https://www.allmystery.de/themen/km79175-2644#id14174480
Mir ist nicht verständlich, wie du darauf kommst, G.K. könne eine Wiederaufnahme anstreben.
Der Anwalt erklärt in dem Video mehrfach, eindeutig und ausführlich, dass eine Wiederaufnahme bezüglich des Vorfalls vom 03.05.2001 (und NUR deshalb) angestrebt wird. G.R., die direkt daneben sitzt, widerspricht dem nicht – also kann man ja wohl annehmen, dass sie derselben Ansicht ist. Dass dir nicht verständlich ist, wie ich darauf komme, G.R. könne eine Wiederaufnahme anstreben, ist also
mir wiederum nicht verständlich…
https://www.allmystery.de/themen/km79175-2644#id14174480
Sie wünscht eine Änderung in der Beurteilung, ob der Täter ein normaler Erwachsener ist, oder ein Erwachsener auf der intellektuellen Stufe eines 8- bis 10-Jährigen. Und bevor es nochmal angesprochen wird, nein, es geht nicht um Schuldunfähigkeit.
Bei der von ihr angesprochenen Änderung der Bewertung der feststehenden sexuellen Handlungen U.K.s geht es ihr meiner Meinung nach nicht um eine juristische Aktion – sie wünscht sich wohl eher ein Umdenken bzw. eine differenzierte Sicht der Gesellschaft auf diese Taten. Sind wir uns da einig?
Tja… dazu kann man sich hier ja nun leider nicht wirklich klar äußern, ohne dass einem gleich wieder „Verharmlosung“ oder gar „Negieren“ von Missbrauch vorgeworfen wird…
Also, ich sag mal so. Ich denke, dass wir in Deutschland insgesamt doch eine einigermaßen gut durchdachte und um Fairness und Ausgewogenheit bemühte Gesetzgebung haben. Daher finde ich persönlich es ziemlich vernünftig, sich bei der eigenen Meinungsbildung daran zu orientieren. Und wenn man sich die Gesetze (in diesem Fall § 176 StGB „Sexueller Missbrauch von Kindern“ / § 176a StGB „Schwerer sexueller Missbrauch von Kindern“) mal genauer ansieht, dann wird man bemerken, dass da ein Strafmaß z.B. von sechs Monaten bis zu 10 Jahren festgelegt wird. In § 176a Abs. 4 StGB werden zudem explizit die „minder schweren Fälle“ genannt, für die ein geringeres Strafmaß zu gelten hat. Also – warum so eine weite Spanne? Ganz einfach –
weil der Gesetzgeber verlangt, dass Richter differenzieren. Ohne Wenn und Aber. Alles andere wäre nicht gesetzeskonform. Sie
müssen die relevanten Umstände des Einzelfalls genau prüfen, alle belastenden und entlastenden Faktoren berücksichtigen, und somit den Grad der Schwere der Schuld feststellen, von dem letztendlich das Strafmaß abhängt. Zu dem, was Richter dabei einbeziehen müssen, gehören neben dem „wie“ und „wie oft“ der Taten auch noch viele andere Gegebenheiten. Ergeben sich bei dieser Bewertung viele „Minuspunkte“, ist die Schuld des Täters hoch… dementsprechend ist eine hohe Strafe zu verhängen. Und umgekehrt, wenn sich das Gegenteil ergibt.
Selbstverständlich gehört in diese Bewertung übrigens auch die Frage der Schuldfähigkeit. Die kann ggf. vermindert – dann muss die verhängte Strafe erheblich geringer ausfallen – oder auch gar nicht vorhanden sein – dann hat ein Freispruch zu erfolgen, da der Angeklagte ohne Schuld gehandelt hat.
Letzteres ist bei U.K. ja nun der Fall gewesen, da das Kriterium „Schwachsinn“ bei ihm aufgrund des festgestellten erheblich unterdurchschnittlichen IQs bejaht wurde. Insofern wurde gerichtlich das, was G.R. fordert, bereits bestätigt – er ist kein „normaler Erwachsener“ (der für entsprechende Taten hätte bestraft werden müssen), sondern ein auf einer weitaus niedrigeren intellektuellen Stufe stehender „Schwachsinniger“, den keine Schuld trifft und der daher nicht bestraft werden darf.
Dass G.R.s Forderung nichts mit der festgestellten Schuldunfähigkeit zu tun hat, stimmt also so nicht. Das ist im Grunde ein und dieselbe Thematik.
Aber mal angenommen, das Gericht hätte bezüglich der Missbrauchstaten keine Schuldunfähigkeit feststellen können, und eine Strafe verhängen müssen. Dann hätte es sich also mit den spezifischen Gegebenheiten dieses Falles beschäftigen müssen, um ein angemessenes Strafmaß zu ermitteln. Es hätte neben der Art und Anzahl der Taten auch U.K.s Vorleben in die Bewertung einbeziehen müssen, eventuelle Vorstrafen, die Besonderheiten seines Geisteszustandes und seiner Persönlichkeit, seine Absichten/Hintergedanken bei den Taten, die Einflüsse seines Umfeldes, sein Verhältnis zu den Geschädigten, die Tatfolgen für die Geschädigten, undsoweiter. Da stellt sich nun die Frage, ob es zu einem gleichen Strafmaß gelangt wäre wie etwa bei einem durchschnittlich intelligenten und psychisch unauffälligen katholischen Priester, der jahrelang systematisch Kinder missbraucht hat (um mal bei G.R.s Beispiel zu bleiben). Oder ob es doch zu dem Schluss gekommen wäre, dass die Schuld des einen Täters schwerer wiegt als die des anderen. Da die individuellen Umstände bei diesen beiden Fällen ganz offensichtlich recht unterschiedlich sind, nehme ich doch stark an, dass eher Letzteres der Fall gewesen wäre.
G.R. Forderung nach Differenzierung steht also jedenfalls im Einklang mit der Gesetzgebung. Dass sie es für wünschenswert hält, dass sich eine analoge Sichtweise auch in der moralisch-ethischen Bewertung der Gesellschaft stärker durchsetzen möge, kann man ihr also meiner Meinung nach nicht wirklich vorwerfen... wenn man nicht überzeugende Argumente vorzubringen hat, dass die Gesetzgebung in dieser Hinsicht fundamental daneben liegt…