@d.b.cooper Ach, macht auch nix. Ist auch die falsche Grundgesamtheit gewesen. Aussagekräftiger im Hinblick auf das interessierende Problem wäre der Bezug zur absoluten Anzahl der Löschungen gewesen. Ein durchsichtiger Versuch von "Du-weißt-schon-wem" die Zahlen ein bisserl besser aussehen zu lassen. Kann ich aber natürlich auch verstehen.
Interesse an einer vernünftigen Diskussion besteht auch nicht, sich zu reiben irgendwie schon. Offenbar fehlt da dann an anderer Stelle das Ventil/der Mut zu. Wenn's denn dann einen karthatischen Effekt hat - okay, auch gut. Wenigstens sind die jungen Leute dann von der Strasse. Lollis fallen mir nicht ein, aber immer der Friseurladen. So in etwa stelle ich mir das vor.
Sehr viele kluge und weiterbringende Beiträge waren für mich dabei, Respekt vor den sehr gründlichen und klugen Argumenten von
@maudlin, mit der Bereitschaft über Gegenargumente wenigstens nachzudenken,
@LivingElvis mit der abgeklärten Sicht auf das Justizwesen,
@muscaria als lustiger/scharsinniger-/züngiger Jack-in-the-Box, der immer wieder mal "reinsprang" (nur nett gemeint) und viele interessante Beitrage gerade auch zu den Anfängen. Das war schon gut.
Bevor jetzt gleich auch noch der "Erkältungsbad"-Zug durch den Thread rauscht - manchmal glaub ich der Wortschaft von bestimmten usern besteht hier aus zwei Wörtern - oder jemand sich hormonschwanger zum, nennen wir es mal großzügig dichten gedrängt fühlt (ach, nee die sind ja zu 50% bereits gesperrt), noch die Einschätzung zum Fall.
Letztlich habe ich, naiv wie ich bin, gedacht, Vorurteile würden bei uns heutzutage vor Gericht keine Rolle mehr spielen. Falsch gedacht. Sie tun es. Und ein Richter hat offenbar die Macht - ob es in diesem Fall auch wirklich so passiert ist, lass ich jetzt mal offen - nicht nur Recht zu sprechen, sondern auch zu setzten. Für mich mutet es ein wenig selbstherrlich an, und dass war es auch, was mich letztlich zuerst am Urteil gestört hat. Die logischen Fehler fallen schon beim Lesen auf, waren für mich zu Beginn aber nicht entscheidend. Zu Beginn dachte ich noch, nachdem ich zuerst die Doku gesehen, als ich das Urteil gelesen habe: Junge, junge! Wie kann man da noch an der Schuld zweifeln? Die kamen dann aber von alleine durch die nähere Beschäftigung mit dem Urteil. Es kann meines Erachtens nicht angehen, dass ein Gericht sich bei der Begründung eines Urteils so elementar über Regeln stringenten Argumentierens hinwegsetzt und Dinge, einfach zu Allgemeingültigkeit erklärt, nur weil's gerade passt. Das empfinde ich als selbstherrlich.
Als Beispiel für so etwas dann weiterläuft, nehme ich mal aus dem Thread die "Narzißmus-Hypothese" heraus. Hier wurde sich dann lose, und für meinen Geschmack etwas unzureichend ausgefüllt, auf das Kernberg-Konzept dieses Störungsbildes bezogen. Die Argumentation endete dann an dem Punkt, als sich hieraus ein scheinbar plausible Erklärung für das Verhalten B. T.s ableiten ließ. Das ist interessant und hierin liegt auch eine gewisse Ironie.
Obwohl kein Tiefenpsychologe muss ich heute noch schmunzeln, wenn ich darüber nachdenke.
Zur Erklärung möchte ich allerdings ein wenig ausholen, da das Konzept natürlich keinesfalls Allgemeingut ist ;-)
Würde man das Kernberg-Narzißmus-Konzept konsequent und einigermaßen wissenschaftlich objektiv anwenden, darf man der Stelle natürlich nicht stehenbleiben, sondern müsste sich auch fragen, welche Übertragunngs- und Gegenübertragungsprozesse denn dann, z. B. während des Ermittlungsverfahrens und auch während des Prozesses abgelaufen sind.
In einer extremen Kurzfassung würde die Kernberg-Narzißmustheorie ja sagen, dass B. T. an der übermächtigen, existentiellen Angst leiden, völlig unbedeutend, ein Versagen und ein Niemand zu sein. Anders formuliert: ein psychisches Nichts. B. T. würde sich dann beständig mit auch quälenden, völlig überhöhten Ideal-Selbst-Vorstellungen rumschlagen. Was bei diesem Störungsbild nicht gelungen ist, so diese Theorie, ist es, die verschiedenen Anteile der Eltern-Objekte, also strafende, gewährende, versagende, ideale Anteile usw. zu einer realistischen innerpsychischen Objektrepräsentanz zu verschmelzen. Ursächlich wäre hierzu eine übermächtige Fixierung auf eine bestimmten frühkindlichen Entwicklungsstufe. Zur Abwehr der als übermächtig erlebten Versagens-und Vernichtungsängste, die das, zwar libidinös besetzte, aber eigentliche schwache Ich, zu überwältigen drohen, entwickelt der Narzisst, quasi und ein wenig unsauber formuliert, kompensatorische Größenphantasien. Dabei lebt er in ständiger Angst vor Entlarvung, also davor, dass andere merken, was für ein "Blender" er eigentlich wirklich ist. Ursächlich hierfür wäre ein entsprechendes Verhalten wichtiger Bezugspersonen dem Kinde gegenüber. Um dem vorzubeugen, tendieren Narzissten stark dazu, andere abzuwerten, natürlich auch mit dem Ziel, sich selbst zu erhöhen. Im weiteren Verlauf automatisiert sich das Verfahren natürlich stark, die fehlende Empathie anderen gegenüber erklärt sich einerseits daraus, dass sich der Narzisst nur gerne mit dem eigenen Ich beschäftigt und zum anderen natürlich, dass er, aufgrund der ungebundenen (Trieb)-Angst, damit auch überfordert wäre. Andere Menschen, die mit Narzissten, also in diesem Fall B. T., zu tun haben, reagieren hierauf unwillkürlich damit, dass ebenfalls deren, hierzu quasi komplementären, ungelösten innerseelische Konflikte aktiviert werden. Diesen Prozeß nennt man in etwa eine Übertragung (das Konzept ist noch etwas umfassender, aber für meinen Zweck genügt das hier). Jemand, der selbst ein entsprechendes ungelöstes narzisstisches Problem hat - also Wechselspiel zwischen Größenphantasien und Versagensängsten - fühlt sich selbst bedroht und wird mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer Abwertung von B. T. reagieren. Das wäre dann eine Gegenübertragung, sozusagen eine Rückkopplung der eigenen ungelösten, seelischen Konflikte und Ängste auf den "Auslöser" B. T. Etwas salopp formuliert, würde dann B. T. gewissermaßen als Narzißmus-Detektor für andere Narzissten fungieren.
