@Blondi23 Nein, der 81er hat nichts mit dem aktuellen Fall zu tun und das zweite Zitat nur marginal (da das Basiswissen eines jeden forensischen Gutachters ist/ sein sollte)
@jaskaIch bin grad dabei, mir Sponsels Kritik an Blochers Gutachten näher anzusehen. Ich splitte meine Ansichten dazu mal auf - einerseits, weils sonst zu viel Text wird, andererseits bin ich zeitlich heut ein wenig gebunden, daher kanns passieren, dass der Rest erst die nächsten Tage folgt.
Vorab: meine Kommentare spiegeln lediglich meine Meinung wider, die weder richtig sein noch unkritisch hingenommen werden muss.
Ich orientiere mich in der Kommentierung an Sponsels Gliederung unter dem Link:
http://www.sgipt.org/forpsy/Kulac/BZK-Freilassung/MKA_BGA.htm(0) Datenbasis des Dr. Blocher GA.
Um die 40 Ordner also, die Herr Blocher durchackern musste.... Chapeau! Auf den ersten Blick also hat er die komplette Aktenlage zur Verfügung gehabt.
(1) Die Beweisfragen werden erst auf Seite 50 mitgeteilt, was aus dem Inhaltsverzeichnis nicht hervorgeht, so dass die LeserIn zu Beginn gar nicht weiß, worum es überhaupt geht.
Dazu halte ich fest: Da der Adressat dieses Gutachtens das Gericht selbst ist, da es dieses Gutachten anforderte, ist es unerheblich, auf welcher Seite Herr Blocher die vom Gericht erhobenen Fragestellungen aufführt. Schließlich wird das Gericht ja wohl wissen, welche Fragen es an den Gutachter stellte. Ob irgendwelche Dritte sich beim Lesen zurechtfinden oder nicht und ob irgendwelche Dritte mit der Platzierung einverstanden sind oder nicht, ist völlig unerheblich.
Herr Blocher führte die Fragestellungen dort auf, wo diese beantwortet werden - im Ergebnisteil. Dieses Vorgehen ist korrekt.
(2) Zitierregeln durchgängig nicht beachtet.
Durchgängig wird im Beurteilungs- und Zusammenfassungsteil gegen die wissenschaftlichen Zitierregeln (1.10 Mindestanforderungen; aber auch) verstoßen: weder wird die genaue Fundstelle (Seitenzahl), noch der Sachverhaltsbeleg mitgeteilt, so dass eine Überprüfung der Behauptungen extrem aufwändig ist (Beispiele).
Bei Durchsicht der von Sponsel aufgeführten Beispiele sehe ich keinen Verstoß gegen Zitierregeln - auch nicht gegen die Mindestanforderungen wissenschaftlichen Zitierens. Herr Blocher greift wissenschaftliche, validierte Grundlagenerkenntnisse auf und versieht sie mit einem Verweis auf Studien und Publikationen, in denen diese Grundlagenerkenntnis untersucht und belegt wurde. Er hat damit die Mindestanforderung erfüllt, nämlich für eine Überprüfbarkeit seiner getätigten Aussagen durch Verweis auf weitere - von ihm unabhängige - Quellen zu sorgen. GERADE DAS widerspricht Herrn Sponsels Kritik, in der er von "Behauptungen" spricht, die Blocher aufgestellt habe. Nein, hat er nicht, denn er hat seine Aussagen mit Quellen belegt. Dass es Herr Sponsel mühselig findet, die zitierte Literatur nun umfassend lesen zu müssen, statt gleich auf die Seite blättern zu können, wo der Sachverhalt weiterführend beschrieben ist, sagt eher etwas über Sponsels Bemühen aus, als über angebliche formale Fehler Herrn Blochers.
Kurz: Blochers Zitierweise ist in Ordnung.
(3) Das Gutachten weist keinerlei Zeiten aus, wann ein Abschnitt in der persönlichen Untersuchung anfängt, wie lange er dauert oder wann er endet. Unverständlich ist auch, dass Dr. Blocher seine Fragen nicht mitteilt und damit Ulvi Kulac die Möglichkeit nimmt, seine Reifung und Entwicklung insbesondere in der kommunikativen Kompetenz (Verständnis, Einfühlung, Eingehen auf die Fragen, angemessene Beantwortung der Fragen) für die LeserIn und BeurteilerIn deutlich zu machen. Das offenbar sehr konstruktive und angemessene Untersuchungsverhalten wird überhaupt nicht gewürdigt. Frau Rödel berichtet, dass die Untersuchung drei Stunden gedauert habe. Das ist eine beachtlich lange Zeit für die Konzentrationsfähigkeit eines geistige Behinderten. Auch das wird nicht gewürdigt.
