http://www.stephan-herbert-fuchs.de/texte_justiz.htm#210211_ulvi_k_urteilNeben dem am 11.02.2021 gefällten Urteil lassen sich hier auch noch einige Details zum vorangegangenen Prozesstag nachlesen.
Wegen seiner Beteiligung an einer Diebstahlsserie ... hat das Amtsgericht den 43-jährigen Ulvi K. zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu jeweils zehn Euro (800 Euro) verurteilt.
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Ein weiterer Anklagepunkt zielte darauf ab, dass Ulvi K. gegen Weisungen der Führungsaufsicht verstoßen hatte. Ihm war unter anderem auferlegt worden, keinen Alkohol zu konsumieren. Letzteres hatte er allerdings getan, denn gleich zweimal war ein entsprechendes Screening positiv.
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Eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu jeweils zehn Euro (1200 Euro) hatte Staatsanwältin Sandra Staade gefordert. Im Gegensatz zu Verteidigerin Hanna Henning aus Hungen sah es die Anklagevertreterin als erwiesen an, dass sich die beiden Bewohner der Einrichtung dazu verabredet hatten, eine Vielzahl von Diebstählen zu begehen. Nachdem Ulvi K. einmal einen Stein in ein Fenster geworfen, einmal Schmiere gestanden und eine entwendete Lautsprecherbox bei sich aufbewahrt hatte; habe er einen nicht unerheblichen Tatbeitrag geleistet. Scharfe Kritik übte die Staatsanwältin am Verhalten der Verteidigerin, die den mutmaßlichen Mittäter bereits am ersten Verhandlungstag so in die Mangel genommen hatte, dass der Mann in Tränen ausbrach und die Verhandlung länger unterbrochen werden musste.
Verteidigerin Henning forderte dagegen Freispruch für Ulvi K. in sämtlichen Anklagepunkten. Hauptgrund dafür: aufgrund seiner geistigen Behinderung sei ihr Mandant nicht schuldfähig. Darüber hinaus leider der mutmaßliche Mittäter und Hauptbelastungszeuge an Autismus in Verbindung mit einer Borderline-Störung. Seine Angaben seien deshalb nicht verwertbar. Bei den Diebstählen sei ihr Mandant lediglich dabei gewesen und habe keinen Tatbeitrag geleistet. Er sei von dem Mittäter instrumentalisiert und benutzt worden. Auch den Verstoß gegen Weisungen der Führungsaufsicht sah die Anwältin so als nicht gegeben an, weil sie die Weisung eines Alkoholverbots als nicht rechtsfehlerfrei einstufte.
... Zur geistigen Behinderungen des Angeklagten sagte die Richterin, dass Ulvi K. sehr wohl wisse, dass man nicht stehlen und nichts kaputt machen dürfe. Keine Zweifel gebe es schließlich auch am Verstoß gegen Weisungen der Führungsaufsicht. Tettmann: „Alkohol enthemmt, das weiß jeder und genau im Zeitraum des Alkoholgenusses fanden ja auch die Diebstähle statt.“ Die Tagessatzhöhe von zehn Euro ergibt sich aus dem Gesetz und entspricht dem geringen Einkommen von Ulvi K., das dem eines Hartz-IV-Empfängers gleichzusetzen ist.
Auf diesen drei Säulen beruht die Verteidigungsstrategie:
- der Zeuge ist nicht glaubwürdig, da Autist und Borderliner
- Ulvi ist behindert, schuldunfähig, er wusste nicht, dass man nicht stehlen und Dinge kaputt machen darf
- Weisung eines Alkoholverbots ist nicht rechtsfehlerfrei, also darf man ihm das nicht verbieten
Da würde ich doch mal ganz stark annehmen, das war noch nicht der letzte Prozesstag, bestimmt geht man in Berufung und so werden wir erneut davon hören, wenn es am Landgericht weiter geht.