Frauenmorde im Elbe-/Weserraum
23.01.2018 um 22:22gruss tom
Hallo Zusammen!
Sommer 2017 bin ich auf dieses Forum gestoßen, weil ich damals aktuelle Nachrichten zu den Göhrde-Morden im Internet fand. Zu der Zeit rief mich auch meine Mutter aus Deutschland an und wir unterhielten uns darüber, was während meiner Jugend nicht möglich war, da es ewig abgeblockt wurde. Ich stamme aus dem Landkreis Lüneburg und bin in den 1970er dort aufgewachsen.
Es wurde vielen Seiten zuvor von mehreren Mitgliedern sich zum Thema „Die Stimmung in den Siebzigern“ geäußert. Dem kann ich nur zustimmen. Die Generation unserer Eltern war ganz sicher nicht die Elterngeneration der heute so genannten Helikopter-Eltern. Aber wir haben klare Anweisungen von den Eltern erhalten, wie wir uns außerhalb des Elternhauses zu verhalten haben. Keinen Kontakt zu fremden Erwachsenen. Wenn ein unbekannter Erwachsener dich anspricht, gehe ohne zu Antworten deinen Weg weiter, bzw. laufe weg. Das beliebteste Wort in den 1970er war das Wort Mitschnacker und Zigeuner. Wenn bekannt wurde, dass Zigeuner mit ihren Wagen unterwegs waren, wurden wir Kinder angehalten, sofort nach Hause zu kommen. Dann waren die Dörfer am heiligten Tag wie ausgestorben, und die Vorhänge wurden zugezogen.
Wir Dorfkinder hatten im Sommer um 18 Uhr zu Hause zu sein, außer in den Sommerferien, da durfte man bis 19 Uhr sich draußen aufhalten. Im Winter sobald die Dämmerung begann, das war meistens gegen 17 Uhr. Und wehe man kam zu spät nach Hause, dann setzte es was. Wenn dann das Argument kam, wir machen uns Sorgen, haben wir Dorfkinder das nicht verstanden. Denn Dorf, Felder, Wiesen, Wälder und Teiche waren für uns das zweite Zuhause, man fühlte sich sicher. Die Eltern haben auch nicht offen darüber gesprochen, wenn Mordfälle geschahen. Da wurde abends dann doppelt und dreifach kontrolliert, dass die Wohnungstür verriegelt und verrammelt war.
Die Sendung „Aktenzeichen XY Ungelöst“ habe ich persönlich erst als Teenager ansehen dürfen. Ansonsten waren die Samstagsabende mit Rudi Carrell, Hans Rosenthal, Hans Kulenkampff, etc. als Kinderprogramm geeignet. Zu diesen Unterhaltungsprogrammen brauchte man auch nicht betteln und jammern, dass man sich dies anschauen durfte - aber auch nur solange es keine elterlichen Strafen, für irgendwelche Verfehlungen, angeordnet wurde.
Trampen wurde uns strengstens untersagt als Kind und Teenager; und die meisten haben sich daran gehalten. Wenn wir ins Waldfreibad wollten, durften wir mit dem Rad fahren, oder ein Elternteil bequemte sich hin und wieder mal, sammelte ein paar Kinder zusammen ins Auto, und wurden gefahren und abgeholt. Das waren Ausnahmen und für uns Kinder und ein Festtag.
Später dann zum Ende der 1980er, wo Disco-und Kinobesuche angesagt waren, war dann meistens einer oder zwei unter uns jungen Erwachsenen, der sich den Führerschein leisten konnte und ein anderer der einen Wagen zur Verfügung hatte. Kaum einer von uns hatte die Erlaubnis für solche Wochenendaktivitäten erhalten als wir noch keine 18 Jahre waren. Erstens hielten die Eltern Discos als verruchte Orte, und zweitens keiner der Eltern war bereit seinen Sprössling irgendwo hinzufahren, geschweige denn nachts wieder abzuholen. Heimlich zu der nächstgelegen Disco zu gehen, scheiterte oftmals daran, dass es sich schnell herum sprach und den Eltern über Dritte zu Ohren kam.
Es wurde hier im Forum auch über die christliche Gesinnung, bzw. die kirchlichen Aktivitäten einiger Opfer angesprochen. Das sollte man nicht so hoch bewerten. Gerade in den ländlichen Gebieten waren die evangelischen Kirchengemeinden sehr aktiv mit der Kinder- und Jugendarbeit. Da wurden nicht nur christliche Werte vermittelt, sondern vor allem Freizeitaktivitäten angeboten. Da gab es Instrumentenunterricht, das Mitsingen in den Chören. In den Sommerferien wurde oft eine Woche voll mit diversen Aktivitäten angeboten, wie einen Filmnachmittag, Bastelnachmittage, Nachmittage mit Kinderspielen im Freien, Schnitzeljagd, Übernachtung im Gemeindehaus mit Erzählung von Geschichten, u.v.m. - In der Kirchengemeinde in der ich aufgewachsen bin, hatte man uns Jugendlichen einen Raum zur Verfügung gestellt, der konnte für Geburtstagsfeier, Silvesterfeier und sonstige Feiern genutzt werden. Es gab da auch klare Regelungen zwecks Säuberung am nächsten Tag, keinen Alkoholkonsum, Uhrzeit wann die Feier sein Ende zu finden hatte.
Kinder- und Jugendaktivitäten haben sich durch das ganze Kirchenjahr gezogen, es war für Jeden etwas dabei. Die Eltern hatten in der Regel nichts dagegen, gleich ob diese Kirchgänger waren oder keine Kirchgänger, nichts von Religion oder der Institution Kirche hielten. Man wusste seine Kinder dort gut aufgehoben.
Abschließend möchte ich ein Lob aussprechend für diesen Thread. Vor allem für die Recherchearbeit und die sachliche Diskussion, wo man wirklich gerne jeden einzelnen Beitrag lesen mag.