Ich hatte vor einem Monat geschrieben, dass ich mich mal etwas in das Profiling bzw die operative Fallanalyse orientiert an Stephan Harbort und Alexander Horn einarbeiten möchte und hier wiedergeben werde. Dann kann man sich hier in etwa orientieren, wie ein Profil unseres möglichen Serienmörders halbwegs aussehen könnte. Wir werden ja dennoch keine Profiprofiler sein. Dies kann als Ergänzung und Fortführung zu den sehr schönen Unterlagen gesehen werden, die
@GonzoX am 7.6.17 hier einstellte.
Heute möchte ich mit den ersten Aussagen zu dem Vorgehen von Stephan Harbort beginnen. Zunächst möchte ich auf seine Internetseite verweisen der-serienmoerder.de
Hier sind insbesondere zweit Unterseiten interessant. Einmal mit Literatur über Serienmörder, z.B. zum Menschen, zu Aufdeckungsbarrieren und zum Modus operandi und zur Empirie. ich kann nur empfehlen, diese Aufsätze zu lesen. Ich kann sie hier nicht alle wiedergeben und ich denke, das wäre auch nicht der Sinn der Sache hier.
http://www.der-serienmoerder.de/scripts_de/aufsaetze/aufsaetze01.html (Archiv-Version vom 11.01.2017)Zur wissenschaftlichen Evidenz kann man hier einiges einsehen:
http://www.der-serienmoerder.de/scripts_de/forschung/forschung01.htmlz.B. zum geografischen Verhalten und zur Epidemiologie, usw.
In seinem Buch "Der klare Blick" (Knaur, 2016, S. 105f) beschreibt Harbort eine Checkliste zur Fallanalyse:
Erhebung der Falldaten
- objektive Befunde und Tatsachen haben Priorität
- persönliche Besichtigung der Ereignisortes
- ganzheitliche Wahrnehmung aller Falldaten
- Berücksichtigung von Umgebungsvariablen
- Dokumentation der Falldaten
Rekonstruktion
- Nebenhandlungen/Nebensächlichkeiten beachten
- Handlungslücken durch Hypothesen schließen
- Handlungen chronologisch ordnen
- ganzheitliche Darstellung
- (ggf.) Nachstellen von Handlungen
- (ggf.) Durchführung von Experimenten
- Diskussion des Arbeitsergebnisses
- Prüfung auf Plausibilität und Faktenrelevanz
- Modellbildung 1: Fallspezifizierung
Sequenzierung
- Handlungselemente chronologisch ordnen
- Prüfung von Handlungsalternativen
- Plausibilität der Sequenzen prüfen
Sequenzanalyse
- Einzelfallperspektive
- hypothetisch-deduktive Vorgehensweise
- Induktion erst nach Deduktion
- räumlich-zeitliche Dimension beachten
- situative Einflüsse berücksichtigen
- Alltagsroutinen gelten lassen
- charakteristische Eigenschaften benennen
- Hypothesenvielfalt und Fallrelevanz
- Hypothesenkonkurrenz
- Ergebniskontrolle durch Gruppendiskussion
- Gruppenregeln beachten
- Modellbildung 2: Verhaltensbewertung
Profilerstellung
- Modellbildung 3: Merkmale zu Person/Verhalten
Um dem besser folgen zu können ist es sicherlich gut, Harborts Bücher oder eben dieses (z.B. S 74 ff, Operative Fallanalyse) gelesen zu haben.
Besonders hervorheben möchte ich dabei die Modellbildungen:
- die Rekonstruktion und die Fallspezifizierung: welche Daten sind bekannt, wie sieht der Tatort aus, welche Wege hat der Täter genommen und welche Entscheidungen getroffen und welche Handlungen vollzogen, wie hat das Opfer reagiert, welche Spuren gibt es? usw
- die Sequenzanalyse und Verhaltensbewertung: Es werden Fragestellungen und Hypothesen hinterfragt, was ist auffällig an dieser Situation, welche Struktur hat die Tat, welche Motivation zeigt der Täter, welche Gefühle zeigt der Täter, welche Persönlichkeitsstruktur zeigt der Täter, weshalb wählte er diesen Ort und dieses Opfer, usw.
- Profil und Merkmale des Täters: Dazu hat Harbort in diesem Buch auf S. 86 eine Struktur angegeben. Geschlecht und Anzahl Täter, Täter-Opfer-Beziehung, Lebensalter, Wohnort, Vorstrafen, Persönlichkeitsstruktur, Motivrelevante Konfliktsituationen
Wir können hier sicherlich nicht in Gänze nach diesem Prinzip vorgehen und uns auch nicht alles im Detail durchexerzieren. Aber zur Ordnung unserer Gedanken und zur Beleuchtung der Taten ist es sicherlich ein annehmbares Prinzip. So können wir uns auch sicher sein, uns nicht im Datenwust zu verlieren und uns auf evaluierte Grundlagen zu stützen.