Mordfall Charlotte Böhringer
04.06.2020 um 13:46Coconut19 schrieb:Und wenn der Hühnerdieb, der vielleicht bei einer Verurteilung eine Geldstrafe zu erwarten hat, schon letztendlich drei Instanzen plus ggf Wiederaufnahmeantrag bekommt,Wobei die dritte Instanz beim Hühnerdieb auch keine Tatsacheninstanz mehr ist, sondern Revisionsinstanz. Und wobei beim Hühnerdieb der Wiederaufmahmeantrag kein längerer oder stärkerer "Strohhalm" ist als bei einer Verurteilung wegen eines Kapitalverbrechens.
Man könnte ja überlegen, ob bei allen Straftaten, egal ob Ladendiebstahl oder Mord, die Sache beim Amtsgericht (Einzelrichter oder max. Erweitertetes Schöffengericht, also 1 Berufsrichter, 2 Schöffen) anfangen soll, dann Berufung beim Landgericht (bei Berufung gegen Urteile des Einzelrichters in der Berufungsinstanz Kleine Strafkammer mit 1 Berufsrichter, 2 Schöffen; bei Berufung gegen Urteile des Erweiterten Schöffengerichts des Amtsgerichts in der Berufungsinstanz 2 Berufsrichter, 2 Schöffen) erfolgen und zuletzt Revision beim Oberlandesgericht möglich sein soll. Den Bundesgerichtshof könnten man dann abschaffen. Oder ihn im Gegenteil als 2. Revisionsinstanz vorsehen und das Bundesverfassungsgericht dann als "Superrevisionsinstanz", wobei man die Anzahl der Senate des Bundesverfassungsgerichts ganz erheblich aufstocken müsste.
Dasselbe in Zivilsachen: Egal, ob es um 90 Cent geht oder Millionen Euro, um Schadensersatz wegen einer Schramme am Auto oder wegen eines ärztlichen Kunstfehlers, der zu bleibenden Körperschäden geführt hat, oder wegen des Dieselskandals: Für alles der gleiche Aufwand, der gleiche Instanzenzug.
Wird alles damit automatisch "gerechter", insbesondere wenn, worauf die Vorredner schon hingewiesen haben, ein Verfahren mit vielen Instanzen dann 20 Jahre und länger dauert, bis Kläger und Beklagte im Zivilverfahren und StA und Angeklagter im Strafverfahren eine rechtskräftige Entscheidung haben (wenn sie nicht inzwischen über die Sache hinweggestorben sind, heißt das)?