Tatsächlich gibt es zwei, drei Hinweise dafür, dass so etwas passiert sein könnte. Noch mit der interessanteste Hinweis ist das Urteil selbst. Hier (versch)wendet die Kammer relativ viel Zeit und Raum damit, um das "rüpelhafte" und "völlig inakzeptable" Verhalten des Angeklagten im Urteil darzustellen, ohne das so recht klar wird, wozu das dient? Warum setzt sich hier die Kammer bei einem unbefangenen Leser selbst dem Verdacht aus, sie habe sich womöglich provozieren lassen und nicht ohne Ansehen der Person blind geurteilt? Der unbefangene Leser denkt doch ohnehin, eher so etwas wie: Na, wenn man zu Unrecht des Mordes angeklagt wird, können einem jungen Mann schon mal die Nerven durchgehen? Aber nein, die Kammer verfuhr in dieser Theorie nach dem Gegenübertragungs-Motto: narzisstische Kotzbrocken bekommen bei uns, was sie verdienen: Abwertung und eine strenge Strafe!
Weitere Hinweise sind die übermäßige Betonung der "Studienlüge" und die in diesem Zusammenhang auftauchenden sachlichen Fehler und Taschenspielertricks der Kammer! Hier im Forum wurde ja sehr gut herausgearbeitet und betont, dass von einer jahrelangen Studienlüge gar keine Rede sein kann und wie mit der Aussage des Steuerberaters umgegangen wurde, spottet ja jeder Beschreibung. Wie kommt das und hat der Narzisst gerade mit seiner auf das Jurastudium bezogenenen, narzisstischen Blenderei die eventuell selbst narzisstischen Richter provoziert? Die dann zurückstrafen müssen in der Gegenübertragungsreaktion?
Last but not least, der Hinweissplitter von Münchens ehemaligen Chef-Ermittler, der schon mal übersieht, das Neonazis auch Fahrradfahren und das auch Ehefrauen morden können. Wenn er sagt, B. T. habe auf ihn gewirkt, wie ein "verängstigter Schulbub", kann man natürlich sagen, der habe nur seinen Eindruck wiedergegeben. Das gibt es aber leider nach der Kernberg-Theorie nicht. Nach dieser Theorie bestand für Wifling die Notwendigkeit, den Narzissten B. T., der dann allerdings ganz anders aufgetreten sein müsste als ein verängstigter Schulbub, in einer Gegenübertragungsreaktion abzuwerten ...
Aus dieser Perspektive betrachtet ging es bei dem "KZ-Opfer-Auftritt" von B. T. dann auch in etwas um folgendens: B. T. hat sich als kleines, dreckiges und hilfloses Opfer gesehen, dem das schlimmste widerfährt, was einem Narzissten passieren kann: die totale Entpersonifizierung (kahlgeschorene Haare, soziale Tötung usw. usf.). Dies wäre dann ein Ausagieren der innerseelischen Erlebniswelt von B. T. gewesen. Getreu dem Gegenübertragungs-Skript übernahm die Kammer den Gegenübertragungspart das hart - und aufgrund des ödipalen Konflikts - vernichtend hart strafenden Vaterobjekts. Wie Saturn, der seine eigenen Kinder lieber verschlingt, bevor sie ihm gefährlich werden können.
Auch einen zentralen Makel der Narzißmustheorie, nämlich den Umstand, dass der renommierte und erfahrene psychiatrische Gutachter nicht in der Lage war, dieses Störungsbild zu erkennen, liesse sich, würde man die Theorie konsequent anwenden, mit dieser Perspektive erklären. Auch in der Aberkennung der narzisstischen Anteile, also sozusagen in dem ignorieren der Größenphantasien, kann eine "zurück"-kränkende Gegenübertragungsreaktion gesehen werden. Sozusagen durch das, ich nehme den gar nicht ernst genug dafür, dass ich ihm eine Diagnose gebe. Leider, leider wurde auf diese Möglichkeit zumindest hier im Forum ja verzichtet ... da hätte dann ja ggf. eine spannende Diskussion draus werden können.
Aber glücklicherweise bin ich ja kein Tiefenpsychologe sonst würden das entsprechende Verhalten bestimmter Foristen ja in der Lesart dieser, nicht von mir stammenden Theorie, zu einem verstehenden Schmunzeln anregen.
Natürlich besteht auch keine Notwendigkeit für eine derartige Interpretation.