord an den eigenen Eltern anstfiten? Da muss doch bei allen beiden eine psychopatische, sadistische, abartige Neigung dahinterstehen!
Nö, sehe ich nicht so. Das Erschreckende ist doch, dass solche Taten eventuell unter entsprechenden Umständen von jedem begangen werden könnten. Das Potential steckt vielleicht jedem von uns.
Das macht in meinen Augen auch den Fall Söring so interessant - für uns alle. Hat sich niemand mal insgeheim gefragt, ob er in einem bestimmten Alter aus besinnungsloser Liebe eine solche Tat ausgeführt hätte? Oder sich an der Möglichkeit berauscht hätte, jemanden zu so etwas anzustacheln?
Deshalb sehe ich auch nicht, dass Söring bis heute ohne Wimperzucken mit seiner Tat leben kann und es ihm egal ist, was die Öffentlichkeit über ihn denkt. Im Gegenteil, er versucht die Morde für sich - für seine Selbstwahrnehmung - von sich zu schieben. Da er fraglos narzistische Züge hat, kann er sich nicht eingestehen, "so etwas" getan zu haben. Würde er es sich eingestehen, bräche sein Selbstbild zusammen. (Wahrscheinlich musste er sich deshalb auch im Gefängnis vom Christentum abwenden - denn wer das Christentum wirklich verstehen will, erkennt auch die Notwendigkeit von Reue nach so einer Tat.) Da halte ich es für nachvollziehbarer, dass er inzwischen seine eigenen Geschichten glaubt, oder sogar glauben muss. Was bliebe noch von ihm, wenn er die Tat jetzt eingesteht? Denn dann wären ja nicht nur die Jahre im Gefängnis verpfuscht, sondern auch alle Tage seitdem. Alle Worte, die er im vertrauten Kreis mit seinen Fand und Anhänger(innen) austauscht. Buchstäblich ALLES.
Er verkennt freilich, dass es zu so einer Selbsterkenntnis nie zu spät ist - und nach einer sehr krassen öffentlichen (Selbst-)Demütigung könnte er wirklich neu beginnen, in innerer Freiheit. Es wäre ihm sehr zu wünschen.
OK, das ist jetzt sehr psychologisierend. Aber dieser Überlegungen finde ich persönlich längst interessanter, als den x-ten Aufguss der bekannten Fakten und den neusten Kreiseldrehungen des "JS Freundeskreises".