Ich hab mal eine Transkription des Interviews mit Frau KHK Becker mitlaufen lassen (nicht 1:1, aber im Großen und Ganzen stimmt es mit dem Gesagten überein):
Hier ist die Frau live bei uns im Studio, die jetzt intensiv in diesem Cold Case ermittelt. Ich begrüße Kriminalhauptkommissarin Tanja Becker von der Cold Case Einheit des LKA Hessen.
Sie haben ja in der Vergangenheit einiges unternommen, haben Profiler hinzugezogen, sogar eine Spezialistin für Verhaltensanalyse. Sie schätzen die Chancen hoch ein, diesen Fall auch nach all diesen Jahren klären zu können. Welche Erkenntnisse haben sie inzwischen gewonnen?
Ja, wir haben brandneue Erkenntnisse gewonnen, wir haben Angaben herausgefunden zum Motiv, zum Tathergang und auch zur Täterpersönlichkeit. Wir haben natürlich auch noch mal alle Spuren, alle Hinweise und vor allen Dingen auch alle Zeugenvernehmungen mit unseren Kollegen aus der Cold Case Unit in Südhessen noch mal völlig neu überprüft. Ja und letztendlich ist ein erstaunlich klares Bild entstanden und eine ganz neue Spur.
Und diese neue Spur, die bezieht sich auf die Persönlichkeit des Täters, was wissen sie inzwischen über ihn?
Wir konnten den Täterkreis ganz genau eingrenzen. Also unsere Ermittlungen haben ergeben, dass es sich um einen Sexualstraftäter handeln muss. Der Täter ist Rechtshänder. Der Täter ist ortskundig gewesen damals, das bedeutet für uns ganz klar, er muss aus dem südhessischen Raum kommen, damit meine ich die Gegend um Darmstadt, Heppenheim und auch den Odenwald, er war bei der Tat Mitte 20 Jahre alt, das bedeutet, er ist jetzt 60 Jahre alt oder ein wenig älter. Er hatte blonde Haare, blaue Augen und helle Haut, wobei die Haare natürlich jetzt sicher ergraut sind.
Sie interessieren sich jetzt dafür, wer eine solche Person kennt bzw. wer damals in Lindenfels einen Mann gesehen hat, auf den diese Beschreibung zutreffen könnte. Zur Erinnerung: Es geht um den 29. Juni 1986. An diesem Tag -zur Orientierung- fand das Endspiel der Fußball-Weltmeisterschaft zwischen Deutschland und Argentinien statt.
Wir haben im Film gesehen, der Täter hat Jutta auf einem recht frequentierten Waldweg abgefangen und das am helllichten Tag. Was sagt das über den Mann aus?
Das sagt einiges über seine Persönlichkeit aus. Ein Mädchen am helllichten Tag auf so einem Weg abzugreifen, das ist nicht alltäglich und wir gehen deswegen von einem hohen Triebdruck aus, den der Täter gehabt haben muss, denn er ist ein hohes Entdeckungsrisiko letztendlich auch eingegangen. Deswegen gehen wir von einer Verdeckungstat aus und damit sind auch die Tatbestandsmerkmale des Mordes erfüllt.
Großer Triebdruck, eiskalter Mord - das klingt fast nach einem Serientäter. Wie schätzen sie das ein? Oftmals ist es ja so, dass es sich bei Sexualstraftätern um Wiederholungstäter handelt.
Ja, ganz genau, richtig, also davon gehen wir auch aus. Wir gehen davon aus, dass es nicht seine erste Sexualstraftat war und sicherlich auch nicht seine letzte. Und insgesamt gehen wir auch davon aus, dass er eine Persönlichkeitsstörung haben muss oder die muss vorliegen.
Ich muss sagen, ihre Profiler und Analytiker haben da bislang schon eine Menge herausgefunden, das hört sich alles schon sehr konkret an, oder?
Ja, wir sind sehr weit gekommen in dem Fall, das denken wir auch. Und wir erwarten uns natürlich zusätzliche Hinweise mit Hilfe eben dieser Sendung.
Bei der Suche nach Jutta Hoffmann wurde damals im Wald ja zufällig ein älterer Mann gefunden, 91 Jahre alt, er sprach von einer Frau mit blauem Kleid, was hat sich daraus ergeben?
Ja, der ältere Herr ist ein sehr wichtiger Zeuge für uns, wir müssen uns vorstellen, er hat sich genau zur gleichen Zeit wie Jutta und auch der Täter in genau diesem Waldgebiet aufgehalten und von daher sind seine Aussagen von besonderer Bedeutung für uns.
Außerdem haben sie zu Beginn der Ermittlungen im Jahr 1986 die beiden Männer gesucht, die auf demselben Waldweg unterwegs waren wie Jutta. Welche Bedeutung haben diese Männer noch heute für sie?
Ja mittlerweile haben wir sie als Tatverdächtige ausgeschlossen, denn ich habe eben dargelegt, dass wir einen Einzeltäter, einen Sexualstraftäter suchen, da sind wir uns sehr sicher. Aber ich beschreibe natürlich trotzdem diese beiden Zeugen noch mal, die wir als zusätzliche Zeugen benötigen: Sie waren zwischen 25 und 35 Jahren alt und sie hatten osteuropäisches Aussehen und sie haben sich auch in einer osteuropäischen Sprache unterhalten, als sie die Zeugin auf dem Waldweg passiert haben.
Ich würde sagen wir zeigen das Foto von Jutta Hoffmann an dieser Stelle nochmal.
Jutta war zur Tatzeit gerade einmal 15 Jahre alt, 175 groß, schlank mit kurzen mittelblonden Haaren. Am Tag des Mordes trug sie solch ein auffälliges blaues Kleid mit hellgelb abgesetztem Kragen und helle Damenhalbschuhe. Mit sich führte sie eine solche Bastmatte, eine Zeugin hatte sie ja gefunden, auch eine Tasche hatte Jutta Hoffmann damals dabei. Was war das für eine Tasche?
Ja, bis heute verschwunden ist eine Sporttasche der Marke Adidas, Modell Ancona mit schwarzen und roten Streifen und einem Schriftzug. Die Tasche hatte schwarz abgesetzte Henkel. Darin befand sich eine Flasche Sonnenöl, ein graues Schlüsselmäppchen mit drei Schlüsseln, ein schwarzer Bikini und ein auffälliges Handtuch mit Hollandmotiv, das damals bei dem Discounter Aldi gekauft wurde. Vielleicht ist das Handtuch und die Tasche in Kombination irgendwo aufgefallen. Wer war plötzlich im Besitz dieser Sachen? Das fragen wir natürlich auch, wir gehen nämlich nicht davon aus, dass unser Täter diese Sachen an sich genommen und auch behalten hat.
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