Dass Zeit- und Dauerangaben fehlen, kann ich nicht beurteilen. Klar, wär nett, zu Beginn eines Gutachtens zu lesen, wie lang eine Untersuchung insgesamt gedauert hat- das könnte man Blocher als Formfehler ankreiden. Inhaltlich ist dies für das Gericht jedoch irrelevant. Ebenso ist es irrelevant, ob 3 Stunden Untersuchungsdauer für die Konzentrationsfähigkeit eines Behinderten beachtlich sind oder nicht, da sich die Fragestellung des Gerichts nicht auf Ulvis Konzentrationsfähigkeit bezieht, sondern auf dessen Gefährlichkeitsprognose.
Herr Blocher war und ist generell nicht verpflichtet, dem Gericht oder dem Pb vorab oder nachfolgend die Fragen mitzuteilen, die er gestellt hat. Ebensowenig ist es relevant, die kommunikative Kompetenz des Pb herauszustellen, da es wie o.g. um eine Gefährlichkeitsbegutachtung geht (die sich explorativ und wissenschaftlich hauptsächlich an den Tatmerkmalen orientiert) und zum Anderen: Wenn kommunikative Kompetenz bei einer Gefährlichkeitsbegutachtung eine Ergebnis-bezogene Rolle spielen würde, dann müsste man 70% der Sicherungsverwahrten und Schwerstrafer als nicht gefährlich einstufen^^
(4) Aus der mitgeteilten Datenbasis geht hervor, dass Dr. Blocher bereits am 25.10.2010 ein "Vorgutachten" erstellt hat. Das bedeutet natürlich, dass er allein durch diesen Umstand - seines Vorgutachtens - befangen sein muss, was mit ihm persönlich nichts zu tun hat, sondern bei jedem anderen Gutachter auch so wäre.
Falsch. Da sich eine Gefährlichkeitsbeurteilung an objektiven und evidenzbasierten Tat- und Tatbegehungsmerkmalen sowie objektiven Personal- und Sozialfaktoren orientiert, ist per sé NICHT von einer Befangenheit auszugehen. Davon wäre lediglich dann auszugehen, wenn Herr Blocher nachweislich politisch, instrumentell oder persönlich in seiner fachlichen Auseinandersetzung mit dem Sachgegenstand beeinflusst (worden) wäre. Herr Sponsel sollte in dieser Hinsicht einfach mal nicht von sich auf Andere schließen^^
Zu (4)
Die große Bedeutung der Unbefangenheit bei forensisch-psychiatrischen Fragestellungen wurde jüngst erst wieder vom Bundesverfassungsgericht deutlich gemacht . Das ist aber umso schlimmer, wenn man berücksichtigt, dass es fach- und sachwidrig ohne persönliche Untersuchung und Exploration verfasst wurde. Denn auf Seite 56 erfährt man: "Die Begutachtung erfolgte aufgrund der fehlenden Mitwirkung des Probanden nach Aktenlage."
Ein sogenanntes Aktengutachten ist WEDER fach- NOCH sachwidrig, wenn der Pb eine Begutachtung verweigert. Müsste Herr Sponsel als forensischer Sachverständiger eigentlich wissen^^
Zu (4)
Es fehlt damit die erforderliche solide und fundierte Datenbasis.
Falsch. Auch 2010 ist davon auszugehen, dass Herrn Blocher alle Fallakten zur Verfügung standen. Nach Schätzung dürften es damals 20 Leitzordner gewesen sein - heute sind es 30. Dieser Vorwurf Sponsels entbehrt jeglicher Grundlage, was u.a. auch daran zu erkennen ist, dass er für diese Behauptung keinerlei Erklärung, Belege oder Quellen angibt.
Zu (4)
Er hätte den Auftrag deswegen gar nicht annehmen dürfen. Doch Dr. Blocher sieht sich augenscheinlich in der Lage, Prognosegutachten nach Aktenlage zu erstellen.
Herr Blocher scheint mit dem Pb weder verwandt noch verschwägert zu sein, noch ist er KfZ-Sachverständiger. Ob er befangen war, kann ich nicht beurteilen, da ich Herrn Blocher nicht persönlich kenne. Allerdings ist - wie Herr Sponsel angibt - eine erfolgte Vorbegutachtung KEIN Befangenheitsmerkmal!
Und scheinbar sieht sich Herr Sponsel berufen, Prognosegutachten zu bewerten, obwohl ihm die fachlichen Bewertungsmaßstäbe - so, wie er mit seinen Aussagen beweist - nicht bekannt zu sein scheinen^^.
Fortsetzung folgt....