@wurstscheibewurstscheibe schrieb:Was hättest du getan als Beamter, um dem kleinen Jakob das Leben zu retten?
Ich finde es unerträglich, dass du die Tat von Dasschner schwerer bewertest als die von dem abscheulichen, raffgierigen, skrupellosen Kindsmörder.
Genau das ist meiner Meinung nach nicht Nazidenken. Nach dem dritten Reich haben sich alle berufen darauf, dass sie ja nicht selber denken durften und nicht menschlich handeln durften, sondern Befehle ausgeführt werden mussten.
Ich habe kein Volksempfinden, sondern eine eigene hohe Empathie gegenüber den Eltern von Jakob und gegenüber dem Beamten in seiner Not ein Kind retten zu wollen. Ich glaube, daß der Beamte auch eine hohe Empathie gegenüber den Eltern empfunden hat und sie dann vor seine Beamtenpflicht gestellt hat. Das Leiden der Eltern und des Kindes hat ihn stark berührt.
Die Frage ist einfach zu beantworten. Ich hätte nicht den höchsten Verfassungswert gebrochen, den zu brechen nicht einmal der Bundestag einstimmig in der Lage wäre. Ich zitiere gerne noch einmal für Dich:
Art 1
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
Dieses Gebot gilt absolut, uneingeschänkt und uneinschränkbar für jedermann zu jederzeit. Dieses Gebot verpflichtet im Übrigen nicht nur Beamte - diese nur in besonderer Weise - sondern jeden deutschen Staatsbürger, auch Dich:
Art 1
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
Folter und die Androhung von Folter sind damit absolut unvereinbar. Von den anderen schon zitierten Normen ganz zu schweigen. Als Beamter hätte er die Pflicht gehabt im Rahmen dessen was legal möglich ist, Gäfgen zu vernehmen und alle sonstigen Spuren auszuwerten (Zeugenbefragungen, Hundertschaften als Suchtrupps, Hunde, Helikopter, Konfrontation mit der Schwester des Opfers) um das Versteck des Jungen zu erfahren. Das hätte ich getan. Wenn ich daran gescheitert wäre, dann ist das eben so. Das Lebens ist mit dem Risiko des Todes behaftet, von Geburt an. Nicht immer ist es möglich ein Menschenleben zu retten.
Ich finde es unerträglich, absolut verabscheuungswürdig und verachtenswert, dass Du die Tat Daschners, dh Folter durch Androhung von Folter, gutheißt und nicht in der Lage bist zu erkennen, welch fataler Schlag das gegen das Fundament unserer Verfassung, gegen die Menschenrechte, Grundrechte und den Rechtsstaat gewesen ist und was für eine Tragweite das hat.
Schlimmer noch: Du bist unfähig zu erkennen, dass das Gebot der Unverletztlichkeit der Menschenwürde und das daraus resultierende absolute Folterverbot unter anderem eine Reaktion auf die Unmenschlichkeit des Dritten Reichs war. Folter ist unmenschlich. Die Androhug von Folter ist unmenschlich. Daschner hat unmenschlich gehandelt. Und Du verteidigst dieses unmenschliche Handeln.
Ich habe keine Sympathie für Daschner, der sich in seinem Prozess ohne Reue zeigte und viel zu milde bestraft wurde.
Und zu guter Letzt, auch wenn es meine Bewertung nicht geändert hätte: Daschner hat das Leben des Kindes gar nicht gerettet. Das war schon lange tot.