emz schrieb:Ist das Ermittlungsverfahren abgeschlossen, ergibt sich daraus die Anklage. Welche Aspekte meinst du, die neu abgewogen werden müssten?
Aber ein StA muss für neue Ergebnisse, die sich z.B. aus der Hauptverhandlung ergeben, offen sein. Insofern sind u.a. Nachermittlungen nicht selten. In diesem Fall fanden z.B. Nachermittlungen statt, weil der Spur-Spur-Treffer einzuordnen war. Hätte man diesen jemandem zuordnen können, so hätte die Staatsanwaltschaft natürlich ganz genau prüfen müssen, ob diese Person ebenfalls als Täter in Betracht kommen kann. Ein stures Festkleben an der Anklage ist eigentlich nicht vorgesehen.
(Beispiel: Im Badewannenmordfall wurden in der Anklageschrift drei Mordmerkmale angeführt, von denen bis Ende der Hauptverhandlung sich zwei nicht erhärten lassen konnten. Ein StA muss also alle Indizien nochmal abwägen und sich ggf. von der Anklage in Teilen loslösen müssen.)
emz schrieb:Aber wolltest du hier nicht Szenarien berücksichtigt sehen, die nicht eingeräumt wurden?
Nochmal: Wenn die Anklage behauptet, dass die Tante heimtückisch erschlagen wurde, dann muss das Gericht natürlich kritisch prüfen, ob sich die Annahme der Heimtücke erhärten lässt. Wenn die Anklage ein Motiv (Habgier) für die Tat nennt, dann muss das Gericht auch kritisch prüfen, ob sich auch das wirklich erhärten lässt. Ein Gericht kann nicht einfach einfach die Anklage übernehmen (auch wenn es die Anklage zugelassen hat). In dubio pro reo bezieht sich nicht ausschließlich auf Lebenslang vs. Freispruch, sondern z.B. auch auf Mord vs. Totschlag. Wenn es Zweifel gibt, ob ein Mordmerkmal wirklich vorliegt, so muss das Gericht im Zweifel dieses Mordmerkmal ausklammern.
Ich sehe daher überhaupt nicht, wozu es überhaupt eine Einlassung auf Totschlag gebraucht hätte, um zu prüfen, ob es Mord oder Totschlag war. Diese Unterscheidung muss ein Gericht sowieso prüfen und treffen.
BT hätte die Sache allenfalls dann auf Totschlag drehen können, wenn ihm Tatsachen bekannt waren, die Polizei, StA und Gericht nicht kennen konnten. Und ob es solche verborgenen Entlastungsaspekte überhaupt gab, ist reine Spekulation. Genau deshalb hat der StA auch gesagt, dass er "aufgrund der Gesamtschau der
vorhandenen Indizien zur Täterschaft des Angeklagten gekommen ist."
@Stradivari Guter Punkt. Er hätte z.B. sagen müssen, wo das Tatwerkzeug geblieben ist. Wenn sich dann herausstellt, dass CB so ein Werkzeug nicht einfach mal in der Diele rumliegen hatte, so läge nahe, dass BT es mitgebracht hat. Dann wiederum ist eine Affekttat wieder weniger wahrscheinlich.