Mordfall Charlotte Böhringer
31.08.2013 um 09:38@DerGreif
Vielen Dank für die Ergänzung! Ich denke, so ist es klarer und es erspart uns, zumindest bei den dauerhaften Schreibern, falsche Interpretationen.
Das berücksichtigt ein Vernehmer da durchaus. Bei Bence ist da ziemlich viel zusammengekommen, was sich damit nur sehr unzureichend erklären lässt. Es KANN zwar trotzdem so sein, aber "komisch" ist das alle Male.
Unser Disput resultierte daraus, dass Du angenommen hattest, meine Worte "Reid hat hier nichts verloren" bedeuteten "Reid sei hier nicht angewendet worden". Tatsächlich bedeuten sie, dass die Reid-Methode aus dem amerikanischen Rechtsraum stammt und dort auch hingehört, aber in der Bundesrepublik nichts verloren hat, weil sie in den deutschen Rechtsraum rechtsphilosophisch und auch institutionell nicht passt.
Die Reid-Methode ist auch nicht per se schlecht. Man muss sie als das sehen, was sie ist - ein taktisches Mittel. Anders als in Deutschland sind in den USA Staatsanwaltschaft und Verteidigung einander diametral gegenüber gestellt und waffengleich. Da dürfen nicht nur Beide tricksen, es wird gradezu von ihnen erwartet. Bei uns ist das Rollenverständnis ein anderes. Reid ist vor allem deshalb nicht anwendbar, weil die Polizei/StA hier durch das Legalitätsprinzip sowohl Be- als auch Entlastendes zu ermitteln hat und sich aktive Täuschungen seitens der Polizei verbieten.
Dieser "Reid-Beißreflex", der sich aber mittlerweile breitgemacht hat, ist völlig überzogen. Teile deutscher Polizeibehörden haben das früher recht positiv aufgenommen, was für sich genommen sicher ein Kritikpunkt sein MUSS, aber nicht dazu führen darf, dass gleich alle Urteile, die einem nicht "schmecken" auf Reid basieren und auch nicht jedesmal, wenn die Zeugen und Beschuldigten sich unter Druck gesetzt fühlten, auch Reid angewendet wurde.
Das bedeutet nicht, dass da vernehmungstechnisch alles optimal läuft, aber ich finde es kurz gesagt ziemlich anmassend, wenn Leute - damit bist jetzt nicht nur du gemeint - meinen darüber ein Qualitätsurteil abgeben zu dürfen, wenn sie noch nie vor dem Problem einer Vernehmung gestanden haben, geschweige denn sich mal intensiv wissenschaftlich mit Suggestionen und psychischem Druck in Vernehmungen auseinandergesetzt haben.
Im Fall Böhringer sind aber ohnehin keinerlei Anzeichen erkennbar, dass die Reid-Methode angewendet worden sein könnte. Dies insbesondere, da die Phase 2 klar erkennbar eben keine Zeugenvernehmung mehr ist. Da geht es nicht mehr um Informationsgewinnung, sondern lediglich darum die geständnisfördernden Faktoren zu maximieren und gleichzeitig die geständnishemmenden Faktoren zu minimieren. Selbst wenn Bence in seinem gesamten Jura-Studium nur 3 Vorlesung besucht haben sollte, hätte er das niemals mit einer Zeugenvernehmung verwechseln können. Ich sehe zumindest keine, wenn das bei Dir anders ist, bitte ich darum, die Indizien dafür mal zu benennen.
Zu der Kernaussage ist zu sagen, dass es richtig ist, dass sich der Zeuge auch Richtung Beschuldigter plappern darf. Allerdings ist er ab einer gewissen Verdachtsstärke als Beschuldigter zu belehren. Dazu reicht allerdings nicht, dass er rein hypothetisch als Täter in Betracht kommt. Es muss da schon zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für geben.
Denn auch da ist die Polizei der Wahrheitsfindung verpflichtet und nicht Wächter einer möglichst optimalen Verteidigung. Bei Bence darf man da aber ohnehin etwas großzügiger sein, da man durchaus davon ausgehen darf, dass ein Jurastudent diesbezüglich seine Recht kennt.
Vielen Dank für die Ergänzung! Ich denke, so ist es klarer und es erspart uns, zumindest bei den dauerhaften Schreibern, falsche Interpretationen.
pfiffi schrieb:yep. Auch (leichte) Legasthenie erlaubt einem nicht, Blödsinn zu schreiben. Werde mich bemühen, den Duden noch griffbereiter zu haben. ;-)Schreib doch einfach gleich zugestehen. Ich find´s zwar grundsätzlich gut, wenn auch in nem Forum auf ne gewisse Rechtschreibung und Stilistik geachtet wird, aber Du musst da nicht als Gegengewicht gegen die Dauerkleinschreiber-und-Absatzverweigerer-Fraktion dienen. :)
Ganz gut argumentiert. Das Problem - als Non-Jurist sage ich das mal so - bei der Polizeiarbeit scheint mir folgendes: Wenn bei einem, sagenwirmalso, etwas 'scharfem Verhör' Widersprüche bei einem nachher Beschuldigten auftauchen, dann ist das meistens ja nicht ohne Grund geschehen. Meistens verweist das ja wirklich auf vorhandene Schuld. Meistens liegen die Ermittler da ja ganz richtig.Stimmt nicht. In der Beschuldigtenvernehmung sind Widersprüche sogar gar nicht selten. Aus völlig unterschiedlichen Gründen - das kann ganz normale Nervosität sein, das kann Verbergen wollen von Dingen des persönlichen Lebensbereiches sein und und und.
