Mordfall Charlotte Böhringer
11.08.2013 um 10:15Im Strafrecht dagegen gibt es nicht das Prinzip "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit", sondern "im Zweifel für den Angeklagten".Der zumindest juristisch völlig falsch ist
Das heißt, daß das Gericht in einem Strafverfahren keine Zweifel haben darf - das im Zivilrecht gültige Prinzip "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" läßt aber noch Zweifel offen !!!
(...)
Es reicht in einem Strafverfahren nicht aus, einen Angeklagten aufgrund einer Indizienkette "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" für schuldig zu halten, sondern es muß seine Schuld "zweifelfrei" bewiesen werden oder er muß freigesprochen werden - Indizienkette hin oder her....- ich denke, da haben viele der user hier im forum einiges verwechselt.
Ist jedenfalls mein persönlicher Eindruck.
Ich habe hier schon mal die Ausführungen des Bundesgerichtshofes zum § 261 der STRAFprozessordnung (Richterliche freie Beweiswürdigung) wiedergegeben.
Hier nochmal:
"Die zur Urteilsfindung erforderliche Überzeugung vom Ablauf eines bestimmten geschichtlichen Ereignisses KANN nur darin bestehen, dass der Richter persönlich einen bestimmten Sachverhalt für wahr hält, ohne Rücksicht auf objektiv mögliche Zweifel." (BGHSt 10, 209 - Hervorhebung durch mich)
Also kurz - Zweifel sind immer dann erheblich, wenn der Richter (oder in dem Fall mehr als 2 der 5 Richter/Schöffen) sie hat. Was irgendwer sonst an Zweifeln haben mag, ist dabei unerheblich. Es muss gerade nicht die objektiv einzige Möglichkeit sein.
Die Annahme man habe "Zivilrecht angewandt" statt Strafrecht entbehrt jeder Grundlage. Juristisch gesehen ist sie abstrus.
Petra-- schrieb:Wenn Bence es tatsächlich gewesen wäre, hätte er ggf. selber auf Totschlag plädiert.Meermin läuft gleich wieder Sturm, aber - ein Ted Bundy hat bis kurz vor Vollzug der Todesstrafe geleugnet. Gäfgen hat auch geleugnet und hunderte andere Täter auch. Daraus ist überhaupt nicht zu ziehen, weder positiv noch negativ
Der Umstand, daß er bis zum Schluß auf seiner Unschuld beharrt hat sowie die Tatsache, daß das Gericht primär aufgrund der Interpretation von Indizien und in Unkenntnis des genauen Todeszeitpunkts ein Urteil gefällt hat, ist vor dem Strafrechtsprinzip (s.o.) sehr denkwürdig.
Und der Todeszeitpunkt ist selten so genau bekannt. Die Gerichtsmedizin kann viel, aber dann doch nicht alles, was uns CSI und Co so vorgaukeln.
Petra-- schrieb:Ich bin nicht vom Fach, habe jedoch persönlich "langjährige" Erfahrungen mit einem Zivilverfahren sammeln müssen (durch alle Instanzen !!) und habe dadurch unseren Rechtsstaat erst richtig "kennengelernt".Das hört man oft. Meist liegts einfach daran, dass diejenigen sich mit den Beweislasten im Zivilverfahren schwer tun. Da hopst mancher ziemlich unbeholfen rein und kommt dann nicht mehr raus.
Petra-- schrieb:Wie das im Strafrecht läuft kann ich jetzt allerdings nicht beurteilen, da ich persönlich da keine Erfahrungen habe und auch niemand persönlich kenne, der betroffen ist.Deine Erfahrungen im Zivilprozess in allen Ehren, aber Strafrecht ist was völlig anderes. Das muss man dann quasi wieder "neu" studieren, die gemachten Erfahrungen aus dem Zivilrecht auf das Strafrecht zu übertragen, funktioniert nicht.