@Kaietan Wir reden etwas aneinander vorbei. Grund meiner Frage war es, eine plausible Erklärung zu finden, wie Tanja ohne Willensänderung (in die Stadt zur Gruppe aufzuschließen) zur Absturzstelle gelangte und dort abstürzte. Dein Szenario, das in meinen Augen mehr Fragen aufwirft als es beantwortet, hilft mir da gerade nicht weiter. Es führt eher im Gegenteil dazu, dass ich eine Willensänderung Tanjas und darauf aufbauendes Verhalten für wahrscheinlicher halte (was noch kein Verbrechen ausschließt). Da ändert es auch nichts daran, dass sich jede einzelne dieser aufgeworfenen Fragen in der Theorie durch entsprechend konstruierte Antworten "lösen" lässt.
Klar mag ein solcher KO-Schlag möglich sein, der einen Menschon von der einen auf die andere Sekunde außer Gefecht setzt. Aber wie wahrscheinlich ist es, dass ein solcher Schlag (der wahrscheinlich im Bereich des Kopfes/Halses am erfolgversprechendsten sein dürfte) keine Spuren an den Knochen (z.B. gebrochene Nase) zurücklässt? Das wären bis dahin schon einmal drei Annahmen 1. KO-Schlag, 2. unbemerkt von potenziellen Zeugen sowohl auf dem Parkplatz als auch auf dem Weg zur Absturzstelle, 3. keine Spuren; und das noch bevor wir überhaupt an der Absturzstelle angekommen sind, beantwortet haben, wieso und mit welchem Ziel der potenzielle Täter Tanja dort hin fährt, ohne geklärt zu haben wann Tanja dann wieder zu Bewusstsein kommt und wie sie unfreiwillig hinter den Zaun gelangt. All diese Erklärungen müssten wiederum mit der Auffindesituation in Einklang zu bringen sein, die weder irgendwelche Hinweise auf direkte Gewalteinwirkungen auf Tanja geben, noch dafür sprechen, dass irgend eine hektische Fluchtsituation o.ä. gegeben war.
Sicher kann man mal den ein oder anderen Hinweis beiseite schieben, weil eben wenig in Stein gemeißelt ist. Wenn dass aber zur Regel wird und man zu jeder offenen Frage, die eine passende Antwort konstruiert, wird es eben insgesamt unrealistisch. Um unbemerkt zur Absturzstelle zu gelangen, muss sie außer Gefecht gesetzt werden, also KO-Schlag, mögliche Zeugen am Parkplatz oder auf dem Weg zur Absturzstelle? Gab es nicht. Knochenbrüche auf Grund der Gewalteinwirkung? Auch nicht der Fall, sind ja nicht zwingend. Radiusfraktur? Die leblose/tote Tanja hat sich zufällig gerade nur solche Verletzungen zugezogen, die auf einen Absturz bei Bewusstsein hindeuten usw. Sorry, genügt mir einfach nicht als plausibles Szenario.
Obwohl es mir selbst wie gesagt schwer fällt, unter der Annahme des ungebrochenen Willens in die Stadt aufzuschließen, Tanjas Weg zur Absturzstelle zu erklären, meine ich da geeignetere widerspruchsfreiere Szenarien im Kopf zu haben, die aber dennoch ebenfalls natürlich konstruiert und fragwürdig sind.
Funkmaster schrieb:Auf das "warum" gehst du hier mit keiner Silbe ein, das wäre aber wesentlich. Kein Überfall erfolgt grundlos. Ich kann mir hier nur eine sexuelle Motivation vorstellen, andere Phantasien gehen vielleicht weiter, ich bin hier offen für Input.
Kaietan schrieb:Ich halte das in dieser Situation eigentlich nicht für einen sehr relevanten Punkt. Hier geht es doch zunächst mal darum, einen möglichen Ablauf zu finden, der zu den bekannten Fakten passt. Motive kann man nur konstruieren, da man den Täter nicht kennt.
Ich finde die Motive schon wichtig, schon meine Ausangsfrage zielte ja auf die Motivlage seitens Tanjas, um damit den weiteren Verlauf besser einschätzen zu können. Spielen Motive keine Rolle, lassen sich widerspruchsfreie Szenarien spielend kreieren:
1) Tanja begibt sich nach dem Telefonat auf den Weg zum Felsenpfad, übersteigt dort den Zaun, rutscht ab und stürzt in die Tiefe.
2) Tanja begibt sich nach dem Telefonat auf den Weg zum Felsenpfad, übersteigt dort den Zaun und springt vom Felsen.
3) Tanja begibt sich nach dem Telefonat zu einer dritten Person ins Auto, sie fahren gemeinsam zur Absturzstelle, überqueren dort den Zaun, Tanja rutscht ab und stürzt in die Tiefe.
4) Tanja begibt sich nach dem Telefonat zu einer dritten Person ins Auto, sie fahren gemeinsam zur Absturzstelle, überqueren dort den Zaun und die dritte Person schubst Tanjavom Felsen.
Das ist nur eine kleine Auswahl an Szenarien, die zeigt, dass es kein Problem ist mögliche Handlungsabläufe zu skizzieren, wenn die Motivation, die immer hinter menschlichen Handeln steht keine Rolle spielt. Leider liefern solche Szenarien auch kaum einen Erkenntnisgewinn.
Interessant fand ich an deinem Beitrag zwei Punkte:
1.
Funkmaster schrieb:Wie tut sich denn plötzlich eine Mitfahrgelegenheit auf, ohne das es irgendwelche Anzeichen oder Hinweise dafür gibt?
Kaietan schrieb:Na, wie so was nun mal manchmal ganz plötzlich passiert. Weil sie zum Beispiel auf dem Weg zum Ausgang einen Bekannten getroffen hat, der unterwegs zu seinem Auto war?
Das bringt mich zur Frage, ob es in dem Fall, das Tanja gegen ihren Willen zur Absturzstelle gelangte, wahrscheinlicher ist, dass eine ihr (zumindest flüchtig) bekannte Person involviert war.
2.
Kaietan schrieb:Blut muss sie ja in jedem Fall an ihrer Kleidung gehabt haben, denn niemand fällt eine 50 m hohe Steilwand hinab, ohne sich blutende Wunden zuzuziehen. Interessanterweise wurde das in der PK gar nicht erwähnt.
Wurde dieser Aspekt hier eigentlich schon einmal besprochen? Soweit ich mich erinnere, war die Aussage der Ermittler lediglich, dass keine
DNA-Spuren sichergestellt werden konnten. Ist das korrekt? Oder bezog es sich damals nur auf die Utensilien bzw. Fläschchen, die Tanja bei sich hatte? Nach meiner Laienvorstellung, dürfte es doch ziemlich wahrschenlich sein, dass man größere Blutflecken auf der Kleidung auch nach der langen Zeit noch hätte feststellen können, auch wenn DNA sich in der Zeit an der frischen Luft zersetzt hätte. Kann hierzu jemand etwas sagen?