Das berücksichtigt ein Vernehmer da durchaus. Bei Bence ist da ziemlich viel zusammengekommen, was sich damit nur sehr unzureichend erklären lässt. Es KANN zwar trotzdem so sein, aber "komisch" ist das alle Male.
pfiffi schrieb: Der hat ja... (fatalster Verhörfehler: Das Nicht-Erkennen des Phänomens "falsches Geständnis". Man kann es sich, als ichsagdasjetztmalso "normaler" Mensch ja wirklich nur schwer vorstellen: Warum gesteht ein Unschuldiger eine Tat, die er nicht begangen hat? Aber das Phänomen existiert nun mal...).Das ist nur dann ein "Verhörfehler", wenn Inkohärenzen unbeachtet bleiben. Es gibt aber völlig kohärente falsche Geständnisse. Da liegt im "Nichterkennen" kein "Verhörfehler", wohl aber höchstwahrscheinlich in den vorangegangenen Vernehmungen
pfiffi schrieb:: Sogar ich als laie weiß, dass es bei nicht Beschuldigten wohl "zeugenschaftliche Einvernahme" heißt, nicht "Verhör" (liege ich richtig?).Polizeilich spricht man Beschuldigten- bzw. Zeugenvernehmung.
Zur Debatte stand u.a. ja wohl die Frage, ab wann BT realitär Beschuldigter war. Hier sehe ich übrigens keine Fehler der Ermittler, insbesondere aucb rechtlich keine. Ich halte es, Reid hin, Reid her, für ermittlungstaktisch legitim, den Zeugen, der sich so langsam in Richtung Beschuldigter plappert, denn auch plappern zu lassen.Ich muss mich da nochmal wiederholen, aber -und ich meine das wirklich nicht böse- Du verstehst weder die Reid-Methode, noch die zugrundeliegende Problematik.
Unser Disput resultierte daraus, dass Du angenommen hattest, meine Worte "Reid hat hier nichts verloren" bedeuteten "Reid sei hier nicht angewendet worden". Tatsächlich bedeuten sie, dass die Reid-Methode aus dem amerikanischen Rechtsraum stammt und dort auch hingehört, aber in der Bundesrepublik nichts verloren hat, weil sie in den deutschen Rechtsraum rechtsphilosophisch und auch institutionell nicht passt.
Die Reid-Methode ist auch nicht per se schlecht. Man muss sie als das sehen, was sie ist - ein taktisches Mittel. Anders als in Deutschland sind in den USA Staatsanwaltschaft und Verteidigung einander diametral gegenüber gestellt und waffengleich. Da dürfen nicht nur Beide tricksen, es wird gradezu von ihnen erwartet. Bei uns ist das Rollenverständnis ein anderes. Reid ist vor allem deshalb nicht anwendbar, weil die Polizei/StA hier durch das Legalitätsprinzip sowohl Be- als auch Entlastendes zu ermitteln hat und sich aktive Täuschungen seitens der Polizei verbieten.
Dieser "Reid-Beißreflex", der sich aber mittlerweile breitgemacht hat, ist völlig überzogen. Teile deutscher Polizeibehörden haben das früher recht positiv aufgenommen, was für sich genommen sicher ein Kritikpunkt sein MUSS, aber nicht dazu führen darf, dass gleich alle Urteile, die einem nicht "schmecken" auf Reid basieren und auch nicht jedesmal, wenn die Zeugen und Beschuldigten sich unter Druck gesetzt fühlten, auch Reid angewendet wurde.
Das bedeutet nicht, dass da vernehmungstechnisch alles optimal läuft, aber ich finde es kurz gesagt ziemlich anmassend, wenn Leute - damit bist jetzt nicht nur du gemeint - meinen darüber ein Qualitätsurteil abgeben zu dürfen, wenn sie noch nie vor dem Problem einer Vernehmung gestanden haben, geschweige denn sich mal intensiv wissenschaftlich mit Suggestionen und psychischem Druck in Vernehmungen auseinandergesetzt haben.
Im Fall Böhringer sind aber ohnehin keinerlei Anzeichen erkennbar, dass die Reid-Methode angewendet worden sein könnte. Dies insbesondere, da die Phase 2 klar erkennbar eben keine Zeugenvernehmung mehr ist. Da geht es nicht mehr um Informationsgewinnung, sondern lediglich darum die geständnisfördernden Faktoren zu maximieren und gleichzeitig die geständnishemmenden Faktoren zu minimieren. Selbst wenn Bence in seinem gesamten Jura-Studium nur 3 Vorlesung besucht haben sollte, hätte er das niemals mit einer Zeugenvernehmung verwechseln können. Ich sehe zumindest keine, wenn das bei Dir anders ist, bitte ich darum, die Indizien dafür mal zu benennen.
Zu der Kernaussage ist zu sagen, dass es richtig ist, dass sich der Zeuge auch Richtung Beschuldigter plappern darf. Allerdings ist er ab einer gewissen Verdachtsstärke als Beschuldigter zu belehren. Dazu reicht allerdings nicht, dass er rein hypothetisch als Täter in Betracht kommt. Es muss da schon zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für geben.
Denn auch da ist die Polizei der Wahrheitsfindung verpflichtet und nicht Wächter einer möglichst optimalen Verteidigung. Bei Bence darf man da aber ohnehin etwas großzügiger sein, da man durchaus davon ausgehen darf, dass ein Jurastudent diesbezüglich seine Recht kennt.