falstaff schrieb:Das verträgt sich halt schlecht mit den euphemistisch als "ungarisches Temperament" umschriebenen Charaktereigenschaften, oder sagen wir besser: Schwächen.
Weiß ich nicht. Bin da kein Fachmann, aber je älter ich werde und je mehr ich mit Menschen erlebe, desto vielschichtiger erlebe ich sie. So verhalten sich manche in einer verzweifelten Situation depressiv, verziehen sich, stellen sich tot. Und andere drehen hoch bis auf Anschlag. So habe ich einen Chef, der ist ein absoluter Angstbeißer. Er ist freundlich und nett, bis er eine Bedrohung oder einen Angriff wittert. Und dann flippt der voll aus, wird irrational und brüllt rum.
Bei Herrn Todt möchte ich überhaupt nicht ausschließen, dass er ein aufbrausendes Temperament haben kann. Und - die Obduktion zeigt das ja - der Angriff auf seine Tante war das Überschreiten einer bis dahin absoluten Grenze, nach der es dann kein Halten mehr gab.
falstaff schrieb:Ich traue vielen von uns auch schwere Taten zu, wenn die richtigen Faktoren zusammentreffen
Ja, nur haben wir es vermutlich besser im Griff, mit Konflikten und Aggressionen konstruktiv umzugehen (treiben Sport, ackern in der Arbeit, ziehen in eine andere Stadt usw.) oder wir wenden sie gegen uns selbst (reagieren psychosomatisch, depressiv, nehmen Drogen oder Alkohol, Essstörungen usw.), jedenfalls werden wir nicht zu Mördern.
Bein Todt kann ich mir beide Variationen vorstellen: Er hat schon länger fantasiert, wie es wäre, wenn seine Tante nicht mehr wäre. Sei es aus Habgier, sei es aus Wut. Dementsprechend erfolgte dann die Tat geplant oder zufällig, heimtückisch oder Face to Face. Da bin ich in den Tatortspuren aber nicht bewandert genug, um da eine Überzeugung zu haben.