calligraphie schrieb:Wäre interessant mal zu erfahren , was sie dachten , wie das da weitergeht . Die hätten ja nicht ewig mit gefälschten ausweisen und kleinkriminalität weitermachen können . Zu zweit scheint man weniger Angst zu haben . Theoretisch hätte Jens als "unschuldiger " wieder zurück fliegen können .
Ich habe mir gerade noch einmal den langen "Weihnachts-Brief" durchgelesen, der im Wiki zu finden ist. Ich denke nicht, dass JS lügt, wenn er in "Mortal Thoughts" schreibt, dass er sich im ersten Semester in einer absolut depressiven Phase befand, weil sich sein Studienfach (Psychobiologie) als Fehler für ihn herausstellte. In seinem Brief schreibt er an Liz, dass er so gerne 3 Monate im Sommer das Leben genießen will, dass er sich einfach mal treiben lassen will, dass er einfach nicht weiß, was er mit seinem Leben anfangen soll, dass ihm seine Eltern die Leviten gelesen haben, was er mit seiner Zukunft anfangen will, dass er das Gefühl hat, vor einer Wand voller Türen zu stehen und nicht zu wissen, wie es weitergehen soll, etc.
Ich denke daher, dass er - gefühlt für sich - gar nicht alles aufgegeben hat (wie ich ursprünglich dachte), sondern vielmehr aus allem ausgebrochen ist. In Mortal Thoughts schildert er ja mit Stolz, wie sie sich auf ihrer Reise um die halbe Welt durchgeschlagen haben. Und ich denke, dazu gehört schon einiges, er fühlte sich endlich mal nicht als der "Weirdo", mit dem eh keiner was zu tun haben will.
Ich habe vorhin gelesen, dass sie mit ihren Betrügereien in London 9.000 Pfund ergaunert hatten. Wenn sie nicht geschnappt worden wären, hätten sie davon eine ganze Weile leben können. (Sie saßen dafür 1 Jahr im Gefängnis, ihr Betrug waren also keine Peanuts.)
Dass sie ihre Briefe nicht weggeworfen haben, wundert mich auch nicht. Sie haben sich beide gerne mit Worten ausgedrückt. Hätte er keinen Mord begangen, sondern wären einfach so durch die Welt getourt, hätten sie vermutlich gemeinsam ein sehr faszinierendes Reisetagebuch veröffentlicht.
(By the way, ich kann mich noch sehr an die langen einsamen Abende im ersten Semester erinnern, in denen ich lange Briefe schrieb, man war zum ersten Mal auf sich alleine gestellt, es gab noch kein Internet und die Zeit zog sich wie Kaugummi. Ich finde es faszinierend, wie eloquent sich JS als 18-jähriger ausdrücken konnte und kann seine Art zu schreiben einfach nicht mit der Person, die man im Fernsehen sieht (weder in den Gerichtsaufnahmen noch in den aktuellen Bildern) in Einklang bringen. Der Blog suggeriert ja, "das Böse" hätte schon immer in ihm geschlummert hat, aber ich lese das so nicht heraus. Ich lese da viele Selbstzweifel und immer wieder die Angst, Elizabeth zu verlieren und ihrer nicht wert zu sein.)